Tamuli 3 - Das Verborgene Land
Leben.« Aphrael stieß eine Reihe unfeiner Verwünschungen aus. »Aphrael!« entsetzte sich Setras. »So etwas sagt man nicht!«
»Ich schon! Warum hast du mir das nicht sofort mitgeteilt, Setras?«
»Weil ich wegen dem anderen neugierig war«, gestand er. »Es ist ja nicht so, daß sie alle getötet wurden, Aphrael. Es gibt noch sehr viele von ihnen. In Kürze werden es wieder so viele sein wie zuvor. Sie sind unheimlich fruchtbar, weißt du.«
»Ich liebe sie alle, du Dämlack. Ich will keinen einzigen verlieren!«
»Du bist schrecklich besitzergreifend. Das ist einer deiner Fehler, Kusinchen. Du kannst sie nicht alle behalten.«
»An deiner Stelle würde ich nicht darauf wetten, Setras. Ich fange jetzt erst richtig an.« Sie warf die Hände in die Luft. »Es ist unmöglich! Du verstehst die Botschaft ja nicht einmal, die du mir übermitteln willst. Wo sind die Ordensritter jetzt?«
»Sie überqueren die große Steppe von Mittelastel, um in Cynesga einzufallen.
Wahrscheinlich stoßen sie dort wieder auf Klæl. Ich hoffe, sie werden nicht alle umgebracht.«
»Wer hat den Befehl?«
»Als sie aus Chyrellos losmarschierten, war ein alter Mann namens Abriel der oberste Feldherr, einer von Romalics Dienern. Aber er ist in Zemoch gefallen. Daraufhin hat ein Hohepriester der Kirche des Elenischen Gottes das Kommando übernommen. Ein Thalesier. Er heißt Bergsten.«
»Das hätte ich mir denken können«, murmelte Aphrael. »Zuerst habe ich noch ein paar Dinge zu erledigen, dann suche ich Bergsten auf und lasse mir richtig Bericht erstatten.« »Ich wollte doch nur helfen!« sagte Setras leicht gekränkt.
»Das hast du auch, Vetter«, erwiderte Aphrael nachsichtig. »Du kannst ja nichts dafür, daß du nicht wußtest, was inzwischen hier geschehen ist.«
»Ich muß mich mit wichtigeren Dingen befassen, Aphrael«, stellte er geziert fest. »Besuch mich doch mal in meinem Atelier. Vor ein paar Tagen habe ich einen Sonnenuntergang erschaffen, der wahrscheinlich eines meiner besten Werke bislang ist. Er ist so schön, daß ich beschlossen habe, ihn zu behalten.«
»Setras! Du darfst die Sonne nicht einfach auf diese Weise anhalten!« »Dort lebt niemand, Aphrael! Keiner wird es bemerken.« »O je!« Sie vergrub das Gesicht in den Händen.
»Jetzt bist du enttäuscht von mir, nicht wahr?« Seine Unterlippe zitterte leicht, und seine großen, leuchtenden Augen füllten sich mit plötzlichen Tränen. »Dabei gebe ich mir soviel Mühe, daß du und die anderen stolz auf mich sein können!«
»Enttäuscht von dir? Das wäre ein bißchen dick aufgetragen«, sagte sie. »Wie dem auch sei, ich liebe dich trotzdem.« Sein Gesicht leuchtete auf. »Dann ist alles in Ordnung?«
»Aber natürlich, Setras.« Sie küßte ihn. »Geh jetzt. Ich muß mit diesen anderen reden.«
»Du wirst mich doch in meinem Atelier besuchen und meinen Sonnenuntergang bewundern, nicht wahr?«
»Natürlich, Vetter. So, aber jetzt geh.« Sie hob ihre schlafende Katze auf den Arm und blies ihr ins Ohr. »Wach auf, Murr!«
Die gelben Augen öffneten sich.
»Kehre zu unserem gemeinsamen Schlupfwinkel zurück«, wies die kleine Prinzessin das Tier in der Katzensprache an. »Ich muß etwas erledigen.« Sie stellte Murr auf den Boden. Die Katze machte einen Buckel, bog den Schwanz zu einem geschmeidigen Fragezeichen und gähnte. Dann tapste sie den Korridor entlang. Danae schaute sich um, lauschte und spähte, um sicherzugehen, daß sie hier allein war. In den Räumlichkeiten der Burg hielten sich einige männliche menschliche Wesen auf, und die Erscheinung einer nackten Göttin erregte sie stets. Natürlich war es schmeichelhaft, doch für jemanden, der nicht das geringste Bedürfnis hatte, sich fortzupflanzen, war es auch ein wenig verwirrend. So sehr sie es versucht hatte – es war Aphrael nie gelungen, den unüberlegten, ziellosen Paarungstrieb der menschlichen Männer zu begreifen.
Die Kindgöttin nahm flüchtig ihre wahre Gestalt an; dann wurde sie zu beiden kleinen Mädchen zugleich.
»Du wirst älter, Danae«, stellte Flöte fest.
»Kann man es wirklich schon merken?«
»Ein bißchen. Aber es wird noch eine ganze Weile dauern, ehe du eine erwachsene Frau sein wirst. Bist du sicher, daß du das wirklich auf dich nehmen willst?« »Es könnte uns allen helfen, sie ein bißchen besser zu verstehen. Ich glaube, Setras weiß nicht einmal, daß es einen Mann und eine Frau braucht, um – na, du weißt schon.« Danae errötete.
»Setras ist keine
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