Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
dieser Junge«, meinte Mahti anerkennend. »Er wird ein starker Orëskiri werden, wenn es dir gelingt, die Furcht in ihm zu heilen. Er ist tief in seinem Inneren verletzt worden.«
»Das widerfährt Kindern oft, die mit der Gabe in Armut oder Unwissenheit hineingeboren werden. Allerdings spricht er kaum von seiner Vergangenheit, und der Zauberer, der ihn vor mir hatte, scheint nicht viel über ihn zu wissen.«
»Du bist gut zu ihm. Er liebt dich wie einen Vater.«
Arkoniel lächelte. »So ist es zwischen einem Meister und einem Lehrling am besten. Er ist ein sehr guter Junge.«
Mahti ließ sich den beiden gegenüber auf dem Boden nieder und legte sich sein Oo’lu über die Knie. »Ich sah dich in einer meiner Visionen, Arkoniel. Lhel hat dich im Leben geliebt und tut es immer noch. Sie hat viel von ihrer Magie mit dir geteilt, also muss sie dir auch vertraut haben.«
»Das möchte ich gerne glauben.«
»Widerspricht es nicht den Gepflogenheiten deines Volkes, unsere Magie einzusetzen?«
»Es gibt viele, die das sagen, aber meine Lehrmeisterin und ich sahen es anders. Iya hat Lhel eigens deshalb aufgesucht, weil sie wusste, wie man die Art von Bindungszauber wirkt, die Tamír schützen würde. Ich erinnere mich noch daran, dass Lhel nicht überrascht über unseren Besuch war, als wir sie fanden. Auch sie sagte, sie hätte uns in einer Vision gesehen.«
»Ja. Allerdings war ihre Art, das Mädchen zu verbergen, etwas unsanft. Wusste deine Meisterin, dass der Tod des Knaben dafür erforderlich sein würde?«
»Es waren verzweifelte Zeiten, und sie sah keine andere Möglichkeit. Lhel war gut zu Tamír. Sie hat lange Zeit ohne unser Wissen über sie gewacht.«
»Sie war einsam, bis du in ihr Bett gekommen bist. Aber du konntest ihren Bauch nicht füllen.«
»Wäre es möglich gewesen, hätte ich es mit Freuden für sie getan. Bei eurem Volk ist das anders, nicht wahr?«
Mahti kicherte. »Ich habe viele Kinder, und sie werden alle Hexen und Hexer. So sorgen wir dafür, dass unser Volk in den Bergen stark bleibt. Und wir müssen sehr stark sein, um zu überleben, nachdem wir von den Südländern vertrieben wurden.«
»Sie fürchten deinesgleichen und eure Magie. Weder unsere Zauberer noch unsere Priester können so mühelos töten wie ihr.«
»Oder heilen«, ergänzte Mahti.
»Warum bist du hier? Um Lhels Werk zu vollenden?«
»Die Mutter hat mich für eine lange Reise gekennzeichnet.« Er strich mit den Fingern über sein Oo’lu hinab zu dem handförmigen Abdruck in der Nähe des Endes. »Die erste Vision meiner Reise waren Lhel, die bei dem Mädchen stand, und du. Das war im Viertel der Schneeschmelze, und seither bin ich auf Wanderschaft, um euch zu finden.«
»Ich verstehe. Aber warum will deine Göttin, dass ihre Hexen und Hexer uns helfen?«
Mahti bedachte ihn mit einem schiefen Lächeln. »Viele Jahre lang hat dein Volk das meine wie Vieh behandelt, uns gejagt und von unseren geheiligten Stätten am Meer vertrieben. Auch ich habe die Mutter oft gefragt: ›Warum sollen wir unseren Unterdrückern helfen?‹ Ihre Antwort sind dieses Mädchen und vielleicht du selbst. Ihr beide habt Lhel geachtet und wart ihre Freunde. Tamír, die ein Junge war, hat mich mit offenen Armen begrüßt und mich willkommen geheißen, obwohl ich sah, dass andere in diesem großen Haus Zeichen vor der Brust schlugen und auf den Boden spuckten, wenn sie mich erblickten. Eure Königin könnte bewirken, dass ihr Volk die Retha'noi besser behandelt.«
»Ich glaube, das wird sie, sofern es in ihrer Macht steht. Sie besitzt ein freundliches Herz und sehnt sich nach Frieden.«
»Und du? Du bedienst dich unserer Magie und bezeichnest sie nicht als Totenbeschwörerei. Dieser Junge oben irrt sich. Ich weiß, was Totenbeschwörerei ist – unreine Magie. Die Retha'noi sind kein unreines Volk.«
»Das hat Lhel mir beigebracht.« Es beschämte ihn immer noch, wie sehr er die Frau anfangs unterschätzt hatte. »Aber für die meisten Skalaner ist es schwierig, den Unterschied wahrzunehmen. Auch ihr verwendet Blut, um über die Toten zu gebieten.«
»Du kannst andere die Wahrheit lehren. Ich helfe dir dabei, wenn du sie davon abhältst, mich zuvor zu töten.«
»Ich will es gerne versuchen. Nun zu dem, was du über Tamír gesagt hast: Kannst du ihren dämonischen Zwilling vertreiben?«
Mahti zuckte mit den Schultern. »Es war nicht meine Magie, die ihn erschaffen hat, und er ist mehr als bloß ein Geist. Es ist schwierig, Magie an
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