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Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin

Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin

Titel: Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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bekommen, was Zauberei ist, und es hat dir gefallen, nicht wahr?«
    Niryn war nicht sicher, ob das stimmte. Eigentlich hatte es ihn verängstigt, aber unter dem wissenden Blick des Fremden spürte er abermals jenes Kribbeln, obwohl der Mann die Hand zurückgezogen hatte. »Hat Euch jemand gesagt, was geschehen ist?«
    »Zauberer haben ein Ohr für Gerüchte, Junge. Ich warte seit vielen Jahren auf ein Kind wie dich.«
    Niryns geschundenes, ausgedorrtes junges Herz schwoll an. Nichts, was er je erfahren hatte, war je einem Lob so nahe gekommen, außer bei einer Gelegenheit; er hatte nie vergessen, wie ihn Königin Agnalain an jenem Tag angesehen und gemeint hatte, er würde einst Großes vollbringen. Sie hatte etwas in ihm gesehen, und dieser Zauberer tat es auch, während alle anderen ihn wie einen tollwütigen Hund verstoßen wollten.
    »O ja, ich sehe es in diesen Augen«, murmelte der Zauberer. »Du besitzt Verstand und auch Wut. Dir wird gefallen, was ich dir beibringen kann.«
    »Was?«, platzte Niryn hervor.
    Die Augen des Greises verengten sich, aber er lächelte ungebrochen. »Macht, mein Junge. Wie man sie nutzt und wie man sie ergreift.«
    Er blieb, bis Niryns Eltern nach Hause kamen, dann unterbreitete er ihnen sein Angebot. Sie übergaben Niryn dem Greis und nahmen dafür einen Beutel mit Münzen entgegen, ohne sich nach seinem Namen oder danach zu erkundigen, wohin er ihr einziges Kind brachte.
    Niryn fühlte dabei nichts. Keinen Schmerz. Keinen Kummer. Er betrachtete die beiden, die im Vergleich zu dem alten Mann in seinen Roben so schäbig wirkten, und sah, dass sie den Fremden fürchteten, es jedoch nicht zu zeigen wagten. Vermutlich wären sie auch in diesem Augenblick am liebsten unsichtbar gewesen. Niryn nicht. Er hatte sich nie sichtbarer für die Welt gefühlt als in jener Nacht, während er an der Seite seines neuen Meisters für immer von zu Hause wegging.
     
    Meister Kandin behielt Recht, was Niryn anging. Die Begabung, die in ihm geschlummert hatte, glich einem von Asche bedeckten Bett glühender Kohlen. Alles, was es brauchte, war ein wenig Schüren, und schon loderten sie mit einer Heftigkeit, die selbst seinen Lehrmeister überraschte. Kandin fand in Niryn einen gelehrigen Schüler und verwandten Geist. Sie wussten beide, was Ehrgeiz war, und Niryn stellte fest, dass ihm daran nicht mangelte.
    Die Jahre seiner Lehre hindurch vergaß er nie seine Zeit im Palast. Er vergaß nie, wie es sich anfühlte, in den Augen anderer ein Nichts zu sein, oder wie die alte Königin mit ihm gesprochen hatte. Diese beiden Erinnerungen vereinten sich im Schmelztiegel seines Ehrgeizes. Kandin wetzte ihn wie eine Klinge, und als sein Lehrmeister fertig mit ihm war, fühlte sich Niryn bereit, an den Hof zurückzukehren und sich dort einen Platz zu sichern. Auch das, was er in seiner Kindheit gelernt hatte, vergaß er nie. Er wusste immer noch, wie man jenen gegenüber unsichtbar erschien, vor denen er seine Macht und seine Absichten zu verbergen wünschte.
    Seine Gelegenheit bei Königin Agnalain hatte er verpasst. Erius hatte seine Mutter aus dem Weg geräumt, bevor sich Niryn am Hof einnisten konnte, und er hatte den Platz auf dem Thron an sich gerissen, der rechtmäßig seiner jungen Schwester zustand.
    Niryn, mittlerweile ein geachteter junger Zauberer und getreuer Skalaner, brach eines Tages auf, um dem Mädchen seine Aufwartung in dem hübschen kleinen Haus zu machen, in dem ihr Bruder sie auf dem Palastgelände untergebracht hatte. Von Rechts wegen hätte sie Königin sein sollen, und in der Stadt brodelte bereits Gemunkel über Prophezeiungen und den Willen Illiors. Niryn hielt nichts von Priestern, die er lediglich als geschickte Scharlatane betrachtete, doch er war nicht darüber erhaben, sich ihr Spiel für seine eigenen Zwecke zunutze zu machen. Eine Königin wäre am besten.
    Damals fiel ihm wieder ein, was er zwischen den Rosen- und anderen Blumenbeeten gelernt hatte. Die königliche Familie glich in gewisser Weise einem Garten, der entsprechend gepflegt werden musste.
    Ariani, das Kind eines der zahlreichen Geliebten ihrer Mutter, bildete den Wurzelstock des Thrones. Als einzige Tochter der Königin besaß sie einen starken Anspruch, vermutlich stark genug, um ihren Bruder zu stürzen, sobald sie alt genug wäre und wenn man sie sorgsam darauf vorbereitete und dabei unterstützte. Niryn hegte keine Zweifel, dass es ihm gelingen würde, Rückhalt für sie aufzubauen. Bedauerlicherweise stellte er

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