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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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eine derartige Landschaft erwartete. Kopfschüttelnd entließ sie Arkoniel und zog sich in seine Werkstatt zurück, um seiner derzeitigen Leidenschaft zu frönen. Bald darauf vernahm er von draußen Gelächter. Er ging zum Fenster und erblickte Tharin, der mit den Jungen auf der Weide eine Festung aus Schnee baute. Der Hang rings um sie sah aus wie eine funkelnde, weiße Fläche voll feinem Salz, unberührt, außer dort, wo sie den Schnee durch ihr Treiben aufgewühlt hatten. Wo sie gegangen waren und sich Schneebrocken gerollt hatten, zeichneten sich die Schatten blau ab. Die Straße und die Brücke waren unter dem Schnee verschwunden. Nur der Fluss war geblieben und verlief wie eine dicke, schwarze Schlange zwischen den angeschwollenen, weißen Ufern.
    Weiteres Gelächter drang zu ihm, gefolgt von einem Schimpfen seitens Tharin. Anscheinend hatte Ki Tobin beigebracht, was Schneebälle waren und wofür man sie verwendete. Die Arbeit an der Schneefestung kam zum Erliegen, während eine wüste Schlacht tobte. Arkoniel verspürte die Versuchung, hinunterzugehen und sich ihnen anzuschließen, letztlich jedoch behielten die Wärme und Stille seines Arbeitszimmers die Oberhand.
    Der erste Schritt zum Erschaffen von Magie, so hatte Iya ihn gelehrt, bestand darin, sich das gewünschte Ergebnis vorzustellen. Auch das Weben eines bekannten Banns begann auf diese Weise; wollte man ein Feuer machen, malte man sich eine Flamme aus, dann ließ man der Form die gebündelte Absicht folgen.
    Beim Erschaffen eines neuen Zaubers ging es lediglich darum, die Schritte dazwischen herauszufinden, um die Absicht Wirklichkeit werden zu lassen.
    Anfangs, während der Gewöhnung an seine neue Rolle und sein neues Zuhause und angesichts der Aufregung, die damit einherging, seine Räumlichkeiten zu beziehen, hatte er mit Alchemie und anderen bekannten Wissenschaften herumgespielt und die Fähigkeiten vervollkommnet, die er bereits besaß. Mittlerweile jedoch hatte sich ein geregelter Alltag eingestellt und der Winter eingesetzt, und er ertappte sich dabei, über seine Begegnung mit Lhel nachzudenken.
    Die erschreckende Macht ihrer Geschlechtlichkeit fand immer öfter den Weg in seine Träume; er konnte ihre Wärme an seinem Körper spüren und ihren moschusartigen, wilden Duft riechen.
    Jedes Mal erwachte er mit panisch pochendem Herzen und schweißgebadet. Bei Tageslicht gelang es ihm, all das dem Wüten seines jungen, unbändigen Körpers zuzuschreiben. Der Gedanke, sie so zu berühren, wie er es in seinen Träumen tat, verursachte ihm vor Furcht regelrecht Übelkeit.
    Was ihn an diesem Tag zurück zu jenen Erinnerungen führte, war allerdings nicht die Sinnlichkeit ihrer Begegnung, sondern was er vermeinte, sie an jenem Tag im Wald vollbringen gesehen zu haben, und ein Traum.
    Die Darstellung eines Ebenbilds seiner selbst war bekannte Magie; nicht einfach zu meistern, aber auch keineswegs ungewöhnlich. Iya beherrschte es, und Arkoniel selbst hatte dabei schon kleinere Erfolge erzielt, doch mit Orëska-Magie beschränkte sich das geschaffene Bild ausschließlich auf die Gestalt des Zauberers und war in der Regel sehr klar und unnatürlich wie ein Gespenst bei Tageslicht. An jenem Tag aber harte er Lhel an der Straße wie durch ein ovales Fenster gesehen; das Licht, das auf sie geschienen hatte, war Tageslicht gewesen, und er konnte rings um sie den Sumpf sehen, bevor er überhaupt erfahren hatte, dass es in der Nähe einen gab. Sein Verstand hätte solche Einzelheiten demnach nicht beizusteuern vermocht; Lhel hatte ihm gezeigt, wo sie sich befand, und zwar so deutlich, als hätte sie ihn durch ein Loch in der Luft dorthin geführt.
    Ein Loch in der Luft.
    Das Bild war ihm beim Erwachen an diesem Morgen gekommen. Bisher hatte er auf Verschwindezauber gebaut und versucht, sie zu einer Mischung aus Gestalt und Bewegung anzupassen. Nichts hatte auch nur annähernd geklappt.
    An diesem Morgen jedoch hatte er einen Einfall, eine Eingebung im Gefolge eines Traums. Darin hatte er Lhel erneut in jenem grünstichigen Licht schweben gesehen, das nicht zum Sonnenlicht passte, in dem sie stand. Sie war nackt und gab ihm Zeichen, als wollte sie, dass er durch das schillernde Rund trat und sich zu ihr gesellte, ohne den Hügel erklimmen zu müssen. In diesem Traum hatte er eine Art Loch wahrgenommen, einen Tunnel, der sie über eine Röhre aus waberndem, grünen Licht miteinander verband. Im Schlaf hatte er gespürt, dass er drauf und dran war, das

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