Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
fest, dass der Wurzelstock siech war. Ariani war äußerst hübsch und klug, doch die unheilbare Krankheit steckte bereits in ihr. Sie würde dasselbe Schicksal erleiden wie ihre Mutter, und obendrein früher. Dadurch wäre es vielleicht noch einfacher geworden, sie zu beeinflussen, aber die Menschen hatten den Wahnsinn ihrer Mutter noch in düsterer Erinnerung. Nein, mit Ariani würde es nicht gehen.
Nach dieser Erkenntnis begann er, sich in Erius’ Hof einzuschleichen. Der junge König hieß gerne Zauberer bei seinen Festen willkommen.
Erius war aus stärkerem Holz geschnitzt als seine Schwester. Der gut aussehende, lebensstrotzende junge Mann besaß einen kräftigen Körper und wachen Verstand und hatte durch eine Reihe beeindruckender Siege gegen die Plenimarer bereits die Herzen der Menschen für sich gewonnen. Die Skalaner, die des Krieges ebenso überdrüssig waren wie des königlichen Wahnsinns, wandten sich von den angestaubten Prophezeiungen ab und schenkten dem Murren der Anhänger Illiors keine Beachtung. Erius wurde geliebt.
Zum Glück für Niryn barg auch der König einen Hauch der Schwäche seiner Mutter in sich, allerdings gerade genug, um ihn formbar zu gestalten. Niryn stutzte und beschnitt den bildsamen Verstand des jungen Königs wie einst die Spalierobstbäume seines Vaters, verbog ihn zu den Mustern, die sich am besten für seine Zwecke eigneten. Der Vorgang erforderte Zeit und Geduld, doch Niryn hatte von beidem reichlich.
Niryn wartete den rechten Zeitpunkt ab, suchte indes andere Zauberer, die er benutzen konnte, und bildete die Spürhunde samt deren Garde, die vorgeblich dem König dienen sollten. Niryn wählte dabei sorgfältig und nahm nur jene auf, deren er sich sicher sein konnte.
Bei Erius bereitete er den Boden, brachte all jene in Verruf, die ihm im Weg standen, insbesondere Anhänger Illiors, und beschwatzte den König behutsam dazu, alle weiblichen Erben des Bluts zu töten, die seinen Halt am Thron herausfordern könnten.
Wie Niryn vorausgesehen hatte, wurde Erius umso formbarer, je unsteter sein Geist wurde, allerdings gab es immer unvorhersehbare Ereignisse, deren man sich annehmen musste. Erius hatte fünf Kinder, und die älteste Tochter war äußerst vielversprechend gewesen, doch die Pest hatte den Haushalt befallen und alle Kinder bis auf eines dahingerafft, das jüngste, einen Jungen. Korin.
Damals hatte Niryn eine Vision von einer jungen Königin, einer Königin seiner Wahl, die zur vollkommenen Rose seines Gartens werden würde. Obendrein handelte es sich um eine wahre Vision, die ihn in einem Traum ereilte. Wie viele Zauberer zollte er ihrer Schutzgottheit, dem Lichtträger, wenig mehr als Lippenbekenntnisse. Opfergaben und der berauschende geheiligte Rauch der Tempel hatten nichts mit ihrer Magie zu tun. Die Macht der Zauberer ging mit dem Blut ihrer Geburt einher, eine dünne Verbindung zurück zu einem unbekannten Aurënfaie-Wanderer, der sich mit irgendeiner Urahnin vereinigt und so das unberechenbare Auftreten von Magie in ihre Erblinie gepflanzt hatte. Nichtsdestotrotz ertappte er sich dabei, ein seltenes Gebet des Dankes zu entbieten, als er aus jenem Traum erwachte. Das Gesicht des Mädchens hatte er nicht gesehen, doch für ihn stand zweifelsfrei fest, dass ihm die künftige Königin gezeigt worden war, die das Land unter seinem sorgsamen Geleit zu neuer Blüte führen würde.
Prinz Korin wäre nicht der Knabe gewesen, von dem Niryn seine künftige Königin hätte zeugen lassen wollen. Neben ihm hatte es auch Mädchen mit Anspruch auf den Thron gegeben, und ein Mädchen hätte Niryns Aufgabe erleichtert, zumal so die Zweifler wieder ihre Königin und ihre Prophezeiung bekommen hätten. Selbst Niryn konnte die Jahre voll Hungersnöten und Seuchen nicht von der Hand weisen, die Erius’ Herrschaft überschatteten. Ein Mädchen wäre am besten gewesen, doch wie jeder gute Gärtner musste Niryn mit jenen Trieben arbeiten, die reiften.
Etwa um diese Zeit fand er Nalia. Er war mit seinen Spürhunden aufgebrochen, um ihre Mutter zu beseitigen, eine entfernte Landbase der Königin mit königlichem Blut in den Adern, und ihre beiden Säuglinge. Eines der Mädchen war ansehnlich gewesen wie der Vater. Das andere hatte die Verunstaltung der Mutter geerbt. Über dem gezeichneten Kind ließ etwas, das einer Vision ähnelte, Niryns Hand innehalten; dies war der nächste Sämling für seinen Garten. Sie würde eigene Töchter gebären, wenn man sie leben ließe und
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