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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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bearbeitet hatte, lagen noch auf einem Brett in der Nähe, gleich neben dem Steinhammer, den er verwendet hatte, um ihn in brauchbare Stücke zu zerschlagen. Mit diesem Vorrat würde das Haus bis in den Frühling auskommen.
    Der Geruch der eingeweichten Kräuter brachte Erinnerungen an Lhel zurück, diesmal an ihre gemeinsame Reise nach Ero. Damals hatte sie jede Pause, jede Rast genützt, um in der Erde oder zwischen dem Herbstlaub nach verwertbaren Dingen zu suchen. Wieder schoss ihm Hitze ins Gesicht, als er daran zurückdachte, wie gering er sie damals geschätzt hatte. Er hatte keine Ahnung von der Macht gehabt, die sie besaß.
    Dann beschlichen ihn neuere Erinnerungen von nach Moschus duftender, tätowierter Haut und geflüsterten Versprechen, die das Herz des Zauberers einen Schwin del erregenden Schlag aussetzen ließen.
    Hatte sie seine geheime Hoffnung gekannt? Hatte sie ihm absichtlich einen flüchtigen Blick auf dieses besondere Kunststück gewehrt, um ihn damit zu verlocken? Während der langen Reise nach Ero hatte er sie viele Male dabei ertappt, dass sie seinen Geist berühren wollte; wie oft mochte sie sich unbemerkt darin eingeschlichen haben?
    Er glitt vom Schemel und kehrte zum Fenster zurück. Spätnachmittägliche Schatten streckten sich wie blaue Katzen unter dem Haus, und ein Dreiviertelmond ging bereits auf. Tharin und die Jungen waren verschwunden. Ihre Festung stand wie ein winziger Vorposten da, umgeben von einem Gewirr von Fußabdrücken. Etwas unterhalb davon verlief eine einzelne Spur über den glatten, weißen Hang des Hügels hinab zur Flussbiegung.
    Im Wald zeichneten sich die kahlen Stämme und Äste schwarz wie die Haare auf dem Arm eines Müllers gegen die frische Schneedecke ab. Bald würden die richtigen Stürme einsetzen und die Straßen und Pfade bis zum Frühling verstopfen. In der Feste waren reichlich Vorräte und Brennstoff eingelagert, aber wie konnte eine barfüßige, kleine Frau überleben, auch wenn sie eine Hexe war? Wie hatte sie überhaupt so lange hier überlebt?
    Und wo befand sie sich im Augenblick?
    Er streckte die Arme über den Kopf und versuchte, dem neuerlichen Anflug schuldbehafteter Sehnsucht, die ihn bei dem Gedanken durchzuckte, keine Beachtung zu schenken.
    Stattdessen beugte er sich weit aus dem Fenster und ließ die kalte Luft die plötzliche Hitze lindern, die ihm in die Wangen geschossen war.
    Von hier aus hörte er das Klappern von Kochtöpfen aus der Küche dringen und das gedämpfte Klopfen von Hufen auf der Straße hinter der Feste. Arkoniel schirmte mit einer Hand die Augen ab und entsandte einen Sichtungszauber den Gebirgspfad hinauf.
    Mittlerweile beherrschte er diesen Bann fast genauso gut wie Iya und konnte für kurze Zeit über eine Entfernung von mehreren Meilen sehen.
    Aus der Höhe eines Falken erblickte er Tobin und Ki, die mit hinter ihnen herwehenden Mänteln nach Hause galoppierten. Sie befanden sich noch ein gutes Stück entfernt und ritten angestrengt, um rechtzeitig vor Sonnenuntergang einzutreffen. Vor ein paar Wochen waren sie einmal zu spät gekommen und hatten danach wie eingesperrte Bären Trübsal geblasen, als Nari sie zur Strafe zwei Tage innerhalb der Mauern behielt.
    Arkoniel lächelte bei sich, während er sie beobachtete. Wie immer redete Ki, und Tobin lachte. Plötzlich jedoch zügelten beide ihre Pferde so jäh, dass sich die Tiere aufbäumten, über den Boden schlitterten und weiße Schneewolken aufwirbelten. Eine dritte Gestalt geriet ins Sichtfeld des Zauberers, und er stieß ein Keuchen der Überraschung aus.
    Es war Lhel.
    Sie hatte sich in eine lange Pelzrobe gehüllt, und das Haar hing ihr offen über die Schultern. Beide Jungen stiegen ab, gingen zu ihr und reichten ihr zur Begrüßung die Hände. Arkoniel besaß nicht die Macht, über eine solche Entfernung ihre Worte zu hören, ihre Gesichter jedoch sah er klar und deutlich. Dies war keine Begegnung von Fremden.
    Die Hexe lächelte innig, als sie Kis Hände ergriff. Tobin sagte etwas zu ihr, und sie streckte den Arm aus, um seine vor Kälte gerötete Wange zu berühren.
    Arkoniel schauderte, als er daran zurückdachte, wie dieselben Finger geschnitten, genäht und Seelen miteinander verwoben hatten.
    Sie unterhielten sich eine Weile, dann stiegen die Jungen wieder auf und setzten den Heimweg fort. Arkoniel hielt den Sichtungszauber auf die Hexe gerichtet, doch er spürte bereits, dass die Kraft des Bannes schwand. Er presste die Finger gegen die Lider und

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