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Taltos

Taltos

Titel: Taltos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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frei.«
    »Welchen?« fragte er.
    Ich schüttelte den Kopf, also zog er achselzuckend den linken Ärmel hoch.
    »Messer«, sagte ich.
    Morrolan und Aliera sahen sich unschlüssig an, dann legte mir Morrolan ein Messer in die Hand. Ich winkte ihn näher an mich heran, was er mit einigem Zögern befolgte.
    Ich zwang meine Hand, nicht zu zittern, als ich ihm in den Bizeps schnitt. Dann gab ich Aliera die Phiole und sagte: »Aufmachen.« Ich brachte es nicht fertig, ihr dabei zuzusehen, aber ich verfluchte mich, weil ich es ihr nicht gesagt hatte, bevor ich Morrolans Arm aufschnitt.
    Ich weiß nicht, wie sie es geschafft hat, ohne mich dabei fallen zu lassen, aber nach einer Weile sagte sie:
    »Fertig.«
    Ich griff Morrolans Arm und hielt die Öffnung der Phiole gegen die Wunde. Dann sagte ich ihm: »Du bist 256
    ein Hexer. Laß dir die Flüssigkeit in den Arm laufen.«
    Er sah mich erstaunt an und biß sich auf die Lippen.
    Da wurde mir schlagartig klar, daß er sich fragte, ob er mir trauen konnte. Wenn ich die Kraft gehabt hätte, wäre ich in Gelächter ausgebrochen. Er fragte sich, ob er mir trauen konnte? Aber es sah so aus, als entschied er sich dafür, und außerdem wollte er wohl glauben, ich wüßte, was ich tat. Sehr dumm von ihm, dachte ich bei mir.
    Meine Augen schlossen sich. Aliera schüttelte mich, und ich machte sie wieder auf. Als ich hinschaute, war das Fläschchen leer, und Morrolan hielt es mit leiser Neugier in der Hand. Hoffentlich hatte Kiera es nicht für etwas Wichtiges gebraucht.
    »Gehen wir nach Hause«, sagte ich.
    »Vlad«, meinte Morrolan, »was genau war das?«
    »Hause«, konnte ich noch nuscheln. Einen Augenblick war alles still, vielleicht haben sie sich fragend angesehen. Dann machten wir uns auf in die Wälder, ich gestützt zwischen den beiden.

    Ich kann mich nicht an einen Entschluß erinnern, mich selbständig zu machen. Ich befand mich in einer gewissen Lage, und ich bin so gut ich konnte
    herausgekommen.
    Die Lage?
    Nun, als der Krieg zwischen Welok und Rolaan
    schließlich beendet war, wurde gewaltig ausgesiebt.
    Nielar, mein erster Boß, trennte sich von dem größten Teil seiner Geschäfte, weil er um ihren Erhalt hätte kämpfen müssen, wozu er sich nicht in der Lage sah. Das respektiere ich. Kühnheit ist ja gut und schön, aber wenn man tot ist, kann man nichts verdienen, und man braucht 257
    schon eine gewisse Intelligenz, um zu erkennen, wann man sich am besten zurückzieht.
    In den Monaten nach Nielar hatte ich mehrere
    Auftraggeber, aber als alles sich beruhigt hatte, arbeitete ich für einen Kerl namens Tagischatten oder Takistadt oder so ähnlich; ich habe den Namen nie richtig aussprechen können.
    Jedenfalls konnte ich ihn nie leiden, und er mich auch nicht. Der Großteil meines Verdienstes bestand aus direkten Anteilen, wenn ich etwas eingetrieben hatte oder so, und das war damals ziemlich selten der Fall. Ich habe ein paar Auftragsmorde für Leute gemacht, bei denen sich mein Ruf herumgesprochen hatte, und davon konnte ich ganz angenehm leben, aber solche Arbeit bringt auch eine Menge Druck mit sich, ich verdiene lieber an weniger risikoreichen Sachen.
    Ich hätte auch gehen und mir einen anderen
    Auftraggeber suchen können, aber damals war ich erst ein paar Jahre dabeigewesen und kannte noch nicht viele.
    Also war der beste Ausweg aus der Lage der Mord an Tagichattin.

    Weitergehen. Wach, bleiben.
    Der Boden schien leicht zu glimmen, vielleicht war es auch die Luft um uns, keine Ahnung. Es war fast hell genug. Wie lange wir durch den Wald gelaufen sind?
    Wer kann das sagen? In der Zwischenzeit war mein Zeitgefühl gänzlich durcheinander.
    Wach bleiben. Weitergehen.
    Von Zeit zu Zeit blieben wir stehen, und Morrolan beriet sich flüsternd mit Aliera, wo es weiterging. Ich glaube, sie hatten Angst, daß wir uns im Kreis drehten. In 258
    solchen Momenten hat Loiosh dann gemeint: »Sag ihnen da lang, Boß«, und ich wies in die angegebene Richtung.
    Ich nehme an, mittlerweile vertrauten sie mir. Allein die Götter wissen, warum.
    Einmal meinte Morrolan: »Ich habe ein komisches Gefühl.«
    »Was denn?« fragte Aliera.
    »Ich bin nicht sicher. Irgendwie komisch.«
    »Vlad, was hast du ihm gegeben?«
    Ich schüttelte den Kopf. Sprechen war einfach noch zu anstrengend. Außerdem, was hatte ich ihm gegeben? Ach so, ja. Das Blut einer Göttin, laut Kiera. Warum hatte ich das getan? Weil ich Morrolan ansonsten dem Tod
    überlassen hätte.
    Na und? Was hatte er je für

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