Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
dich mit in die große Stadt, von der ich dir erzählt habe«, sagte er und schlang einen Arm um Wythnirs Mitte. »Wir werden jetzt alle in einem Schloss leben.«
»Fürst Nyanis sagt, dort gibt es jede Menge Katzen«, meldete sich Rala aus dem Wagen zu Wort. »Wird Königin Tamír uns mit ihnen spielen lassen?«
Arkoniel kicherte. »Die Katzen Atyions bestimmen über sich selbst und spielen, mit wem sie möchten.«
»Wirst du dort bei uns bleiben, Meister?«, fragte Wythnir.
»Selbstverständlich. Es sei denn, die Königin braucht mich, um ihr zu helfen, wie bei der jüngsten Schlacht. Aber auch von dort bin ich zurückgekommen, oder?«
Wythnir nickte. »Ja. Dieses Mal.«
Die Sonne schien, und die mächtigen Doppeltürme des Schlosses schimmerten weiß vor dem blauen Himmel, als Atyion einige Tage später in Sicht geriet.
»Wenigstens hat man diesmal deine Farben gehisst«, stellte Ki fest.
Banner wehten an den Turmspitzen sowie an Mauern und Dächern im Ort darunter, als wäre es eine Festwoche.
Lytia und eine Heerschar von Bediensteten kamen herbeigeritten, um sie ein Stück außerhalb der Mauern des Ortes zu begrüßen. Die grauhaarige Verwalterin zügelte ihren Zelter neben Tamírs Pferd. »Willkommen daheim, Majestät! Euer Schloss ist in gutem Zustand, und ein Festmahl ist für heute Abend vorbereitet. Ich habe zweihundert Gäste vorausgeschätzt. Ist das annehmbar?«
»Ja, das ist wunderbar«, erwiderte Tamír, wie immer erstaunt über die Tüchtigkeit der Frau. »Wie üblich habt Ihr Euch gut um meinen Besitz gekümmert, und Ihr habt vortreffliche Arbeit bei der Versorgung von Ero geleistet. Ich hoffe, es war keine allzu große Bürde für mein Volk hier.«
»Atyion ist in jeder Hinsicht reich«, versicherte Lytia ihr. »Die Menschen hier haben von allem im Überfluss, und es war ihnen eine Ehre, mit ihren weniger glücklichen Landsleuten im armen Ero zu teilen. Ist es wahr, dass Ihr die Stadt niederbrennen werdet?«
»Es muss getan werden.«
Lytia nickte, doch Tamír sah, dass ihr Blick über ihre eigene, prächtige Ortschaft wanderte, als versuchte sie, sich ein solches Unheil hier vorzustellen. Als Verwalterin herrschte sie in Abwesenheit der Besitzer. Laut Tharin diente seine Familie jener Tamírs, so lange man zurückdenken konnte. Seine Tante nahm ihre Pflichten ernst und liebte sowohl die Ortschaft als auch das Schloss, als gehörten sie wahrhaftig ihr.
Die Bewohner strömten herbei, hießen sie auf der Straße willkommen. Hinter den Weinhügeln wurde auf dem Gelände, das Tamír den Überlebenden aus Ero gewidmet hatte, ein Viertel aus neuen Häusern aus Holz und Stein errichtet.
»Wie ich sehe, war man hier fleißig.«
»Bislang haben wir über eintausend Menschen untergebracht, Majestät. Sie haben das Dorf Euch zu Ehren ›Königinsgnaden‹ getauft.«
Darüber lächelte Tamír, doch als sie sich den Schlosstoren näherten, erwartete sie ein schauriger Anblick. Die bemitleidenswerten Überreste von Herzog Solari hingen nach wie vor von den Zinnen, mittlerweile nur noch einige geschwärzte Fleischfetzen und Knochen in ausgebleichter gelber Seide. »Warum wurde er noch nicht heruntergeholt?«, verlangte Tamír zu erfahren. Fürst Nyanis, der neben ihr ritt, erbleichte beim Anblick seines einstigen Freundes.
»Er war ein Verräter und wird wie ein solcher behandelt«, gab Lytia zurück. »Es ist ein Brauchtum, den Körper den Vögeln zu überlassen, als Warnung für andere.«
Tamír nickte grimmig, aber der Anblick schmerzte sie. Zum Ende hin mochte er ein Verräter geworden sein, doch sie hatte ihn ihr Leben lang gekannt. »Was ist mit Fürstin Savia und den Kindern?«
»Sie sind auf ihr Anwesen zurückgekehrt. Der älteste Sohn allerdings, Nevus, hat die Reste der Streitkräfte seines Vaters um sich geschart und sich Korin angeschlossen. Ich habe von Fürstin Savia persönlich erfahren, dass er vorhat, den Tod seines Vaters an Euch zu rächen.«
»Was werdet Ihr mit ihnen machen?«, fragte Nyanis.
Tamír seufzte. »Wenn Fürstin Savia mir Gefolgstreue schwört, kann sie ihren Landbesitz behalten.«
»Ich würde nicht zu arglos sein«, warnte Tharin. »Ihr Gemahl war ein Überläufer und eine Schlange. Sie hat keinen Grund, dir wohlgesonnen zu sein.«
»Ich denke, darum kümmere ich mich später. Wenn ihr Sohn die Streitkräfte der Ländereien bei sich hat, stellt sie keine unmittelbare Bedrohung dar, richtig?«
Auf der Wiese zwischen den Umfassungsmauern tummelten
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