Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
verschwunden, und sie wirkte stattdessen sehr freundlich.
»Kommt, setzt Euch zu mir.«
Es gab keine andere Sitzgelegenheit als das Bett. Sie schmiegte sich gegen die Kissen und klopfte auf den Platz neben ihr. »Kommt ruhig«, lockte sie ihn. »Ich werde nichts machen.«
Zögerlich gesellte sich Tobin zu ihr und zog die Knie unters Kinn an. Mittlerweile ertönten aus den anderen Kammern leise Schreie und deutliche Grunzlaute. Tobin widerstand dem Drang, sich die Ohren zuzuhalten. Er erkannte einige der Stimmen und dankte den Vieren dafür, dass die Knappen nicht auch mitgekommen waren. Ki so zu hören, hätte er nicht ertragen. Es klang beinah, als hätten die anderen Schmerzen, zugleich wirkte es jedoch eigenartig erregend. Er spürte, wie sein Körper darauf ansprach, und errötete heißer denn je.
»Ich bin sicher, der Prinz meint es gut«, flüsterte die junge Frau, wobei sie sich allerdings nicht so anhörte, als meinte sie, was sie sagte. »Er ist bereits ein ziemlicher Schwerenöter, seit er jünger als Ihr war, aber er ist einfach anders geartet, nicht wahr? Manche Jungen sind in Eurem Alter noch nicht bereit.«
Tobin nickte. In gewisser Weise stimmte es durchaus. »Aber ich denke, Ihr habt unter Euren Freunden einen Ruf zu wahren, richtig?«, fuhr sie fort und kicherte, als Tobin zustimmend stöhnte. »Das ist einfach zu regeln. Bitte rückt an die Bettkante.«
Nach wie vor argwöhnisch, tat Tobin, worum sie ihn ersuchte, und beobachtete verblüfft, wie sie sich in die Mitte des Bettes kniete und begann, diese erschreckenden Laute von sich zu geben, tief in der Kehle zu stöhnen, zu lachen und kleine spitze Schreie auszustoßen, die stark an jene erinnerten, die rings um sie ertönten. Dann fing sie zu seiner völligen Verwirrung an, wie ein Kind auf dem Bett auf- und abzuhüpfen. Ohne aufzuhören, jene Laute zu heucheln, grinste sie und streckte ihm die Hand entgegen.
Endlich begriff er, machte mit und wippte zusammen mit ihr auf den Knien auf und ab. Die Bettseile knarrten, das Geländer klapperte. Ihre Stimme schwoll zu einem beeindruckenden Höhepunkt an, dann brach sie mit einem tiefen Seufzen auf die Kissen zusammen. Sie vergrub das Gesicht in der Tagesdecke, um einen Kicheranfall zu dämpfen.
»Gut gemacht, Vetter!«, rief Korin betrunken.
Tobin hielt sich beide Hände über den Mund, um sein plötzliches Gelächter zu ersticken. Seine Gefährtin schaute zu ihm auf. Ihre Augen funkelten vor gemeinsamer Belustigung, als sie verschwörerisch flüsterte: »Ich denke, Euer Ruf ist gewahrt, mein Prinz.«
Tobin legte sich dicht neben sie, um leise sprechen zu können. »Aber warum?«
Sie stützte das Kinn auf eine Hand und bedachte ihn mit einem verschlagenen Blick. »Meine Aufgabe besteht darin, meinen Gästen Vergnügen zu bereiten. Hattet Ihr Spaß?«
Tobin unterdrückte ein weiteres Lachen. »Sehr sogar!«
»Dann werde ich das Eurem Vetter und dem König berichten, wenn sie mich fragen. Was sie tun werden.« Sie küsste ihn schwesterlich auf die Wange. »Ihr seid nicht der Erste, mein lieber Junge. Ein paar Eurer Freunde teilen dasselbe Geheimnis.«
»Wer?«, platzte Tobin hervor. Aber sie schnalzte nur mit der Zunge, und er errötete wieder. »Wie kann ich dir danken? Ich habe nicht einmal meine Geldbörse dabei.«
Liebevoll streichelte sie ihm über die Wange. »Ihr seid ein ganz Unschuldiger, nicht wahr? Ein Prinz bezahlt niemals, mein lieber Junge, nicht bei unsresgleichen. Das Einzige, worum ich bitte, ist, dass Ihr mich in guter Erinnerung behaltet und meine Schwestern anständig behandelt, wenn Ihr älter seid.«
»Eure Schwestern …? Oh, ich verstehe. Ja, das werde ich. Aber ich kenne nicht einmal deinen Namen.«
Kurz dachte sie nach, als wöge sie die Frage ab, dann lächelte sie erneut und sagte: »Er lautet Yrena.«
»Danke, Yrena. Ich werde deine Freundlichkeit nicht vergessen, niemals.«
Er hörte, dass sich ringsum Leute bewegten, vernahm das Rascheln von Kleidern und das Knarren von Gürteln.
»Wir sollten besser die letzten Vorkehrungen treffen.« Grinsend zog sie die Schnüre seines Wappenrocks schief, zerzauste ihm das Haar und kniff ihm mit den Fingern Farbe in die Wangen. Dann wich sie zurück, um ihr Werk wie eine Künstlerin zu begutachten. »Fast geschafft, würde ich sagen.« Sie ging zu einem kleinen Beistelltisch, ergriff ein Alabastergefäß mit Schminke und bemalte sich die Lippen, dann küsste sie ihn mehrmals ins Gesicht und auf den Hals. Als sie
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