Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
»Nicht die geschmackvollste Gaststätte in Ero, aber gewiss die sicherste. Ich hoffe, Kiriar und seine Freunde haben dir keinen allzu großen Schrecken eingejagt.«
»Ganz und gar nicht!«
Verzückt sah sich Iya um. Die mit Eichenholz getäfelten Wände warfen heimelig einen goldenen Schimmer des in der Mitte des Raumes flackernden Kohlenbeckens zurück. Sie erkannte verschiedene Gegenstände aus vielen ihrer früheren Treffpunkte – Standbilder, Behänge, sogar die goldenen Branntweinbrenner und Wasserpfeifen, die der Stolz der nunmehr verwaisten Schänke zur Meerjungfrau gewesen waren. Es gab zwar keine Tafel mit dem Tagesgericht, aber sie roch gebratenes Fleisch. Jemand drückte ihr einen Silberkelch mit hervorragendem Wein in die Hand.
Dankbar nippte sie daran, dann musterte sie ihren Führer mit hochgezogener Augenbraue. »Allmählich beginne ich zu vermuten, dass du mir heute nicht zufällig über den Weg gelaufen bist.«
»Nein, wir beobachten Euch, seit …«, setzte Kiriar an.
Dylias brachte ihn mit einem scharfen Blick unter den vorstehenden, weißen Brauen hervor zum Schweigen, dann wandte er sich Iya zu und legte sich einen Finger seitlich an die Nase. »Je weniger bekannt, desto besser gewahrt, richtig? Nur so viel sei gesagt, dass die Spürhunde nicht die Einzigen sind, die in Ero die Augen nach Zauberern offen halten. Es ist Jahre her! Wie geht es dir, meine Liebe?«
»Nicht gut, als ich Sie fand«, meldete sich Kiriar zu Wort. »Was war geschehen, Frau Iya? Ich dachte, Euer Herz hätte ausgesetzt.«
»Nur eine vorübergehende Schwäche«, gab Iya zurück, die noch nicht wagte, mehr preiszugeben. »Jetzt geht es mir wieder gut, und noch besser, weil ich hier bei euch bin! Aber ist es nicht gewagt, sich auf diese Weise zu versammeln?«
»Die Gebäude über unseren Köpfen wurden von Aurënfaie errichtet«, erklärte die Aurënfaie-Frau. »Es bedürfte einer Armee dieser armseligen Spürhunde, um überhaupt alle Magie hier aufzuspüren, einer weiterer, um sie zu durchbrechen.«
»Kühn gesprochen, Saruel, und wir alle beten, dass dein Vertrauen wohl begründet ist«, meinte Dylias. »Dennoch sind wir vorsichtig. Wir haben mehrere Gäste, deren Leben davon abhängt. Komm mit, Iya. Wir führen dich herum.«
Dylias und Saruel zeigten Iya eine Reihe beengter Kellerräume jenseits des Schankraums, in denen weitere Zauberer lebten.
»Für einige von uns ist dieses Bollwerk zugleich ein Kerker«, erklärte Dylias traurig und deutete auf einen hohläugigen Mann, der auf einer Pritsche schlief. »Es würde Meister Lyman das Leben kosten, sein Gesicht in der Stadt zu zeigen. Steht man erst auf der Jagdliste der Spürhunde, sind die Aussichten auf Flucht gering.«
»Achtundzwanzig wurden auf dem Verräterhügel verbrannt, seit der Wahnsinn begonnen hat«, fügte Saruel verbittert hinzu. »Und dabei sind die Priester nicht mitgezählt, die mit ihnen ermordet wurden. Es ist abscheulich, wie sie die Diener des Lichtträgers töten.«
»Ja, ich habe es gesehen.« Mittlerweile wusste Iya besser als die meisten, was für ein Tod es war.
»Aber ist es schlimmer, als hier lebendig begraben zu sein?«, murmelte Dylias und schloss die Tür des schlafenden Mannes.
Nachdem sie in den Schankraum zurückgekehrt waren, setzte sich Iya zu den anderen und lauschte ihren Geschichten. Die meisten bewegten sich noch frei in der Stadt, gaben sorgsam Gefolgstreue vor und verdienten sich den Lebensunterhalt mit den wenigen Kleinigkeiten, die des Königs Verordnung noch gestattete. Sie konnten gegen Bezahlung nützliche Gegenstände herstellen und hilfreiche Haushaltszauber wirken. Größere Magie war den Spürhunden vorbehalten. Das bloße Beschwören eines Pferdes galt inzwischen als Schwerverbrechen.
»Sie haben uns zu Kesselflickern gemacht!«, zeterte ein älterer Zauberer namens Orgeus.
»Hat jemand versucht, Widerstand zu leisten?«, wollte Iya wissen.
»Ihr habt nichts von den Unruhen am Erschaffertag gehört?«, fragte ein Mann namens Zagur. »Neun junge Hitzköpfe haben sich im Tempel an der Flunderstraße verschanzt und versucht, zwei andere zu beschützen, die zur Hinrichtung vorgesehen waren. Seid Ihr an dem Ort vorbeigekommen?«
»Nein.«
»Nun, es gibt ihn nicht mehr. Aus dem Nichts tauchten dreißig Spürhunde auf, und mit ihnen zweihundert Graurücken. Die Aufrührer haben keine Stunde durchgehalten.«
»Haben Sie Magie gegen die Spürhunde eingesetzt?«
»Einige haben es versucht, aber sie waren
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