Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
mich in Windeseile hineinschleichen und wieder zurück sein. Vielleicht gelingt es mir sogar, mit ihm zu reden. Sag einfach ja, Korin. Ich breche noch heute Nacht auf.«
Korin entwand ihm seine Hand. »Nein! Ich kann dich nicht entbehren.«
»Wovon entbehren? Dir dabei zuzusehen, wie du dich zu Tode säufst?«
»Nimm dich in Acht, Caliel«, knurrte Korin.
»Dann eben Lutha …«
»Nein! Keiner der Gefährten.« Etwas, das stark an Angst erinnerte, blitzte in Korins rot geränderten Augen auf. »Verdammt, Caliel, warum kämpfst du andauernd gegen mich? Früher warst du mein Freund!«
»Und du hast früher gewusst, wer deine Freunde sind!« Caliel stand auf und wich zurück, die Fäuste hilflos an den Seiten geballt. »Bei Bilairys Hintern, Korin, ich kann nicht einfach danebenstehen und mit ansehen, wie du …«
»Raus!«, brüllte Korin und rappelte sich schwerfällig auf die Beine.
»Erst, wenn ich dir Vernunft eingebläut habe!«
»Ich sagte, raus!« Korin ergriff den Kelch und schleuderte ihn auf Caliel. Er traf ihn im Gesicht und hinterließ eine Platzwunde auf der Wange. Die Weinreste brannten in der offenen Verletzung.
Bestürzt schweigend starrten die beiden jungen Männer einander an, und Caliel stellte fest, dass Korins Hand auf dem Schwertgriff ruhte.
Langsam wischte er sich mit dem Handrücken über die Wange, der sich blutig von seinem Gesicht löste. Er streckte Korin die Hand entgegen. »So weit ist es jetzt schon gekommen? Du kannst mir nicht einmal einen ehrlichen Schlag verpassen?«
Einen Augenblick war Caliel sicher, Korin würde jenes verschämte Grinsen aufsetzen, mit dem er jeden für sich einnahm und durch das ihm Caliel stets alles hatte verzeihen können. Mehr hatte es nie bedurft, und nun sehnte er sich danach, ihm zu vergeben.
Stattdessen kehrte Korin ihm den Rücken zu. »Die Dinge haben sich geändert. Ich bin dein König, und du wirst mir gehorchen. Gute Nacht.«
Die barsche Entlassung schmerzte weit schlimmer als die Wunde. »Wir durchleben harte Tage«, sagte er leise. »Im Augenblick ist die Welt aus den Fugen geraten. Aber denk immer daran: Ich bin dein Freund. In meinem Herzen ist dieselbe Liebe für dich, die ich immer empfunden habe. Wenn du das nicht erkennst, dann tust du mir leid. Ich werde nicht aufhören, dein Freund zu sein, ganz gleich, was für einen Affen du aus dir machst!« Er musste aufhören und sich zwingen, den Klumpen der Verbitterung hinunterzuschlucken, der in ihm aufstieg und ihn zu ersticken drohte. »Schlaf heute Nacht auf dem Bauch, Korin. Du bist betrunkener, als du glaubst.«
Damit stapfte er hinaus, schlug die Tür hinter sich zu und ging zurück zu seinem Zimmer, wo er den von Wein besudelten Mantel von sich schleuderte und auf dem kahlen Boden auf- und ablief.
Ich bin dein Freund, verdammt! Was kann ich für dich tun? Wie kann ich dir helfen?
Da er zu aufgewühlt war, um zu schlafen, und sich nach Gesellschaft sehnte, spielte er mit dem Gedanken, Luthas Kammer aufzusuchen. Was sagte es aus, überlegte er missmutig, dass die jüngsten Gefährten Caliels einzige Vertraute verkörperten? Die letzten ehrlichen Männer.
»Nein, nicht die Letzten«, murmelte er.
Porions Zimmer befand sich im Untergeschoss der Feste in der Nähe des Wachraums. Während sich Caliel den Weg durch die von Fackeln erhellten Gänge bahnte, fiel sein Blick erneut auf den goldenen Falkenring an seinem Zeigefinger. Traurig betrachtete er ihn und rief sich Tobins scheues Lächeln an dem Tag in Erinnerung, als er ihn Caliel gegeben hatte. Es war ein Geschenk für all die Zeit gewesen, die Caliel und ihr Freund Arengil damit verbracht hatten, ihm das Falknern beizubringen. Tobin war gut im Umgang mit den Vögeln, geduldig und freundlich. So verhielt er sich bei allem. Früher jedenfalls. Caliel brachte es immer noch nicht über sich, den Ring abzulegen.
Porion öffnete die Tür in Hemdsärmeln und zog eine Augenbraue hoch, als er Caliels blutige Wange erblickte. Er bedeutete dem Jungen, auf dem einzigen Stuhl des schlichten Raums Platz zu nehmen.
»Was ist mit deinem Gesicht geschehen?«, fragte er und setzte sich auf das schmale Bett.
Caliel tupfte die Platzwunde mit dem Ärmel ab. »Nichts. Ich muss mit Euch reden.«
»Über König Korin?«
»Ja.«
Porion seufzte. »Ich dachte mir schon, dass du früher oder später zu mir kommen würdest. Sprich frei heraus, Junge.«
Unwillkürlich lächelte Caliel. Für ihren alten Schwertmeister würden die Gefährten immer
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