talon013
war. Erika Janssen arbeitete seit gut fünf Jahren für Vanderbuildt, Inc. und war als Ingenieurin für experimentelle Energie zuständig. Ihr unterstand ein kleines Team von acht Leuten, die sich alle mit der Gewinnung neuer Energiequellen beschäftigten.
Sie nickte ihrem Kollegen Terence Cully zu, der auf der andere Seite des Laborraums bereits wartete und nun die Sicherheitsschleuse aktivierte. Nur langsam öffnete sich die schwere Tür und schwang nach innen, während sich am oberen Ende des Rahmens ein kleines rotes Licht warnend drehte.
Die Frau mit den herben Gesichtszügen betrachtete sich durch das Sicherheitsglas den schwarzen Kristall und dachte an die Anweisungen zurück, die sie von Amos Vanderbuildt vor gut drei Wochen erhalten hatte. Er wollte wissen, was es mit dem Stein auf sich hatte. Seiner Aussage nach war das kristalline Objekt bei Ausgrabungen gefunden worden, und er persönlich habe, wie er es nannte, ein „ungewöhnliches Erlebnis“ mit dem Stein gehabt. Auf ihr Nachfragen hatte sie nicht mehr Informationen erhalten, als dass „unbekannte Energien“ aus dem Kristall freigesetzt worden waren.
Mit diesen Hinweisen hatte er sie alleine gelassen und Resultate verlangt. Amos Vanderbuildt war kein Mann, der um etwas bat. Selbst wenn diese wenigen Schilderungen überhaupt keinen Rückschluss auf das zuließen, womit sie es tatsächlich zu tun hatten.
Erika Janssen trat durch die erste Tür und wartete, bis sich diese geschlossen hatte. Die kleine Schleuse würde sie mit desinfizierendem UV-Licht beschießen, bis die Keime auf der Oberfläche der Kleidung auf ein Minimum reduziert waren.
Als sie die zweite Tür passiert hatte, reichte sie zuerst Cully, dann Avindi Tashmar, ihrem indischen Mitarbeiter, die Hand.
„Nun, Gentlemen“, setzte die gebürtige Holländerin in akzentfreiem Englisch an, „lassen Sie uns heute das Geheimnis des Steins lösen.“
„Sie klingen wie ein Alchemist, der das Rätsel um den Stein der Weisen lösen will“, erwiderte Cully mit einem leichten Lächeln.
„Wer weiß“, folgte ihre Antwort. Dabei löste sich ihr Blick nicht vom Kristall. Sie hatten die letzten Wochen über verschiedene Experimente mit dem Stein durchgeführt, ohne dass sich eine Reaktion hervorrufen ließ, wie sie Vanderbuildt beschrieben hatte. Weder der Beschuss mit Laser oder Photonen, noch verschiedene radioaktive Komponenten hatten etwas bewirkt. Normalerweise hätte sie die Tests abgebrochen und ihrem Boss Bericht erstattet. Doch gleichzeitig hatten sie den Stein selbst analysiert.
Und diese Ergebnisse waren es, die sie immer noch gebannt an dem Objekt festhalten ließen. Während der Stein über so gut wie keine Masse verfügte, war seine molekulare Struktur von solch einer Dichte und Komplexität, dass er selbst in seiner Größe eines menschlichen Fingers mehrere Kilo wiegen müsste.
Zusätzlich entzog er sich jeder weiteren Analyse. Seine Zusammensetzung entsprach keine Element oder keine Bausteingruppe, die sie bisher gesehen hatte.
„Haben Sie die Apparaturen aufgebaut?“, richtete sie ihre Frage an den Inder, der gerade ein Messkabel anschloss. Er nickte.
„Sind einsatzbereit.“
Erika Janssen betrachtete sich die Retorte, in der eine Schwefelverbindung leise brodelte. Das Stichwort vom „Alchemisten“ schoss ihr für einen Augenblick durch den Kopf. Sie wollten nun versuchen, dem Kristall mit chemischen Reaktionen auf die Spur zu kommen.
„Gut“, entgegnete sie ihm, nachdem sie sich aus ihren Gedanken gerissen hatte, „Dann lassen sie uns …“
Ein heller Lichtblitz löste sich aus dem Kristall und sirrte wie ein Querschläger durch den Raum.
„Tashmar!“, brüllte die Ingenieurin. „Was haben Sie gemacht?“
„Verdammt“, fluchte der kleine Inder zurück. „Überhaupt nichts! Wir hatten doch noch gar nicht begonnen!“
Die drei Wissenschaftler verfolgten den Irrflug des Lichtscheins, der das Glas durchdrang, ohne sich darin zu brechen. Ein dumpfes Brummen ließ die Menschen aufschrecken. Erika Janssen wandte den Kopf und sah, wie der Kristall in seiner Fassung zu vibrieren begann. Die Schwingungen hatten sofort die Aufbauten ergriffen und versetzten sie in hektische Bewegungen, die das Material nicht lang aushalten konnte.
Die Augen der Frau weiteten sich vor Überraschung, als sich dünne, schwarze Fäden aus dem Kristall lösten und ihn einzuhüllen schienen wie einen Kokon aus Schatten. Schnell pflanzte sich das Muster fort und stieß an die
Weitere Kostenlose Bücher