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Tallinn-Verschwörung

Tallinn-Verschwörung

Titel: Tallinn-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Marni
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Wagen scharf herum. Kurz darauf öffnete sich die Schlucht, und sie erreichten einen kleinen Talkessel. An der gegenüberliegenden Felswand entdeckten Hoikens und Feiling eine Grotte, in der bereits mehrere Fahrzeuge standen. Dorthin lenkte ihr Fahrer den Wagen, und das Auto mit den Italienern folgte ihnen beinahe Stoßstange an Stoßstange. Als kurz darauf ein Tarnnetz über den Grotteneingang gezogen wurde, deutete nichts mehr daraufhin, dass je ein Fahrzeug über die Felsplatte des engen Tales gefahren war, welches etwa halb so groß war wie ein Fußballfeld.
    »Ausgezeichnet! Da könnte ein Hubschrauber in niedriger Höhe darüber fliegen, und die Leute darin würden nichts entdecken«, rief Hoikens anerkennend.
    Auch Feiling war beeindruckt. Dieses Felsennest war ein Versteck, wie er es in Europa nicht erwartet hatte. Bei dem Gedanken schnaubte er erneut. Das hier war der Balkan, und der war seiner Ansicht nach vom zivilisierten Europa ebenso weit entfernt wie der Mond.

    Unter einem Felsüberhang standen ein paar Männer und blickten ihnen interessiert entgegen. Ihren Uniformen nach waren es Italiener, aber sie hatten statt des grünweißroten Abzeichens das Beil im Rutenbündel aufgenäht.
    »Buongiorno, Signori! Sie werden bereits erwartet«, begrüßte ein Mann im Rang eines Majors Hoikens und Feiling in gutem Deutsch.
    Unterdessen stiegen auch Lodovico und Gianni aus und zerrten die gefesselte Graziella aus dem Wagen. Die Augenbrauen des Offiziers wanderten einen Moment nach oben, aber er begrüßte seine beiden Landsleute überschwänglich.
    »Willkommen! Was gibt es Neues in Bella Italia? Ist die Regierung endlich klug geworden und legt ihr Veto gegen diese verdammten Türken ein?«
    Gianni schüttelte den Kopf. »Im Gegenteil! Die kriechen den Kerlen besonders tief in den Arsch. Aber das können Sie alles nachlesen. Wir haben genug Zeitungen dabei. Sogar die ganz speziellen für richtige Männer.« Er zwinkerte dem Major zu.
    Der wies jedoch auf Graziella. »Wer ist das?«
    »Eine Gefangene. Wir haben sie auf Befehl der Spitze herübergebracht.«
    Der Offizier schien verblüfft. »Dann muss sie wichtig sein. Ich lasse sie gleich in die Arresthöhle schaffen!«
    »Den Schlüssel dazu bekomme ich!« Gianni sagte es in einem Ton, der den anderen davon abhielt, weitere Fragen zu stellen. Er nickte und winkte zwei Mann heran, die Graziella übernehmen und in ihr Gefängnis bringen sollten. Gianni schloss sich ihnen mit einem erwartungsvollen Grinsen an, welches keinen Hehl daraus machte, wie nah er sich seinem Ziel fühlte.

FÜNFZEHN
    D er Zustand und vor allem das Ausmaß der Höhlen überraschte Hoikens. Hier waren genug Stollen und Kavernen in den harten Stein getrieben worden, um ein ganzes Regiment samt Ausrüstung und Waffen verbergen zu können. So groß schien die Truppe hier auch zu sein, denn es liefen etliche Soldaten herum. Die meisten waren Italiener, die an ihren hellen Tarnfarben und dem Faschistenzeichen am Ärmel zu erkennen waren. Hoikens sah aber auch Männer in anderen Uniformen und Nationalsymbolen. Viele stammten aus Ländern, in denen der Katholizismus eine starke Position innehatte, wie Polen, Spanien oder Österreich. Vor allem Letzteres ärgerte ihn. Seiner Meinung nach hätten sich die patriotischen Kräfte Österreichs der Nationalen Front in Deutschland anschließen müssen, anstatt ihre eigene Suppe zu kochen. Allerdings war er klug genug, sich seine Abneigung nicht anmerken zu lassen, sondern schritt neben dem Offizier her und verdrängte dabei Feiling von dessen Seite.
    Der Major blieb vor einem Tor stehen, das von zwei Wachen mit schwarzen Helmen und geschulterten Schnellfeuergewehren bewacht wurde.
    »Meldet dem General, dass unsere Gäste eingetroffen sind!«
    Eine der Wachen salutierte und öffnete dann das Tor. »Herr General! Hier ist Maggiore Mazzetti mit den eben erschienenen Gästen.«
    »Sollen hereinkommen!«
    Hoikens fand die Stimme kraftvoll und angenehm. Der Raum, in den er trat, war so verkleidet, dass es aussah, als gehöre er zu einem Haus. Es gab sogar vorgetäuschte Fenster, durch die man scheinbar in eine toskanische Landschaft hinausschauen
konnte. Dazu passte auch der schwere Schreibtisch mit dunklem Holz. Hinter diesem saß ein Mann in einer blendend weißen Uniform. Er trug eine Schirmmütze mit Goldlitzen und hielt einen unterarmlangen weißen Stab in der Hand, der in dem goldenen Faschistenzeichen endete, dem Beil im Rutenbündel. Sein

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