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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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alle, als besäßen sie selbst bereits riesige Ländereien und redeten über Pferde, Ernten und Schlachten. Auch Wein tranken sie wie Männer. Prinz Korin hatte seinen Becher stets in der Hand, und an seiner Schulter stand allzeit ein Diener bereit. Meister Porion hatte am fernen Ende des Tisches Platz genommen und schien den Prinzen zu beobachten, ohne ihn allzu oft unmittelbar anzusehen.
    Der Rest der Gesellschaft bestand aus den Kindern des Adels Skalas und fremdländischer Würdenträger. Die jungen Männer und Knaben trugen kunstvolle Röcke, juwelenbesetzte Dolche und Ringe. Das runde Dutzend Mädchen am Tisch steckte in mit breiten Stickereistreifen verzierten Kleidern. In ihre Haare waren unter durchscheinenden Schleiern Bänder oder Edelsteine eingeflochten. Tobin verlor den Überblick über all die Namen und Titel. Als ihm jedoch ein dunkelhaariger Junge als Aurënfaie aus Gedre vorgestellt wurde, beugte er sich aufmerksam vor. Zuvor hatte Tobin ihn übersehen, da er wie der Rest gekleidet war und keinen Sen’gai trug.
    »Gedre? Du bist ein Aurënfaie?«
    »Ja. Ich bin Arengil í Maren Ortheil Solun Gedre, Sohn des Gedre Khirnari. Willkommen, Prinz Tobin i Rhius.«
    Eines der älteren Mädchen lehnte sich neben Tobin und schlang einen Arm um die Rückenlehne seines Stuhls. Sie hatte dichtes, rötlich braunes Haar. Ein Gemisch aus Sommersprossen und Pickeln überzog ihr spitzes Kinn. Tobin versuchte krampfhaft, sich an ihren Namen zu erinnern. Aliya soundso, eine Herzogstochter. Ihr grünes Kleid war mit Perlen bestickt, und darunter zeichneten sich die ersten Ansätze weiblicher Rundungen ab. »Die Aurënfaie lieben ihre langen, ausgefallenen Namen«, meinte sie grinsend.
    »Ich wette um einen Sester, dass du nicht errätst, wie alt Ari ist.«
    Alle stöhnten, einschließlich Korin. »Aliya, lass ihn zufrieden!«
    Sie sah ihn mit einem Schmollmund an. »Ach, lass ihn doch raten. Wahrscheinlich hat er noch nie einen Aurënfaie gesehen.«
    Der Aurënfaie-Junge seufzte und stützte das Kinn in eine Hand. »Nur zu«, lud er Tobin ein.
    Tobin hatte sehr wohl bereits ein paar Aurënfaie gesehen, und von seinem Vater und Arkoniel hatte er einiges über dieses Volk erfahren. Der Junge schien etwa in Kis Alter zu sein. »Neunundzwanzig?«, riet er.
    Aris Augenbrauen schnellten empor. »Fünfundzwanzig, aber das ist näher dran als bei den meisten.«
    Alle lachten, und Aliya knallte eine Münze vor Tobins Holzteller, bevor sie davonstolzierte.
    »Nimm es ihr nicht übel«, kicherte Korin, mittlerweile ziemlich betrunken. »Seit ihr Bruder nach Mycena gereist ist, hat sie ständig unterschwellig schlechte Laune.« Seufzend schwenkte er eine Hand über die Gesellschaft. »So wie wir alle. Außer mir und jenen, die das Pech haben, meine Gefährten zu sein, sind alle gegangen. Gäbe es einen zweiten Thronerben, der meinen Platz einnehmen könnte, befänden wir uns nun alle auf dem Feld. Hätten meine Brüder und Schwestern überlebt, wäre alles anders.« Er trank einen ausgiebigen Schluck aus seinem Becher, dann sah er Tobin über den Rand hinweg mit düsterer, unglücklicher Miene an. »Wenn meine Schwestern überlebt hätten, könnte Skala wieder eine Königin haben, wie es sich die Mondpriester wünschen, aber so haben sie nur mich. Deshalb muss ich in Seide gepackt hierbleiben und werde in Sicherheit verwahrt, um irgendwann zu herrschen.« Korin sackte auf den Stuhl zurück und starrte trübsinnig in seinen Becher. »Ein Ersatzthronerbe, das fehlt uns. Ein Ersatzthronerbe …«
    »Das kennen wir doch schon alles, Korin«, schalt ihn Caliel und stupste den Prinzen. »Vielleicht sollten wir ihm stattdessen lieber von den Palastgeistern erzählen.«
    »Geister?« Darob hellten sich Korins Züge auf. »Bei den Vieren, davon haben wir eimerweise! Die Hälfte davon sind die einstigen Gemahle von Großmutter Agnalain, die sie vergiftet hat oder enthaupten ließ. Ist es nicht so, Knappen?«
    Die Knappen taten im Chor ihre Zustimmung kund, und Tobin sah, dass sich Kis Augen ein wenig weiteten.
    »Und die alte, verrückte Königin selbst«, ergänzte Zusthra und kratzte sich wissend am lichten, kupferfarbenen Bart. »Sie wandert nachts in ihrer Rüstung durch die Gänge. Man kann hören, wie sie ihr verwundetes Bein hinter sich herschleift, wenn sie auf- und abläuft und nach Verrätern sucht. Sie ist bekannt dafür, erwachsene Männer zu packen und sie in die Folterkammern unter dem Palast zu zerren, wo sie von ihr zum

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