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Tallinn-Verschwörung

Tallinn-Verschwörung

Titel: Tallinn-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Marni
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sonnengebräuntes Gesicht wirkte energisch, und nur das eisgraue Haar und der sorgfältig geschorene Kinnbart, der an einigen Stellen ebenfalls ergraut war, verrieten, dass er die Mitte seines Lebens schon überschritten hatte.
    Beim Anblick der Gäste klemmte der Offizier seinen Stab mit dem Ellbogen ein und salutierte. »Gestatten, dass ich mich vorstelle? General Ghiodolfio, Oberkommandierender der Europäischen Befreiungsarmee.« Er sagte es auf Deutsch.
    Unwillkürlich erwiderte Hoikens den militärischen Gruß. Die Augen des Generals leuchteten auf. »Sie haben gedient?«
    »Jawohl, Herr General.«
    »Offizier?«
    »Ich hatte meine Bewerbung für die Offizierslaufbahn eingereicht, wurde aber von einem Mann verraten, den ich für einen Kameraden gehalten hatte. Man hat mich daraufhin verhaftet und anschließend unehrenhaft entlassen.«
    Ghiodolfio trat erfreut auf ihn zu und ergriff seine Hand. »Seien Sie mir doppelt willkommen! Wenn der große Tag gekommen ist, wird Ihr Name wieder reingewaschen, und Sie werden den verdienten Rang in unserem neuen europäischen Reich einnehmen. Vorerst verleihe ich Ihnen den Rang eines Hauptmanns in unserer Armee, und ich bin mir sicher, dass Sie bald höher aufsteigen werden. Sie sind doch der Spezialist, der uns angekündigt wurde. Oder ist es dieser Signore hier?« Der General zeigte dabei mit seinem Kommandostab auf Feiling.

    »Ich bin der Mann, den Sie erwartet haben. Dies hier ist unser Gesinnungsfreund Rudolf Feiling, einer der Anführer der freien Kameradschaften in Deutschland.« Mit diesen Worten gelang es Hoikens endgültig, Feiling bei Ghiodolfio auszustechen. Da der selbsternannte Führer nie Soldat gewesen war, galt er dem General ebenso wenig wie jene anderen zivilen Politiker, die er zu verachten gelernt hatte. Daher kümmerte er sich nicht weiter um Feiling, sondern legte Hoikens den Arm um die Schulter und wollte ihn zur Seite ziehen.
    In dem Augenblick mischte sich ein in eine Soutane gekleideter Priester ein. Hoikens hätte nicht zu sagen vermocht, ob er sich bereits in dem Raum aufgehalten hatte oder eben erst hereingekommen war. »Bevor Sie ins Detail gehen, General, sollten wir unseren deutschen Gästen erst einmal einen Überblick über die Gesamtlage geben.«
    Ghiodolfio nickte sofort. »Don Pietro, Sie haben recht! Meine Freude, den so dringend benötigten Spezialisten kennenzulernen, hat mich überwältigt. Bitte seien Sie so gut und informieren Sie die beiden Herren.«
    »Ich bin sehr daran interessiert!« Feiling witterte eine Chance, sich in Szene zu setzen, denn er glaubte, die Situation in Europa wesentlich besser zu kennen als Hoikens, der sich mehr um Sprengstoffe und Waffen gekümmert hatte als um Politik.
    Der Priester quittierte Feilings offensichtliches Interesse mit einem freundlichen Nicken und begann so laut und mit voller Betonung zu sprechen, als predige er von der Kanzel einer gut besuchten Kirche.
    »Unser Europa befindet sich, wie wir alle wissen, im Zustand der Agonie. Die wahllos zusammengewürfelten Staaten, welche die sogenannte EU bilden, blockieren sich gegenseitig, und die meisten Regierungen befolgen nicht den
Willen ihrer Völker, sondern handeln vor allem im Interesse einer anderen, nichteuropäischen Macht. Ihr wisst, wen ich damit meine?«
    Feiling hob die Hand wie ein Schüler. »Die USA!«
    Don Pietro nickte sanft lächelnd. »Genauso ist es, mein Sohn. Sie gehorchen diesem gottlosen Staat jenseits des Atlantiks, der dem Götzen Mammon verfallen ist und uns seinen Willen notfalls auch mit Gewalt aufzwingen will. Die Regierung der Vereinigten Staaten bedrängt unsere Politiker schon seit Jahren, die Türkei in die EU aufzunehmen. Damit aber gäben die europäischen Regierungen Millionen und Abermillionen Muslimen freie Hand, über unsere Länder herzufallen. Wohin das führt, haben die Unruhen in England und Frankreich und zuletzt auch in Deutschland deutlich gezeigt. Die Muslime kommen, stellen Forderungen, missachten unsere Sitten und Gebräuche, nennen uns Ungläubige, die es zu bekämpfen gilt, und spucken auf unsere heilige Kirche.«
    Der Priester legte eine kleine Pause ein, um seine Worte wirken zu lassen, und setzte dann die flammende Rede fort. »Es ist an der Zeit, dass wir uns von dieser Vormundschaft befreien und dafür sorgen, dass Europa wieder das wird, was es einmal gewesen ist: ein Hort des Glaubens und ein Bollwerk gegen jene, die uns mit allen Mitteln unterwerfen wollen. Dies ist eine Aufgabe, die

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