Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
peinigende Stechen, das ihn heimgesucht hatte, bevor er weggerannt war. Den Beutel mit Blättern, den Lhel ihm gegeben hatte, hatte er vergessen. Verängstigt und elend kauerte er sich zusammen und war dankbar für Kis Wärme an seinem Rücken.
Niryn wollte sich gerade von seinem Kammerdiener entkleiden lassen, als er wieder dieses seltsame, kleine Wabern von Energie spürte. Wie üblich war es verschwunden, bevor er zu sagen vermochte, worum es sich handelte, aber dies war das erste Mal, dass es ihm außerhalb von Ero begegnete. Er winkte den Diener fort, schnürte seine Robe wieder zu und begab sich auf die Suche nach der beunruhigenden Magie.
Vor Prinz Tobins Tür vermeinte er, einen Hauch davon wahrzunehmen, doch als er einen Fernblick in das Zimmer warf, fand er die Jungen schlafend vor, aneinander geschmiegt wie Welpen.
Oder Geliebte.
Niryns Lippen verzogen sich zu einem boshaften Lächeln, als er diese wertvolle Erkenntnis in seinem Gedächtnis verstaute. Man konnte nie vorhersehen, wann sich solches Wissen als nützlich erweisen mochte. Prinz Tobin war zu jung, um eine Bedrohung zu verkörpern, aber der König ließ bereits Anzeichen seiner Gunst für ihn erkennen. Und dann war da dieser peinliche Augenblick gewesen, als der dumme Balg versucht hatte, ihm Cirna wegzunehmen. Das würde Niryn nicht vergessen. Niemals.
K APITEL 21
Der König hatte es nicht eilig, nach Ero zurückzukehren. Am folgenden Tag verkündete er, dass der königliche Tross seinen Neffen zu ehren gedachte, indem er die nächsten beiden Wochen in Atyion verbringen würde. Noch in den folgenden Tagen trafen Kanzler Hylus und der Rest der höchsten Würdenträger ein, und der Schlosssaal verwandelte sich in eine verkleinerte Ausgabe des Palatins, in dem der König zwischen Jagden und Feiern seinen Geschäften nachging. Nur die dringendsten Angelegenheiten wurden an ihn herangetragen; Hylus prüfte sorgsam jedes Gesuch und wies all jene zurück, die warten konnten. Trotzdem war der Saal von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang bevölkert.
Durch den Waffenstillstand mit Plenimar drehte es sich beim Großteil der Belange um Zwistigkeiten innerhalb der Grenzen Skalas. Tobin hielt sich mit den anderen Jungen in der Nähe auf und hörte Berichte über neue Ausbrüche von Seuchen, Banditenüberfälle, Steuerstreitigkeiten und Ernteausfälle.
Tobin war sich unter den Adeligen schmerzlich seiner Abhängigkeit bewusst. Sein Banner mochte unter jenen des Königs und Korins am höchsten hängen, dennoch schenkten ihm Erwachsene außer bei Banketten kaum Beachtung.
Dadurch blieb Tobin und den anderen Jungen reichlich Zeit, die Ortschaft und das Meeresufer jenseits des Schlosses zu erkunden, und sie stellten fest, dass sie willkommen waren, wohin sie auch gingen.
Die Ortschaft erwies sich als blühend und frei von dem Dreck und den Krankheiten, die es in Ero gab. Statt eines Schreins hatte man einen Tempel für jeden der Vier errichtet, angeordnet um einen Platz, feine Gebäude aus geschnitztem und bemaltem Holz. Der Tempel Illiors war der größte, und die mit Bildern verzierte Decke und der schwarze Steinaltar flößten Tobin Ehrfurcht ein. Priester mit Silbermasken verneigten sich vor ihm, als er dort seine Eulenfedern verbrannte.
Die Menschen von Atyion waren wohlgenährt und freundlich, und jeder Händler wetteiferte um die Ehre, Atyions Spross und dessen Freunden dienen zu dürfen. Sie wurden umjubelt, gegrüßt, gesegnet, wohin sie gingen, und königlich mit Geschenken bedacht.
Die Schänken standen jenen in Ero in nichts nach. Barden aus so weit entfernten Gegenden wie Mycena und dem nördlichen Aurënen gingen dort ihrer Kunst nach und wussten, wie sie die Gefährten mit Geschichten über die Tapferkeit ihrer Ahnen erfreuen konnten.
Tobin war daran gewöhnt, in Korins wohlwollendem Schatten zu leben, hier jedoch war er das strahlende Licht. Natürlich wurde Korin mit Lob und Ehren bedacht, dennoch war unverkennbar, dass in Atyion Tobin das Liebkind der Menschen verkörperte. Obwohl Korin vorgab, sich nichts daraus zu machen, spürte Tobin, dass der ältere Junge eifersüchtig war. Am deutlichsten zeigte es sich, wenn Korin getrunken hatte. Zum ersten Mal, seit Tobin ihn kannte, wurde er zum Ziel von Korins schneidenderen Witzen, die sich sonst immer gegen Orneus oder Quirion richteten. Dann fand Korin nach und nach Dinge an den Schänken, am Theater, an den Dirnen und sogar an Lytias hervorragenden Festschmausen zu
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