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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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angenehmer Abend. Die letzten Strahlen der Sonne erhellten den Himmel hinter den Gipfeln und warfen lange Schatten über die Feste und die Weide. In der Luft hetzten Schwalben ihrem Abendessen hinterher. Am Fluss stimmten Frösche ihre Kehlköpfe.
    Eine Weile standen sie schweigend da und beobachteten das sanft fließende Wasser, dann wandte sich Rhius Arkoniel zu. »Nun? Ich habe euch eine Gemahlin und ein Kind gegeben. Was will deine Meisterin jetzt von mir?«
    »Nichts, Herr, nur die Sicherheit und das Wohlbefinden Eures verbliebenen Kindes.«
    Rhius stieß spöttisches Gelächter aus. »Ich verstehe.«
    »Ich glaube, das tut Ihr nicht. Wenn Tobin werden soll, was wir hoffen, muss er die Welt verstehen, die er erben wird. Ihr habt richtig damit gehandelt, ihn hier zu beschützen, aber mittlerweile ist er älter. Er muss lernen, wie man sich kleidet und benimmt, muss in die höfischen Künste eingeführt werden. Er braucht Lehrer. Außerdem braucht er gleichaltrige Freunde, andere Kinder …«
    »Nein! Du hast den Dämon gesehen, der ihn dank der Stümperei eurer dreckigen Hexe in jener Nacht seither heimsucht. Mütter von hier bis Ero jagen ihren Bälgern Angst mit Geschichten über das ›verwunschene Kind in der Feste‹ ein. Wusstest du das nicht? Oh, aber wie solltest du auch, zumal sich weder du noch deine Meisterin bisher dazu herabgelassen haben, zu uns zurückzukehren. Soll ich Tobin und seinen Dämon an den Hof schicken und sie dem König vorstellen? Wie lange würde es wohl dauern, bis eines von Erius’ Geschöpfen mit ihren scharfen Augen und todbringenden Zaubern den Schleier durchschauen?«
    »Aber das ist nicht möglich. Deshalb haben wir die Hexe hergebracht …«
    »Ich werde dieses Wagnis nicht eingehen! Erius mag immer noch einen Trauerring für seine Schwester tragen, aber wie gefühlsselig wird er sich zeigen, wenn er erfährt, dass ihr überlebendes Kind ein …« Er fing sich gerade noch rechtzeitig, dann senkte er die Stimme zu einem scharfen Zischen. »Eine wahre Thronerbin? Falls du denkst, dass irgendjemand von uns, die in jener Nacht in der Geburtskammer anwesend waren, verschont würde, bist du ein Narr. So sehr ich selbst den Tod begrüßen würde, denk an das Kind. Sind wir so weit gekommen, um nun alles wegen der Launen eines …« Kurz setzte er ab und schwenkte die Hand auf Arkoniel. »… eines halb ausgebildeten Zauberlehrlings wegzuwerfen?«
    Arkoniel überging die Beleidigung. »Dann lasst mich Kinder hierher bringen, Herr. Kinder aus einer anderen Gegend, die von den Geschichten nichts gehört haben. Tobin ist ein Prinz; von Rechts wegen sollte er bald in die Gefährtschaft des Königlichen Prinzen aufgenommen werden oder zumindest eine eigene Gruppe von Gefährten haben. Was werden die Adeligen in Ero über den Neffen des Königs sagen, das Kind einer Prinzessin und eines erhabenen Fürsten, wenn es wie ein Bauer aufwächst? Tobin muss vorbereitet werden.«
    Rhius blickte auf den Fluss und erwiderte nichts, doch Arkoniel spürte, dass er Wirkung erzielt hatte.
    »Tobin mag noch jung sein, dennoch wird seine Abwesenheit am Hof bald auffallen – vielleicht sogar den Zauberern des Königs. Und dann wird man herkommen, um nach ihm zu suchen. Egal, was wir tun, früher oder später werden wir ihn am Hof vorstellen müssen. Je weniger eigenartig er dann erscheint, desto …«
    »Also eines. Ein Kind hier als Gefährten. Aber nur, wenn du meinen Bedingungen zustimmst.« Er richtete düstere Augen auf Arkoniel. »Erstens: Sollte dieses andere Kind unser Geheimnis entdecken, wirst du es eigenhändig töten.«
    »Herr!«
    Rhius beugte sich dichter zu ihm und fuhr mit sehr leiser Stimme fort. »Mein eigenes Kind musste sterben. Warum sollte das eines Fremden weiterleben, wenn es unsere Pläne gefährden könnte?«
    Arkoniel nickte, zumal er wusste, dass Iya ihm dasselbe Versprechen abgerungen hätte. »Und Eure weiteren Forderungen?«
    Als Rhius weitersprach, schwang kein Zorn mehr in seinem Tonfall mit. In der zunehmenden Düsternis wirkte er gebückt und alt – ein trauriger, hohler Abklatsch des Mannes, der er einst gewesen war. »Dass du hier bleibst und Tobins Lehrer wirst. Du bist von adeliger Geburt und weißt etwas über den Hof. Ich werde nicht das Wagnis eingehen, einen weiteren Fremden in mein Haus zu holen. Bleib und beschütze mein Kind, bis die Welt wieder in Ordnung gebracht wird.«
    Arkoniel fühlte sich benommen vor Erleichterung. »Das werde ich, Herr. Bei meinen

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