Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
kein kleiner Page, der zu deinen Füßen schlafen kann wie – wie diese Katze hier.«
Es stimmte, und sie wusste es. Plötzlich verlegen, ergriff sie seine Hand und hielt sie fest. Ihre eigene war immer noch sonnengebräunt, aber die Handfläche fühlte sich seit der Verwandlung deutlich weniger rau an. »Die ganzen Schwielen muss ich mir erst wieder erarbeiten«, sagte sie mit zu hoher, zu zittriger Stimme.
»Das sollte nicht lange dauern. Ahras Hände haben sich immer wie Stiefelleder angefühlt. Denk an sie und all die Frauen, die sich gestern auf dem Hof eingefunden haben. Du bist immer noch eine Kriegerin, genau wie sie.« Ki knetete ihren Oberarm und grinste. »Hier ist nichts verloren gegangen. Du kannst Alben immer noch die Finger brechen, wenn es sein muss.«
Tobin nickte ihm dankbar zu, dann schob sie Ringelschweif von sich, stand auf, streckte Ki die Hand entgegen und sagte: »Du bist immer noch mein Knappe, Ki, und daran werde ich dich gebunden halten. Ich brauche dich bei mir.«
Ki stand auf und erfasste ihre Hand mit dem Kriegergriff. »Dicht wie ein Schatten.«
Damit schien sich die Welt wieder zusammenzufügen, zumindest vorläufig. Verärgert schaute Tobin zum mittlerweile hellen Sonnenschein, der durch das Fenster strömte. »Warum hat man mich so lange schlafen gelassen?«
»Du hast uns keine große Wahl gelassen. Du hattest seit Tagen kaum geschlafen, und dann all die Aufregung von gestern? Das hat dich endgültig umgeworfen. Tharin meinte, wir sollen dich ausruhen lassen, während er die Truppen abmarschbereit macht. Wir hätten ohnehin warten müssen. Mich überrascht, dass du überhaupt schon wieder auf den Beinen bist.«
»Weil ich ein Mädchen bin?«, fragte Tobin gereizt.
»Oh, um Himmels willen – müsste ich mich selbst aufschneiden und mir anschließend die Haut vom Leib brutzeln lassen, glaube ich nicht, dass ich so schnell wieder auf dem Damm wäre.« Er wurde ernst. »Verdammt, Tobin! Ich weiß nicht, was für eine Magie das war, aber einen Augenblick sah es so aus, als hätte die Sonne dort zu lodern begonnen, wo du gestanden hast! Oder ein Feuer der Spürhunde.« Er verzog das Gesicht. »Hat es wehgetan?«
Tobin zuckte mit den Schultern. »Ich erinnere mich an kaum etwas, nur an die Königinnen.«
»Welche Königinnen.«
»Die Geister. Hast du sie nicht gesehen?«
»Nein, nur Bruder. Kurz dachte ich, ihr wärt beide erledigt, so, wie ihr ausgesehen habt. Ist er jetzt endgültig weg?«
»Ja. Ich frage mich, wohin.«
»Zu Bilairys Tor, hoffe ich. Tob, ich sage dir, ich bedauere nicht, ihn nie wieder zu sehen, auch wenn er dir gelegentlich geholfen hat.«
»Ja, du hast wohl Recht«, murmelte Tobin. »Andererseits habe ich jetzt gar keine Familie mehr, oder?«
Als Lytia zurückkehrte, kam sie nicht allein. Tharin, Arkoniel und mehrere Diener begleiteten sie, die sperrige, in Tücher gehüllte Bündel trugen.
»Wie fühlst du dich?«, fragte Arkoniel, ergriff Tobins Kinn und untersuchte ihr Gesicht.
Tobin löste sich von ihm. »Das weiß ich noch nicht.«
»Sie ist hungrig«, sagte Lytia und breitete ein gewaltiges Frühstück auf einem Tisch am Kamin aus. »Vielleicht solltet ihr die Prinzessin erst essen lassen, bevor ihr euch anderen Dingen widmet.«
»Ich bin nicht hungrig, und nennt mich nicht so!«, herrschte Tobin sie an.
Tharin verschränkte die Arme vor der Brust und bedachte sie mit einem strengen Blick. »Bis du gegessen hast, geschieht gar nichts mehr.«
Tobin griff sich einen Haferkuchen und biss davon ab, um ihn zufriedenzustellen. Dabei stellte sie fest, wie hungrig sie tatsächlich war. Nach wie vor stehend, verschlang sie einen zweiten Haferkuchen, dann spießte sie sich einen Brocken gerösteter Leber auf ihr Messer. Ki schloss sich ihr ebenso heißhungrig an.
Tharin kicherte. »Weißt du, bei Tageslicht siehst du gar nicht so anders aus. Ein wenig mehr wie deine Mutter vielleicht, aber das ist ja nicht verkehrt. Ich wette, du wirst eine Schönheit, wenn du erwachsen bist.«
Tobin schnaubte mit dem Mund voll Kardamombrötchen; der Spiegel erzählte eine andere Geschichte.
»Vielleicht kann das hier dich aufmuntern.« Tharin ging zum Bett und öffnete eines der Bündel, die von den Dienern zurückgelassen worden waren. Schwungvoll hob er ein schimmerndes Kettenhemd an. Die Kettenglieder waren so fein, dass sie sich unter Tobins bewundernder Hand wie Schlangenhaut anfühlten. Den unteren Rand, den Kragen und die Ärmel zierte ein wenig
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