Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Titel: Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
Vom Netzwerk:
Schauspielbegabung, dank der er jeden am Hof nachzuahmen vermochte. Wenn er sich abends mit den jüngeren Gefährten in Tobins Zimmer einfand, stürzte er sie mit seiner hochmütigen, gekünstelten Darstellung Albens in hilfloses Gelächter, ehe er in einen anderen Leib zu schlüpfen schien, wenn er der ungeschlachte, bärbeißige Zusthra oder der gebückte, greise Rabe wurde.
    Manchmal gesellten sich Korin und Caliel zu ihnen, aber mittlerweile stahlen sich die älteren Jungen häufiger auf eigene Faust in die untere Stadt davon. Am Morgen nach solchen Ausflügen erschienen sie mit blutunterlaufenen Augen und einem überlegenen Grinsen zum Tempellauf und unterhielten die jüngeren Gefährten mit ihren Taten, wenn sie glaubten, Porion könne sie nicht hören.
    Die anderen lauschten mit einer Mischung aus Bewunderung und Neid, aber Ki wurde bald besorgt um Luchs. Jeder wusste, dass er Orneus hoffnungslos verfallen war, aber seinem Herrn stand der Sinn inzwischen nur noch danach, beim Trinken und Zechen mit dem Prinzen mitzuhalten, wofür Orneus auffallend schlecht geeignet war.
    »Ich weiß nicht, was Luchs in diesem Nichtsnutz sieht«, brummte Ki regelmäßig, wenn er beobachtete, wie der Knappe mit traurigem Blick das säuerliche Erbrochene seines Freundes aufwischte oder ihn zurück in ihr Zimmer trug, weil er zu betrunken zum Laufen war.
    »Als er hierher kam, war er nicht so«, vertraute Ruan ihnen an, als sie eines Abends beisammensaßen und in Tobins Haus Hartkäsebrocken über dem Kamin rösteten. Draußen schneite es, und alle fühlten sich wohlig und – ohne die älteren Jungen um sich – erwachsen.
    »Da hast du Recht«, pflichtete Lutha ihm mit dem Mund voll Käse bei. »Das Anwesen meines Vaters liegt in der Nähe jenes seines Vaters, und wir haben uns häufig bei Festen und Feierlichkeiten gesehen, bevor wir zu den Gefährten kamen. Er und Luchs waren wie Brüder, aber dann …« Schulterzuckend errötete er. »Na ja, ihr wisst ja, wie sich das bei manchen entwickelt. Jedenfalls ist Orneus an sich ein feiner Kerl, aber ich glaube, der einzige Grund, weshalb er für die Gefährten ausgewählt wurde, ist der Einfluss seines Vaters am Hof. Herzog Orneus, der Ältere, besitzt ein Anwesen fast so groß wie deines in Atyion.«
    »Falls es mir je vergönnt ist, den Ort zu besuchen, werde ich wissen, was du meinst«, murrte Tobin. Obwohl Orun ihm nun nicht mehr im Weg stand, hatte das schlechte Wetter den Reiseplänen ein vorläufiges Ende bereitet, und Korin schien sein Versprechen vergessen zu haben.
    »So ist das eben«, meinte Nikides. »Ich würde wahrscheinlich auch nicht hier sitzen, wenn ich nicht der einzige Enkelsohn des Großkanzlers wäre.«
    »Aber was dir an Kampfkunst mangelt, machst du an Verstand wett«, erwiderte Lutha, der stets bereit war, seinem Freund den Rücken zu stärken. »Wenn der Rest von uns tapfer auf irgendeinem Schlachtfeld in Stücke gehackt wird, wirst du mit dem Samtfladen deines Großvaters auf dem Kopf hier die Geschicke des Landes für Korin lenken.«
    »Und der arme Luchs wird wahrscheinlich immer noch Orneus an den Steigbügeln festzurren, weil er zu betrunken ist, um zu reiten«, fügte Ki lachend hinzu.
    »Luchs sollte der Herr statt des Knappen sein«, warf Barieus hitzig ein. »Orneus ist nicht würdig, ihm die Stiefel zu schnüren.« Als sich ihm alle zudrehten und ihn anstarrten, beschäftigte er sich hastig mit einer Röstgabel. Der dunkelhäutige, kleine Knappe sprach sonst sehr wenig über irgendjemanden und nie schlecht über einen Gefährten.
    Ki schüttelte den Kopf. »Um Himmels willen, mag denn niemand außer mir Mädchen?«
     
    Tobin verhielt sich während Rabes Unterricht mehrere Wochen lang still. Er verstand nicht immer, wovon der alte Mann redete, aber er lauschte aufmerksam und fragte später bei den älteren Junge nach. Dabei achtete er stets darauf, sich an Korin zu wenden, doch er stellte bald fest, dass Caliel und Nikides mehr wussten. Caliel, der Sohn eines Generals, besaß ein ausgeprägtes Verständnis für Strategien. Nikides hatte das beste Gedächtnis für Geschichte und mehr Bücher als der Rest von ihnen zusammen gelesen. Als Tobin und Ki aufrichtige Wissbegierde über die alten Geschichten zeigten, war es Nikides, der ihnen die königliche Bibliothek vorstellte, die sich im selben Flügel wie der aufgelassene Thronsaal befand.
    Tatsächlich nahm sie beinah den gesamten Trakt ein, Raum um Raum, der auf die östlichen Gärten wies.

Weitere Kostenlose Bücher