Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
dass ihn Sorgen und Zweifel zum Verzagen brachten, und er hatte sich zu sehr auf Niryn verlassen. Sein Körper war nach wie vor gestählt, sein Schwertarm kräftig, doch sein Geist war mangels Verwendung schwach geworden. Die vergangenen Monate kamen ihm sehr düster vor, als hätte die Sonne nie auf die Festung herabgeschienen.
Er drehte sich im Sattel herum und ließ die Augen über Tausende Männer hinter ihm wandern.
»Das ist ein kühner Anblick, nicht wahr?«, meinte er zu Meister Porion und den anderen, während er stolz die Ränge der Reiterei und Fußsoldaten betrachtete.
Dank Herzog Wethring und Fürst Nevus war beinahe jeder Adelige zwischen Cirna und Ilear entweder bei ihm, tot oder zur Hinrichtung verurteilt worden. Letzterer würde er sich annehmen, sobald er sich um Tobin gekümmert und Atyion eingenommen hatte.
Tobin. Korins Hände verkrampften sich um die Zügel. Es war längst überfällig, Tobin ein für alle Mal den Garaus zu machen.
Korin betrachtete sich in der eigenen Vorstellung als zu ehrenhaft, um die Eifersucht zu erkennen, die sich hinter seiner Wut verbarg – ein verbitterter, zermürbender, unterschwelliger Groll, genährt von der Erinnerung an seine eigenen Schwächen, die im Vergleich zur natürlichen Tapferkeit seines kleinen Vetters umso krasser wirkten. Nein, er würde sich nicht gestatten, darüber nachzudenken. Er hatte diese Tage als Fehltritte seiner Jugend hinter sich gelassen. Diesmal würde er nicht versagen.
Sie ließen die Landenge hinter sich und schwenkten nach Norden und Osten gen Colath. Regenfälle setzten ein, dennoch blieb die Moral der Truppen und der Gefährten gut. In wenigen Tagen würde Atyion in Sicht geraten, und all die Herrlichkeiten, die es dort gab – prächtige Pferde, gefüllte Kornspeicher und die üppigen Schatzkammern – wären in Reichweite.
Bisher hatte er seinen Fürsten wenig mehr als Versprechen zu bieten gehabt; nun steuerten sie auf reiche Kriegsbeute zu. Er würde Atyion dem Erdboden gleichmachen und die reichen Schätze des Ortes verwenden, um Ero in noch größerer Pracht wieder aufzubauen.
An jenem Nachmittag jedoch kam einer seiner Kundschafter auf einem schwitzenden Pferd in vollem Galopp zurückgeritten, dicht gefolgt von einem weiteren Reiter.
»Boraeus, nicht wahr?«, sagte Korin, der ihn als einen von Niryns wichtigsten Spitzeln erkannte.
»Majestät, ich bringe Kunde über Prinz Tobin. Er ist auf dem Marsch!«
»Wie viele Mann sind bei ihm?«
»Vielleicht fünftausend, ich bin nicht sicher. Aber er kommt nicht die Küste entlang. Er hat Euch eine weitere Streitkraft unter dem Befehl von Fürst Tharin entgegengeschickt …«
»Tharin?«, murmelte Porion und runzelte die Stirn.
Alben kicherte. »Also schickt uns Tobin sein Kindermädchen. Offenbar hat er endlich gelernt, sich selbst die Nase zu putzen.«
»Tharin hat bei den Gefährten Eures Vaters gedient, Majestät«, erinnerte Porion den jungen König und schleuderte Alben einen warnenden Blick zu. »Er war Herzog Rhius’ tapferster Hauptmann. Es wäre nicht gut, ihn zu unterschätzen.«
»Es ist ein Scheinangriff, Majestät«, erklärte der Spitzel. »Der Prinz hat einen geheimen Pfad durch die Berge eingeschlagen, um Euch aus dem Westen in den Rücken zu fallen.«
»Das werden wir ja sehen«, knurrte Korin.
Er ließ den Tross anhalten, rief seine übrigen Generäle zu sich und ließ den Boten die Neuigkeiten vor ihnen wiederholen.
»Das ist ja hervorragend! Wir werden über diese kümmerliche vorgerückte Streitkraft hinwegrollen wie eine Sturmflut und nehmen die Ortschaft in Eurem Namen ein, Majestät!«, rief Nevus, erpicht darauf, den Tod seines Vaters zu vergelten.
Korin sah sich um und erkannte denselben hungrigen, begierigen Schimmer in allen Augen. In Gedanken zählten die Adeligen bereits die Kriegsbeute.
Korin wurde innerlich von einer tiefen Stille erfüllt, während er ihren Wortmeldungen lauschte, und seine Gedanken wurden immer klarer. »Fürst Nevus, Ihr nehmt fünf Kompanien der Reiterei und zieht der östlichen Streitkraft entgegen. Treibt sie zwischen Herzog Monis´ Truppen und reibt sie auf. Bringt mir Fürst Tharin oder seinen Kopf.«
»Majestät?«
»Atyion ist nichts.« Korin zog das Schwert Ghërilains und streckte es empor. »Es kann nur einen Herrscher von Skala geben, und das ist derjenige, der dieses Schwert hält! Gebt den Befehl weiter – wir marschieren nach Westen, um Prinz Tobin und seine Armee auszulöschen.«
»Ihr
Weitere Kostenlose Bücher