Tamuli 2 - Das leuchtende Volk
zehn Tage, ehe sie ihn fertig haben.«
»Und in zehn Tagen müßte das Packeis draußen auf dem Meer dick genug sein, die Trolle zu tragen«, schloß Ulath.
»Cyrgon wird schon dafür sorgen, daß es dick genug ist«, warf Flöte ein.
»Jemand hat den Zeitplan genau berechnet«, bemerkte Bevier. »Die Edomer werden die Piers in zehn Tagen fertiggestellt haben. Dann wird auch das Eis dick genug sein, um darauf gehen zu können. Und wenn die Trolle in drei Tagen von Tzada aufbrechen, kommen sie hier an, sobald alles fertig ist.«
»Das eröffnet uns mehrere Möglichkeiten«, sagte Vanion. »Wir könnten diesen Pier im Süden zerstören, so daß die Trolle draußen auf dem Eis festsitzen; wir könnten einfach warten und auf sie stoßen, sobald sie versuchen, an Land zu kommen; wir könnten Sorgis Schiffe nehmen und sie angreifen, während sie auf dem Pier sind, oder wir könnten…«
Königin Betuana schüttelte heftig den Kopf.
»Stimmt etwas nicht, Majestät?« fragte Vanion.
»Wir haben nicht soviel Zeit, Vanion-Hochmeister«, antwortete sie. »Wie lange ist es hier noch hell, Engessa-Atan?«
»Nicht viel mehr als fünf Stunden, Betuana-Königin.«
»In zehn Tagen wird es nicht einmal mehr so lange hell sein. Wollen wir im Dunkeln gegen Trolle kämpfen?«
»Auf keinen Fall, Majestät.« Ulath schauderte. »Im Grunde genommen wollen wir überhaupt nicht gegen sie kämpfen. Wir könnten die ganze Bautätigkeit hier an der Küste gar nicht beachten. Sorgis Schiffe könnten uns in einem Bogen um diese Arbeitstrupps weit genug nördlich der Mauer absetzen, so daß Bhelliom keine neuen Erdbeben auslöst. Dann könnten wir uns von Sorgi direkt nach Tzada bringen lassen.«
»Das ist ein guter Plan, Ulath-Ritter«, pflichtete Betuana ihm bei, »wenn da nicht das Eis wäre.«
»Aphrael«, wandte Sperber sich an die Kindgöttin, »könntest du das Eis für uns schmelzen?«
»Wenn ich unbedingt müßte. Aber es wäre unhöflich. Das Eis ist ein Teil des Winters, und der Winter gehört zur Erde, und die Erde ist Bhellioms Kind, nicht meines. Also ist es besser, du sprichst mit Bhelliom darüber.«
»Um was soll ich ihn denn bitten?«
Flöte zuckte die Schultern. »Warum überläßt du das alles nicht einfach Bhelliom? Erklär ihm, daß das Eis ein Problem für uns ist, und laß ihn entscheiden, was er dagegen unternehmen will. Du mußt noch eine Menge über die Etikette in solchen Situationen lernen, Sperber.«
»Wahrscheinlich«, gab er zu. »Aber so etwas kommt nicht jeden Tag vor. Deshalb habe ich auch keine Erfahrung damit.«
»Seht Ihr, was ich meine, Sperber?« Khalad blickte ihn an. »Diese grünen Stämme liegen so tief im Wasser, daß man nicht mal einen Esel über dieses Pier führen könnte, ohne daß das Wasser ihm bis zu den Sprunggelenken reicht.«
»Wie hättest du sie denn gebaut?«
»Aus einer doppelten Schicht Stämme – eine Lage quer über der ersten.«
Die beiden Männer lagen unter Büschen auf einer Erhebung und beobachteten die an den Flößen arbeitenden edomischen Bauern. Der erste Teil der primitiven Landungsbrücke war bereits fest verankert und reichte ungefähr eine Viertelmeile hinaus ins eisige Wasser. Weitere Flöße wurden ans äußere Ende des Piers gefügt, sobald sie fertiggestellt waren.
»Da ist Incetes!« Khalad zeigte auf einen wahren Giganten in einem bronzenen Kettenhemd und einem gehörnten Helm. »Er und diese vorzeitlichen Krieger, die er mitgebracht hat, haben die armen Bauern schon bis an den Rand der Erschöpfung getrieben. Rebal läuft zwar wie ein aufgescheuchtes Huhn herum und versucht, alle von seiner Wichtigkeit zu überzeugen, aber das Kommando hat ohne Zweifel Incetes. Die Bauern verstehen seinen Dialekt nicht, deshalb redet er mit den Händen zu ihnen.« Khalad kratzte sich an seinem kurzen schwarzen Bart. »Wißt Ihr, Sperber, falls wir ihn töten, verschwinden seine Krieger, und ein Sturmangriff der Ritter würde Rebal und seine Bauern bis halb nach Edom zurück treiben.«
»Keine schlechte Idee. Aber wie sollen wir nahe genug herankommen, um Incetes töten zu können?«
»Ich bin schon nahe genug, Sperber. Ich könnte ihn von hier aus töten.«
»Er ist etwa zweihundertfünfzig Schritt von uns entfernt, Khalad. Dein Vater sagte, man könne mit einer Armbrust höchstens zweihundert Schritt weit schießen – und wenn man dann auch noch treffen will, braucht man sehr viel Glück.«
»Ich bin ein besserer Schütze, als Vater es war.« Khalad hob
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