Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
fließt. Und ich glaube kaum, dass Ihr die Macht Atyions oder meinen alten Freund Tharin hinter Euch hättet, wenn kein triftiger Grund dafür bestünde zu glauben, dass Ihr seid, was sie sagen.«
Er sank auf ein Knie und bot Tobin sein Schwert dar. »Meine Antwort lautet daher ja. Lasst Ilear den ersten Verbündeten sein, der sich um Euer Banner schart, Majestät.«
Tobin nahm die Klinge entgegen und berührte den Mann damit an den Schultern, wie Erius es bei Ki getan hatte. »Noch erhebe ich keinen Anspruch auf den Titel der Königin, aber um Skalas und Illiors willen nehme ich Eure Dienste an.«
Kyman küsste die Klinge und nahm sie wieder an sich. »Danke, Hoheit. Ich bete, dass Ihr Ilear und das Haus Kyman in guter Erinnerung behaltet, wenn Ihr die Krone tragt.«
Bei Sonnenuntergang hielten sie an, um zu essen und die Pferde ausruhen zu lassen, danach marschierten sie weiter. Hinter den über den Himmel treibenden Wolken lugte ein zunehmender Mond hervor, der die schlammige Straße vor ihnen in ein schwarzes Band verwandelte.
Gegen Mitternacht zeichnete sich am südlichen Himmel über den dunklen Umrissen der Hügel ein rötlicher Schimmer ab; die Stadt brannte noch immer. Tharin schickte eine Kundschaftergruppe voraus, um die Vorposten des Feindes aufzuspüren. In den Rängen begannen die Krieger leise zu singen, um wach zu bleiben.
So erschöpft Tobin war, ihre Gedanken wurden im Verlauf der Nacht klarer. Mit einer eigenartigen, traumgleichen Nüchternheit spürte sie, wie sie sich an diesen seltsamen neuen Körper gewöhnte. Ihre Arme und Beine fühlten sich unverändert an, abgesehen von den ärgerlich weichen Händen – dagegen hatte Lytia ihr Handschuhe gegeben. Ihre kleinen Brüste waren empfindlich geworden, und sie nahm deutlich wahr, wie sie unter dem Brustpanzer gegen das gepolsterte Kettenhemd rieben.
Die beunruhigendste Veränderung stellte dar, wie anders sich der Sattel unter ihr anfühlte, ganz zu schweigen von den Unannehmlichkeiten, die ihr sowohl Hosen als auch eine neue Schamhaftigkeit bereiteten, wenn sie sich erleichtern musste. Bisher hatte sie sich noch nicht überwinden können, diesen Teil ihres Körpers allzu genau zu untersuchen. Es widerstrebte ihr, nicht anständig Wasser lassen zu können, aber die Leere in ihrem Schritt hätte sich eigentlich mehr danach anfühlen müssen, als fehlte dort etwas – was nicht der Fall war.
Arkoniel und Tharin behandelten sie, wie sie es immer getan hatten, und Ki versuchte es zumindest, Luchs hingegen warf immer wieder verstohlene Seitenblicke auf sie. Einerseits war dies beunruhigend, andererseits in gewisser Weise ein gutes Zeichen. Zum ersten Mal seit Orneus' Tod schien es nicht sein einziges Bestreben zu sein, sich umbringen zu lassen.
Tobin bedeutete Ki, ein wenig zurückzubleiben, und zog Luchs aus dem Haupttross beiseite.
»Falls du es dir anders überlegt hast … Falls du dich nicht gegen Korin wenden kannst, dann verstehe ich das«, teilte sie ihm erneut mit. »Wenn du zu ihm zurückwillst, werde ich nicht zulassen, dass dich jemand davon abhält.«
Luchs zuckte mit den Schultern. »Ich bleibe, wenn du mich haben willst. Ich frage mich nur, was Nikides und Lutha tun werden.«
»Ich weiß es nicht.« Innerlich verzagte sie beim Gedanken daran, dass sich ihre Freunde von ihr abwenden könnten.
Begleitet von einem halben Dutzend seiner verbliebenen Zauberer und einer Phalanx seiner Garde schritt Niryn durch den widerhallenden Audienzsaal. Kurz vor Einbruch der Nacht war aus Atyion eine Taube eingetroffen, die Neuigkeiten über nahende Unterstützung und sich scharende Verteidiger überbracht hatte.
Außerdem hatte Niryn eine Botschaft von seinen eigenen Spitzeln dort erhalten und beabsichtigte, diesen kleinen Hoffnungsschimmer zu ersticken.
Die drohende Niederlage machte dem Prinzen schwer zu schaffen. Abgehärmt und unrasiert saß Korin unbehaglich auf dem Thron seines Vaters. Das große Schwert hielt er in den Händen, die Krone hingegen verblieb auf einem kleinen Tisch neben ihm, verhüllt mit einem schwarzen Schleier. Kanzler Hylus und die anderen Berater weilten bei ihm, ferner die kargen Überreste seiner persönlichen Garde und der Gefährten.
Niryn zählte nur noch acht der ursprünglichen neunzehn Gefährten. So geschützt sie all die Jahre am Hof gelebt hatten, sie waren keine Jungen mehr. Niryn ließ den Blick prüfend über ihre Gesichter wandern. Alben und Urmanis würden sich als getreu erweisen. Ebenso
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