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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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der Frauen des Haushalts? Erius war trotz der vorgerückten Stunde eindeutig auf diesen Besuch vorbereitet gewesen.
    Der ergrauende Bart und das gewellte, schwarze Haar des Königs waren tadellos frisiert. Seine Samtgewänder wirkten so frisch, als wäre er gerade unterwegs zum Audienzsaal gewesen. An seiner Hüfte hing das Schwert Ghërilains, das Zeichen skalanischer Herrschaft.
    »Mein König«, setzte Arkoniel an und verneigte sich abermals. »Eure verehrte Schwester ist noch mitten in den Wehen der Niederkunft. Herzog Rhius lässt sich respektvoll entschuldigen und hat mich gebeten, Euch Gesellschaft zu leisten, bis er sich Euch selbst widmen kann.«
    Überrascht zog Erius eine Augenbraue hoch. »Arkoniel? Was tust du hier? Soweit ich weiß, bieten weder du noch deine Meisterin Hebammendienste an.«
    »Nein, mein König. Ich war heute hier zu Gast und habe mich nützlich gemacht.« Plötzlich wurde Arkoniel unangenehm bewusst, dass der stete Blick des anderen Zauberers auf ihm ruhte. Niryns hellbraune Augen standen ein wenig vor, wodurch er dauerhaft überrascht aussah, was der jüngere Zauberer als beunruhigend empfand. Sorgfältig verschleierte er seinen Geist und betete, er würde stark genug sein, um Niryn von seinen Gedanken fernzuhalten, ohne dass der Hofmagier Verdacht schöpfte.
    »Ich fürchte, die Niederkunft Eurer verehrten Schwester gestaltet sich schwierig, aber sie wird schon bald entbinden«, fuhr er fort und wünschte sogleich, er hätte geschwiegen. Der König war bei den Geburten aller seiner eigenen Kinder dabei gewesen. Sollte Erius beschließen, nach oben zu gehen, gab es nichts, was Arkoniel dagegen tun könnte, außer auf Magie zurückzugreifen. Und durch Niryns Anwesenheit war ihm selbst diese gewagte Möglichkeit verschlossen.
    Vielleicht hatte Illior sein Gebet doch erhört, denn Erius zuckte nur verbindlich mit den Schultern und setzte sich zu einem Spieltisch am Kamin. »Wie gut verstehst du, mit den Steinen umzugehen?«, fragte er und bedeutete Arkoniel, auf dem anderen Stuhl Platz zu nehmen. »Diese Niederkünfte dauern in der Regel länger, als man erwartet, besonders bei Erstgeburten. Wir können uns die Zeit genauso gut auf angenehme Weise vertreiben.«
    In der Hoffnung, dass seine Erleichterung nicht allzu offenkundig war, schickte Arkoniel Mynir los, um Wein und Leckereien zu holen, dann setzte er sich hin, um zu verlieren, so gut es ging.
    Niryn nahm neben ihm Platz und gab vor, das Spiel zu beobachten, doch Arkoniel spürte immer noch die Last seines musternden Blickes. Schweiß bildete sich unter seinen Armen und rann ihm den Rücken hinab. Was wollte der Mann? Ahnte er etwas?
    Arkoniel ließ um ein Haar die Spielsteine fallen, als Niryn unvermittelt fragte: »Träumst du oft, junger Mann?«
    »Nein, Herr«, erwiderte Arkoniel. »Oder falls ich es tue, erinnere ich mich nicht daran, wenn ich aufwache.«
    Das stimmte tatsächlich: Er träumte selten im herkömmlichen Sinn, und Weissagungsträume hatten sich bislang als zu hoch für ihn erwiesen. Er wartete auf eine Folgefrage seitens Niryns, doch der Hofzauberer lehnte sich nur zurück, zwirbelte die Spitzen seines gegabelten Bartes und wirkte gelangweilt.
    Arkoniel steckte mitten in der dritten Partie Gänsekaro, als Nari die Treppe herunterkam.
    »Herzog Rhius lässt Euch grüßen, Majestät«, sagte sie und knickste tief. »Er erkundigt sich, ob Ihr möchtet, dass Euch Euer neuer Neffe heruntergebracht wird, damit Ihr ihn Euch ansehen könnt.«
    »Unsinn!«, rief Erius aus und legte die Spielsteine beiseite. »Sag deinem Meister, dass sein Bruder gerne zu ihm hinaufkommt.«
    Wieder beschlich Arkoniel das unbehagliche Gefühl, dass der König damit mehr meinte, als er sagte.
    Das Empfinden verstärkte sich, als Niryn und der Priester ihn nach oben begleiteten. Nari nahm Arkoniels Blick wahr, als sie ihnen folgten, und nickte ihm kaum merklich zu; Iya und Lhel mussten sich demnach bereits in sicherer Entfernung befinden. Als sie Arianis Zimmer betraten, spürte Arkoniel keinerlei Rückstände von Magie, weder Orëska noch sonstige.
    Herzog Rhius stand am fernen Ende des Bettes und hielt die Hand seiner Gemahlin. Die Prinzessin schlief noch gesegnet, zweifellos dank kräftiger Beruhigungstränke. Mit glatt zurückgekämmtem Haar und einem geröteten Fleck hoch auf jeder Wange sah sie aus wie eine der von ihr hergestellten Puppen.
    Rhius hob das dick eingewickelte Kind vom Bett und brachte es zum König. Er hatte sich

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