Tamuli 2 - Das leuchtende Volk
sich auf Grund unseres Bündnisses mit Anakha bereiterklärt hat, den Ihr Sperber von Elenien nennt. Fürchtet mich nicht, Sarabian, denn ich bin hier, um zu dienen und nicht, um zu vernichten.«
Mirtai, die kreidebleich geworden war, stellte sich entschlossen vor ihre Herrin und zog ihr Schwert. »Lauft, Ehlana!« sagte sie grimmig. »Ich werde sie aufhalten.«
»Das ist nicht nötig, Mirtai von Atan«, versicherte Xanetia ihr. »Wie ich schon sagte, wird niemand in diesem Raum Schaden durch mich nehmen. Steckt Euer Schwert ein.«
»Verfluchte, ich werde Euer abscheuliches Herz als Scheide dafür benutzen!« Mirtai hob die Klinge – und schien im selben Augenblick von einem gewaltigen Hieb getroffen zu werden. Sie taumelte rückwärts und stürzte zu Boden.
Kring und Engessa sprangen sofort herbei und langten nach ihren Waffen.
»Ich will ihnen nicht weh tun, Anakha«, warnte Xanetia, »aber ich muß mich schützen, damit ich die Bedingungen des Bündnisses zwischen Euch und meinem Volk erfüllen kann.«
»Laßt die Klingen stecken!« befahl Vanion heftig. »Die Dame ist auf unserer Seite!«
»Aber…«, protestierte Kring.
» Ich sagte, laßt die Klingen stecken! « brüllte Vanion mit Donnerstimme, und Kring sowie Engessa hielten mitten im Schritt inne.
Doch Sperber bemerkte eine weitere Gefahr. Danae näherte sich der Delphae mit finsterem Blick und hartem Gesicht. »Ah, da bist du ja, Danae«, sagte er und bewegte sich schneller, als sein gleichmütiger Tonfall hätte vermuten lassen. Er fing die rachsüchtige kleine Prinzessin ab. »Willst du deinem armen alten Vater nicht einen Kuß geben?« Er riß sie auf die Arme und erstickte ihren beabsichtigten empörten Wortschwall, indem er seine Lippen fest auf die ihren drückte.
Sie stieß seinen Kopf zurück. »Laß mich runter, Sperber!« rief sie laut.
»Nicht, ehe du dein Temperament gezügelt hast«, entgegnete er.
»Sie hat Mirtai weh getan!«
»Das hat sie nicht! Mirtai versteht zu fallen, ohne daß es ihr Schmerz bereitet. Stell hier nichts Törichtes an! Du hast gewußt, daß so etwas passieren würde. Es kann nichts geschehen, also reg dich nicht unnötig auf! Und sieh um Himmels willen zu, daß deine Mutter nicht herausfindet, wer du wirklich bist!«
»Er spricht gar nicht selbst!« unterbrach Ehlana Sperbers Bericht über Delphaeus und alles, was vorgefallen war.
»Nicht selbst, nein. Er hat durch Kalten – na ja, gesprochen, jedenfalls beim erstenmal.«
»Warum gerade Kalten?«
»Ich habe keine Ahnung warum. Jedenfalls spricht Bhelliom Altelenisch, ziemlich umständlich und gespreizt – eigentlich nicht viel anders als Xanetia. Er möchte, daß ich auf ähnliche Weise mit ihm spreche. Offenbar ist die Redeweise wichtig für ihn.« Sperber rieb sich die frisch rasierte Wange. »Es war sehr merkwürdig. Sobald ich angefangen hatte, auf Altelenisch zu reden – und zu denken –, schien sich etwas in mir zu öffnen. Zum erstenmal erkannte ich, daß ich Anakha bin, und ich wußte, daß Bhelliom und ich auf eine tiefe, persönliche Weise miteinander verbunden sind.« Er verzog das Gesicht. »Hat ganz den Anschein, als wärst du jetzt mit zwei Männern verheiratet, Schatz. Ich hoffe, du magst Anakha. Er scheint ganz annehmbar zu sein – wenn man sich erst an seine Redeweise gewöhnt hat.«
»Vielleicht sollte ich mich lieber gleich in den Wahnsinn flüchten. Das wäre vermutlich einfacher als das, was hier vor sich geht – wie viele andere Fremde möchtest du heute nacht noch mit in mein Bett nehmen?«
Sperber blickte zu Vanion. »Soll ich ihnen von Sephrenia erzählen?«
»Warum nicht?« Vanion seufzte. »Sie werden es sowieso bald bemerken.«
Sperber nahm Ehlanas Hände in die seinen und blickte ihr in die grauen Augen. »Du wirst sehr behutsam vorgehen müssen, wenn du mit Sephrenia sprichst, Liebes. Zwischen den Delphae und den Styrikern besteht eine uralte Feindschaft, und wenn Delphae zugegen sind, reagiert Sephrenia völlig unvernünftig. Xanetia hat ähnliche Probleme mit Styrikern, aber sie hat sich besser in der Gewalt als Sephrenia.«
»Habt Ihr wirklich diesen Eindruck, Anakha?« fragte Xanetia, die ihre Tarnfarbe wieder angenommen hatte. Sicher mehr zur Beruhigung der anderen, dachte Sperber, nicht, weil es wirklich nötig ist. Mirtai saß wachsam unweit von ihr, ohne die Hand vom Schwertgriff zu nehmen.
»Ich möchte niemanden beleidigen, Anarae«, entschuldigte er sich. »Ich versuche nur die Situation zu
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