Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
noch Kinder, er hingegen war mittlerweile ein erwachsener Mann.
In einem Alter, in dem man an Vermählung denkt.
Seit der Nacht der Siegesfeier schlief er wieder auf seiner Pritsche im Ankleideraum, als wäre nichts zwischen ihnen geschehen. Vielleicht ist dem auch so, dachte sie traurig.
Sie trank mehr Wein als üblich und erwachte am nächsten Morgen mit einem schweren Kopf. Als der Tross nach Atyion aufbrach, sah sie, dass die meisten anderen in der heißen Sonne blinzelten und sich gequält krümmten.
Ki wirkte frischer als sie alle. »Geht es dir nicht gut?«, hänselte er sie und grinste über den düsteren Blick, mit dem sie ihn bedachte.
Tamír ritt mit ihren Gefährten und Zauberern los. Um eindrucksvoller zu wirken, trug sie unter dem Brustpanzer und Schwertgurt ein Reitkleid.
Draußen füllte der mächtige Tross die Straße aus. Banner und Rüstungen zeichneten sich schimmernd im Sonnenlicht ab. Gepäckwagen und Fußsoldaten bildeten die Nachhut. An diesem Tag marschierten nicht nur Krieger in der Kolonne. Illardi, Iya und Nikides hatten Wochen damit verbracht, die verbliebenen Schriftgelehrten und Amtsträger aufzuspüren, die an Erius’ Hof gedient hatten, um ihre Gefolgstreue auf die Probe zu stellen. Die meisten verpflichteten sich der neuen Königin mit Freuden, manche aus Achtung davor, wer sie war und was sie verkörperte, andere in der Hoffnung, ihre Stellung am Hof zu bewahren.
Fast vierzig von ihnen reisten nun mit dem Gepäckzug: Schriftgelehrte, Kammerherren, Dokumentverwahrer, Lakaien und Vogte. Sie stellten praktisch einen vorgefertigten Hof dar. Die Menschenmenge, die sich entlang der Straße zur Verabschiedung einfand, war kleiner und wirkte bedrückter als noch vor einigen Tagen. Die Stimmung war beinah missmutig.
»Verlasst uns nicht, Majestät!«, riefen die Leute. »Gebt Ero nicht auf!«
Arkoniel, der mit den anderen Zauberern unmittelbar hinter Tamír ritt, konnte spüren, dass die Worte sie schmerzten. Sie war jung und sehnte sich nach der Liebe ihres Volkes.
Als sie eine Weile unterwegs waren, ritt Arkoniel zum hinteren Ende der Kolonne, um nach seinen jüngeren Mündeln zu sehen. Sie bestritten die lange Reise in einem Wagen. Es war ein großes, gemütliches Gefährt mit einer Segeltuchplane und einem Bett mit weichem Stroh für die Kinder. Ethni war enttäuscht darüber gewesen, bei den Jüngeren bleiben zu müssen, und hatte darauf bestanden, zumindest die Zügel zu übernehmen. Wythnir saß auf dem Kutschbock neben ihr und winkte, als sich Arkoniel ihnen nährte.
Um den Wagen hatte sich eine Schar von Fußsoldaten eingefunden und ließ sich von den kleinen Zaubern fesseln, die ihnen die Kinder vorführten. Sie nickten Arkoniel respektvoll zu und machten Platz für ihn, damit er neben dem Wagen reiten konnte. Seit der jüngsten Schlacht wurde den Zauberern von den gemeinen Soldaten mehr Wohlwollen entgegengebracht. Die Kinder erhoben sich und drängten sich an den Rand des Gefährts, als er sich näherte.
»Wie ergeht es euch bisher?«, fragte er.
»Ich muss pinkeln«, verkündete Danil.
»Er war schon zweimal, seit wir aufgebrochen sind«, sagte Rala und verdrehte die Augen.
»Das müsst ihr schon selbst klären«, gab Arkoniel zurück. »Und wie geht es dir?«, wollte er von Wythnir wissen.
Der Junge zuckte nur mit den Schultern.
»Na komm, was ist denn los?«, bohrte Arkoniel nach, ahnte die Antwort jedoch bereits.
»Nichts«, murmelte das Kind.
»Aus deinem langen Gesicht spricht aber etwas anderes.«
Wythnir senkte den Kopf und murmelte: »Ich dachte, du seist wieder weggegangen. Wie früher.«
»Du meinst, als ich dich in den Bergen gelassen habe?«
Ethni hatte ihm berichtet, wie aufgebracht der Junge gewesen war, aber damals hatte es sich nicht vermeiden lassen. Er musste lernen, dass Arkoniels Pflichten gegenüber Tamír immer an erster Stelle kommen würden.
Dennoch bemühte er sich bestmöglich, es wieder gutzumachen. Arkoniel konnte nur mutmaßen, was für ein Leben das Kind gehabt haben mochte, bevor es als Ausgleich für eine Schuld in Kaulins Obhut gelangt war. Soweit Arkoniel wusste, war der Zauberer nicht grausam zu ihm gewesen, allerdings hatte er ihn auch kaum besser behandelt als einen nützlichen Hund, bevor er ihn an Arkoniel übergab.
Arkoniel verlagerte den Beutel, der von seinem Sattelknauf hing, streckte die Hand aus und hob den kleinen Jungen herüber, um ihn vor sich auf das Pferd zu setzen.
»Siehst du, diesmal nehme ich
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