Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
du mit unschuldigem Herzen gesprochen hast. Kein Grund zur Beunruhigung. Geht jetzt zu Bett, ihr zwei. Es war ein langer Tag.«
»Du könntest heute Nacht hier schlafen«, bot Tobin erneut an. Hinter dem Verhalten des Königs verbarg sich mehr, als Tharin zugab, und das ängstigte Tobin noch immer.
»Ich habe Lytia versprochen, ihr heute Nacht noch einen Besuch abzustatten«, erwiderte Tharin. »Aber ich werde auf dem Rückweg nach euch sehen. Schlaft gut.«
Nachdem sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, sackte Tharin gegen die Wand und hoffte, die Wachen weiter unten im Gang würden seine plötzliche Schwäche zu viel Wein zuschreiben. Er hatte den Ausdruck in Erius' Augen erkannt – Argwohn. Wäre Tobin sechzehn statt zwölf gewesen, hätte sein Ersuchen ihn und Ki vielleicht zum Tod verurteilt. Aber Tobin war noch ein Kind, zudem ein weltfremdes. Noch steckte in Erius genug Gutes, um dies zu erkennen.
Dennoch verbrachte Tharin eine lange Nacht, die er mit belanglosen Unterhaltungen mit den Wachen füllte, während er die Tür des Königs und jene Niryns im Auge behielt.
»Weißt du, Tob, du hättest das nicht tun müssen; einen Gefallen des Königs für mich vergeuden«, sagte Ki, nachdem Tharin gegangen war. Tobin saß noch auf dem Läufer und hatte die Arme um die Knie geschlungen, wie er es stets zu tun pflegte, wenn er sich beunruhigt fühlte. »Komm ins Bett. Das Feuer ist erloschen.«
Aber Tobin blieb, wo er war. »Wird dein Vater wütend sein?«
»Wohl kaum! Aber wie bist du darauf gekommen, Tob? Mein alter Herr mag viele Dinge sein, aber adelig gehört nicht dazu. Ich kann es jetzt schon vor mir sehen, wie er und meine Brüder die Verfügung des Königs verwenden, um Pferde zu stehlen.«
Tobin blickte zurück. »Du hast doch immer darauf beharrt, dass er kein Pferdedieb sei!«
Ki zuckte mit den Schultern. »Ich schätze, ich lebe mittlerweile lange genug unter anständigen Menschen, um zu wissen, was meine Leute sind.«
»So schlimm können sie nicht sein, Ki. Du bist so gut wie jeder von uns. Aber wie auch immer, jedenfalls kann dich jetzt niemand mehr einen Wald- und Wiesenritter nennen.«
Aber einige werden es trotzdem weiterhin tun, dachte Ki.
»An dem Tag, an dem wir die Feste verlassen haben, gab ich dir ein Versprechen«, sagte Tobin in ernstem Tonfall.
»Ich erinnere mich an kein Versprechen.«
»Ich habe es nicht laut ausgesprochen. Weißt du noch, wie gehässig Orun dir und Tharin gegenüber war? Ich habe Sakor an jenem Tag versprochen, dass ich dich und Tharin zu erhabenen Adeligen machen würde, damit sich Orun vor euch verneigen und höflich zu euch sein müsste.« Er schlug sich mit der Hand auf die Stirn. »Tharin! Ich hätte auch für ihn um etwas bitten sollen, aber ich war so überrascht, dass ich nicht richtig nachdenken konnte. Glaubst du, ich habe seine Gefühle verletzt?«
»Ich denke eher, er ist froh, dass du es nicht getan hast.«
»Froh? Warum?«
»Denk doch mal nach, Tob. Du hast meinem Vater die Feste von Rilmar geschenkt, und er wird dorthin übersiedeln; für mich ändert sich dadurch nichts. Aber hättest du Tharin zum Herrn eines wichtigen Besitzes gemacht, wie er es verdient, müsste er dorthin reisen, um ihn zu verwalten. Das bedeutet, er hätte uns – ich meine dich – verlassen müssen, und das hätte ihm wohl kaum gefallen.«
»Uns«, berichtigte ihn Tobin und begab sich zum Bett. »Das ist mir noch gar nie in den Sinn gekommen. Ich würde ihn auch vermissen. Und dennoch …« Er zog die Stiefel aus und lehnte sich gegen die Kissen zurück. Um seinen Mund zeichnete sich diese Sturheit ab, die Ki mittlerweile so gut kannte. »Bei Bilairys Hintern, Ki! Tharin verdient etwas Besseres, als nur der Hauptmann meiner Garde zu sein! Warum hat mein Vater ihn nie befördert?«
»Vielleicht hat Tharin ihn darum gebeten, es nicht zu tun«, meinte Ki und wünschte sofort, er hätte den Mund gehalten.
»Warum sollte er?«
Jetzt habe ich den Salat, dachte Ki, doch es war zu spät, um die Worte zurückzunehmen.
»Warum sollte Tharin das getan haben?«, verlangte Tobin erneut zu erfahren und las in Kis Zügen wie in einem Buch. Vor Tobin ließ sich nicht viel verbergen, soviel stand fest.
Also hieß es, entweder zu lügen, oder es ihm zu sagen, und er hatte Tobin noch nie belogen. Tharin kümmert es ja nicht, wer es weiß. Das hat er selbst gesagt.
Ki schob sich gegen die Fußleiste zurück und krümmte sich innerlich, als er es Tobin zu erklären
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