Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Taltos

Taltos

Titel: Taltos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
Vom Netzwerk:
nehmen zu lassen.«
    »Und wenn ich das nicht tue?« fragte sie, wie ich glaube, nur, um zu widersprechen.
    »Dann werde ich es holen kommen.«
    »Vielleicht«, meinte Aliera, »will ich das ja.«
    Für eine Weile hielten sie dem Blick des anderen stand, dann band Kieron den Schwertgurt samt Schwert und Scheide los und überreichte alles Aliera. Es war ein ganzes Stück größer als sie; ich fragte mich, wie sie es überhaupt tragen wollte.
    Aber sie nahm es anscheinend ohne Schwierigkeiten in die Hand. Als sie es hatte, verneigte sie sich nicht einmal mehr vor Kieron, sondern machte auf dem Absatz kehrt und ging durch die Tür hinaus, ein bißchen wacklig zwar, doch ohne zu stürzen. Wir gingen ihr nach.
    »Kommt mit«, sagte sie. »Wir gehen nach Hause. Wir alle. Halte uns auf, wer kann!«
    Zwar hörte sich das nicht gerade ermutigend an, aber es war dennoch der beste Vorschlag des gesamten Tages.

    Die Informationen, die Fuß »für den Anfang« hatte, bestanden aus vierzehn allesamt eng beschriebenen Pergamentblättern, anscheinend von einem
    professionellen Skribenten, obwohl das unwahrscheinlich war. Dort war eine Liste zu sehen, auf der Raiets Freunde 228
    verzeichnet waren, wie oft er sie besuchte, seine Lieblingsschenken und was er dort bestellte, seine Lauf-bahn innerhalb der Organisation (was dieses Dokument für sich schon unheimlich belastend machte) und dergleichen mehr. Einigermaßen ausführlich wurde über seine Geliebte berichtet und wo sie wohnt (es gibt keine Vorbehalte, jemanden in der Wohnung seiner Geliebten zu erledigen, anders als in seinem eigenen Haus). Ich hatte noch nie so viel über jemanden wissen wollen.
    Gegen Ende standen diverse Notizen, wie: »Kein
    Zauberer. Gut im Messerkampf; sehr schnell. Eher schlechter Schwertkämpfer.« Dieses Zeug sollte
    eigentlich nicht von Bedeutung sein, aber es war gut zu wissen.
    Auf der anderen Seite brachte mich das ans
    Nachdenken, ob ich solche Dinge nicht vielleicht über jede meiner Zielpersonen herausfinden sollte. Ich meine, gut, ernster, als jemanden mit einer Morgantiwaffe zu töten, wird es nicht, aber jedes Attentat ist nun einmal eine Frage von Leben oder Tod.
    Zusätzlich zu den Pergamenten gab Fuß mir noch
    einen großen Geldbeutel, der mehr Fünfzig-Imperial-Münzen enthielt, als ich in meinem Leben je gesehen hatte.
    Und er gab mir eine Kiste. Sowie ich sie berührt hatte, spürte ich zum ersten Mal, wenn auch nur fern, dieses eigentümliche hohle Brummen in meinen Gedanken
    widerhallen. Ein Schauer durchfuhr mich, und mir wurde klar, worauf ich mich da eigentlich eingelassen hatte.
    Da war es natürlich bereits zu spät für einen
    Rückzieher.

    229
    Stampf stampf stampf. Hört uns marschieren, für immer nach vorne, nach vorne, ins Schicksal, das Ungewisse, die unbekannten Grauen des Todes, erhobene Häupter, die Waffen bereit…
    Was für ein Blödsinn.
    Wir brachten den Weg durch die Korridore der Hallen des Jüngsten Gerichts so gut wir konnten, also nicht sehr, hinter uns. Was einmal ein einfacher, gerader Korridor gewesen war, hatte sich irgendwie in einen verwinkelten Irrgarten kleiner Durchgänge verwandelt, die alle gleich aussahen. Zwei oder drei Stunden müssen wir diese Hallen durchschritten haben, und keiner wollte zugeben, daß wir uns immer gründlicher verirrten. Wir haben versucht, die Wände mit unseren Schwertspitzen zu kennzeichnen, immer nur links abzubiegen, aber nichts davon hat geholfen. Und das wirklich Komische war, daß die Durchgänge eigentlich nirgendwo hinführten, außer zu weiteren Durchgängen. Will sagen, es gab keine Räume, Treppen, Türen oder sonst etwas.
    Die Purpurroben, die wir baten, uns nach draußen zu führen, glotzten uns nur leer an. Aliera hatte sich Kierons Riesenschwert auf den Rücken geladen und weigerte sich grimmig, dessen Gewicht zur Kenntnis zu nehmen.
    Morrolan weigerte sich ebenso grimmig, irgendwas zur Kenntnis zu nehmen. Weder Loiosh noch mir war nach reden zumute. Die anderen hatten auch keine guten Vorschläge. Ich wurde müde.
    Wir blieben stehen und ruhten an eine Mauer gelehnt aus. Aliera wollte sich auf den Boden setzen und mußte feststellen, daß ein Riesenschwert auf dem Rücken sie daran hinderte. Sie machte ein angewidertes Gesicht. Ich glaube, sie war den Tränen nahe. Ich ehrlich gesagt auch.
    Eine Zeitlang unterhielten, oder besser: beklagten wir uns leise. Dann meinte Morrolan: »Also gut. So wird das 230
    nichts. Wir werden die Götter aufsuchen und sie

Weitere Kostenlose Bücher