Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
Triumphs.
Auch während des Rituals gab es schlimme Zeichen. Der Sakor-Bulle widersetzte sich und warf den Kopf hin und her, weshalb der König drei Streiche brauchte, bis ihm der Todesstoß gelang. Als Korin die Eingeweide und die Leber den wartenden Priestern übergab, fanden sie darin Würmer vor. Hastig wurden Besänftigungsopfer dargebracht, dennoch schienen sich die Vorzeichen eine Woche später zu bewahrheiten.
Tobin speiste an jenem Abend mit Korin in seinen Gemächern im kleinen Rahmen zu Ehren Aliyas. Regen prasselte heftig aufs Dach und übertönte beinah den Harfenspieler.
Es war eine zwanglose Mahlzeit, und alle lagen auf Sofas. Aliya lachte, als sich Erius bemühte, es ihr mit zusätzlichen Kissen gemütlich zu machen.
»Du bist eine mit Schätzen gefüllte Karacke, meine Liebe«, sagte er und tätschelte die große Wölbung ihres Bauches. »Ah, da ist er ja, der prächtige Bursche, und tritt seinen Großvater. Und wieder! Bist du sicher, dass da drin nur ein Kind steckt?«
»Ich habe schon so viele Tritte und Stöße gespürt, dass man glauben könnte, ich trage ein ganzes Regiment aus.« Sie schlang die Arme um die gewölbte Mitte. »Aber bei einem Knaben ist das schließlich nur zu erwarten, sagen die Drysier.«
»Ein weiterer Knabe.« Erius nickte. »Die Götter müssen sich einen König für Skala wünschen, andernfalls würde der Erschaffer uns nicht so viele schicken. Zuerst Korin, dann den jungen Tobin für meine Schwester. Und alle Mädchen sind verschwunden. Ein Trankopfer für meinen Enkel, und einen Trinkspruch! Auf die Könige von Skala!«
Tobin hatte keine andere Wahl, als mitzumachen, was er mit gemischten Gefühlen tat. Er wünschte dem Kind nichts Schlechtes.
»Das war ein ziemlich karges Trankopfer, Tobin«, schalt ihn Erius, und Tobin erkannte erschrocken, dass er beobachtet worden war.
»Verzeihung, Onkel«, sagte er und goss hastig die Hälfte des Inhalts seines Kelchs auf den Boden. »Gesegnet seien Korin und seine Familie.«
»Du brauchst nicht neidisch zu sein, Vetter«, sagte Korin. »Es hat schließlich nie jemand erwartet, dass du der wahre zweite Thronerbe wirst, oder?«, warf Aliya ein.
Tobin wurde übel, und er fragte sich, ob noch jemand das Aufblitzen unverhohlener Boshaftigkeit in ihren Augen gesehen hatte.
»Natürlich wirst du immer Korins rechte Hand sein. Und was könnte es für eine größere Ehre geben?«
»Natürlich.« Tobin zwang sich zu einem Lächeln und malte sich aus, wie sie ihn erst behandeln würde, sobald das Kind geboren wäre. »Ich habe nie an etwas anderes gedacht. «
Das Fest ging weiter, aber Tobin fühlte sich, als hätte sich die Welt plötzlich unter seinen Füßen verlagert. Er war überzeugt davon, dass Aliyas Vater bohrende Blicke in seine Richtung warf, und das Lächeln des Königs wirkte geheuchelt. Sogar Korin schenkte ihm keine Beachtung. Was er in den Mund nahm, schmeckte schal, dennoch aß er weiter, falls ihn immer noch jemand beobachtete und sein Verhalten abwog.
Der erste Nachtisch war soeben gereicht worden, als Aliya einen spitzen Schrei ausstieß und sich den Bauch hielt. »Die Schmerzen«, keuchte sie bleich vor Angst. »O Mutter, die Schmerzen haben eingesetzt, genau wie beim letzten Mal.«
»Schon gut, mein Schatz. Es ist fast Zeit dafür«, erwiderte die Herzogin mit strahlender Miene. »Komm, wir bringen dich ins Bett. Korin, lass die Hebammen und Drysier holen!«
Korin ergriff Aliyas Hände und küsste sie. »Ich bin bald bei dir, Geliebte. Tobin, ruf die Gefährten und lass sie für uns Wache halten. Mein Erbe naht!«
Gemäß Brauchtum hielten die Gefährten vor der Kammer der Niederkunft Wache. Unruhig mischten sie sich unter die übrigen Höflinge und lauschten angespannt den schrillen Schreien, die zunehmend häufiger herausdrangen.
»Soll sich das so anhören?«, flüsterte Tobin zu Ki. »Es klingt, als würde sie sterben.«
Ki zuckte mit den Schultern. »Manche brüllen mehr als andere, besonders beim ersten Mal.« Doch als sich die Nacht hinzog und die Schreie in Gebrüll ausarteten, wurde auch Ki unbehaglich zumute.
Die Hebammen kamen und gingen mit Wasserschalen und verkniffenen Mienen. Kurz vor dem Morgengrauen rief eine von ihnen Tobin hinein. Als königlicher Angehöriger musste er sich unter den Zeugen befinden.
Um das mit Vorhängen versehene Bett hatte sich eine kleine Menge eingefunden, aber der König und Korin schufen einen Platz für ihn. Sein Vetter schwitzte und war bleich.
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