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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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gemacht?«
    »Hier sind sie.« Koni griff hinter das Fass, auf dem er saß, und holte einen Köcher mit einem halben Dutzend neuer, mit Wildgansfedern versehener Schäfte hervor. »Ich hoffe, sie bringen dir Glück, Tobin«, sagte er, als er sie dem Jungen überreichte.
    Tobin zog einen Pfeil heraus und sah, dass er als Spitze einen kleinen, runden Stein besaß. Grinsend schaute er zu Tharin auf; dies waren Jagdpfeile.
    »Köchin wünscht sich sehnlichst, Kaninchen oder Waldhuhn zu kochen«, verriet Tharin. »Willst du mir helfen, ein Abendessen für uns aufzuspüren? Gut. Laris, geh und frag den Herzog, ob er sich einer Jagdgesellschaft anschließen möchte. Manies, sattle Gosi.«
    Laris eilte los, kehrte jedoch kurze Zeit später kopfschüttelnd zurück.
    Tobin verbarg seine Enttäuschung, so gut er konnte, während er mit Tharin und Koni den schlammigen Gebirgspfad hinaufritt. Die Bäume waren noch kahl, aber ein paar grüne Triebe drängten sich bereits durch das Laub des Vorjahrs. Die ersten Anzeichen des wahren Frühlings lagen in der Luft, und der Wald roch nach verrottendem Holz und nasser Erde. Als sie einen in Tharins Augen viel versprechenden Abschnitt des Waldes erreichten, stiegen sie ab und brachen einen schmalen, gewundenen Pfad entlang auf.
    Es war das erste Mal, dass Tobin so weit in den Wald vordrang. Die Straße geriet schnell hinter ihnen außer Sicht, die Bäume wuchsen dichter, das Gelände wurde rauer. Da nur ihre vorsichtigen Schritte die Stille durchbrachen, hörte er das gespenstische Schaben von Bäumen, deren Äste aneinander rieben, und das Trappeln kleiner Tiere im Unterholz. Als am besten empfand er, dass der Dämon ihm nicht gefolgt war. Er fühlte sich frei.
    Tharin und Koni zeigten ihm, wie man die neugierigen Waldhühner hervorlockte, indem man ihren lustigen Ruf – Puk-puk-puk – nachahmte. Tobin schürzte die Lippen, wie sie es taten, doch über die seinen drang nur ein leiser Gluckslaut.
    Auf Tharins Ruf antworteten ein paar Vögel, indem sie die Köpfe aus dem Unterholz hervorstreckten oder auf Erhöhungen hopsten, um nachzusehen, was vor sich ging. Die Männer ließen Tobin auf alle schießen, und letztlich traf er eines der Waldhühner, das durch die Wucht des Pfeils von einem umgestürzten Baumstamm kippte.
    »Gut gemacht!«, rief Tharin aus und klopfte ihm stolz auf die Schulter. »Lauf los und hol deine Beute.«
    Mit dem Bogen in der Hand eilte Tobin zu dem Baumstamm und spähte darüber. Das Waldhuhn war auf der Brust gelandet, aber noch nicht tot. Der gestreifte Kopf war zu einer Seite verdreht und starrte mit einem schwarzen Auge zu ihm empor. Das Schwanzgefieder flatterte matt, als sich Tobin darüber beugte, aber der Vogel konnte sich nicht bewegen. An der Schnabelspitze prangte ein greller Blutstropfen hervor, so rot wie …
    Da vernahm Tobin ein seltsames Summen wie von Bienen, doch für sie war es noch zu früh im Jahr. Das Nächste, was er wusste, war, dass er auf dem feuchten Boden lag und in Tharins besorgtes Antlitz aufschaute, als der Mann seine Handgelenke und seine Brust rieb.
    »Tobin? Was ist mit dir, Junge?«
    Verwirrt setzte sich Tobin auf und sah sich um. Sein Bogen lag auf der nassen Erde, doch daran schien sich niemand zu stören. Koni saß auf dem umgestürzten Baum neben ihm und hielt das tote Waldhuhn an den Füßen hoch.
    »Du hast es erlegt, Prinz Tobin. Du hast den alten Meister Waldhuhn sauber von seinem Baumstamm geschossen. Warum bist du ohnmächtig geworden, hm? Bist du krank?«
    Tobin schüttelte den Kopf. Er wusste nicht, was geschehen war. Der Junge griff nach dem Vogel, breitete dessen Schwanz aus und bewunderte den Fächer gestreifter Federn.
    »Es war ein guter Schuss, aber ich denke, das genügt für heute«, meinte Tharin.
    Abermals schüttelte Tobin den Kopf, diesmal heftiger, dann sprang er auf, um zu zeigen, wie gut es ihm ging.
    Tharin zögerte einen Lidschlag lang, ehe er lachte. »Na schön, wenn du es sagst!«
    Vor Einbruch der Dunkelheit erlegte Tobin ein weiteres Waldhuhn, und als sie die Straße entlang aufbrachen, hatten alle den kleinen Ohnmachtsanfall beinah vergessen, sogar Tobin selbst.
     
    Im Verlauf der nächsten Wochen wurden die Tage länger, und sie verbrachten mehr Zeit im Wald. Der Frühling hielt in den Bergen Einzug, kleidete die Bäume in frisches Grün und zog zarte Triebe und bunte Pilze aus dem braunen Lehmboden. Damgeiße wagten sich auf die Waldlichtung vor und brachten ihren gescheckten Kitzen bei,

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