Tamuli 3 - Das Verborgene Land
Quinsal?« forderte Ulath ihn auf. »Als was würdet Ihr meinen Freund Bhlokw bezeichnen?«
Die Kreatur, die an der Tür kauerte, war von ungeheuerlicher Größe, und ihre Fratze war vor Wut verzerrt. Gierig streckte sie die Pratzen aus.
»Wer hat das behauptet, Ulath?« grollte die Bestie mit furchterregender Stimme. »Ich werde ihn dafür bestrafen! Zerschmettern! Zerreißen! Zerfetzen! Fressen!« »Beherrscht dieser Troll tatsächlich Tamulisch?« wisperte Itagne.
»Natürlich nicht.« Bevier lächelte. »Ulath übertreibt.«
Die abscheuliche Erscheinung an der Tür erging sich brüllend in einer schaurigen Beschreibung seines Vorhabens mit der gesamten Fakultät für Zeitgeschichte. »Noch irgendwelche Zweifel an der Existenz von Trollen?« erkundigte sich Ulath freundlich, doch bei all den Schreien und dem Krachen umkippender Stühle hörte ihn nicht einer der anwesenden Gelehrten.
Es dauerte eine gute Viertelstunde, wieder einigermaßen Ordnung herzustellen, nachdem Ulath sein Trugbild hatte verschwinden lassen. Als Itagne sich zurück ans Rednerpult stellte, hatten sich alle Zuhörer vorn im Auditorium dicht zusammengedrängt. »Daß Ihr so sehr darauf bedacht seid, Euch keines meiner Worte entgehen zu lassen, rührt mich zutiefst, meine Herren …« Itagne lächelte. »… aber ich kann durchaus laut genug reden, daß ich auch ganz hinten im Saal deutlich zu hören bin. Ihr braucht euch also nicht so sehr nach vorn zu drängen. – Ich nehme an, der Besuch von Ritter Ulaths liebem Freund hat das kleine Mißverständnis über die Trolle aufgeklärt?« Er blickte Quinsal an, der noch auf dem Boden kauerte und keines vernünftigen Wortes fähig war. »Sehr gut«, fuhr Itagne fort. »Nun denn, in aller Kürze: Prinz Sperber kam nach Tamuli. Elenier sind manchmal recht listig, und so riet Königin Ehlana, Prinz Sperbers Gemahlin, einen Staatsbesuch bei Kaiser Sarabian vorzutäuschen. Sie verbarg ihren Gemahl und dessen Freunde in ihrem Gefolge. Schon kurz nach ihrer Ankunft deckten die Elenier einige Dinge auf, die wir offenbar übersehen hatten. Erstens, Kaiser Sarabian hat tatsächlich einen eigenen Verstand und Willen. Und zweitens, die von Pondia Subat geführte Regierung machte gemeinsame Sache mit unseren Feinden.«
»Hochverrat!« schrillte ein dünner, erkahlender Professor und sprang auf.
»Ach wirklich, Dalash?« fragte Itagne. »Gegen wen?«
»Nun – ich …«, stammelte Dalash.
»Ihr versteht immer noch nicht, meine Herren?« wandte Itagne sich an die Fakultät für Zeitgeschichte. »Die vorherige Regierung wurde gestürzt – vom Kaiser selbst. Tamuli ist nun eine Monarchie nach elenischem Vorbild, und Kaiser Sarabian regiert durch einstweilige Verfügung. Die frühere Regierung – und ihr Premierminister – sind völlig unwesentlich.«
»Der Premierminister kann seines Amtes nicht enthoben werden!« schrillte Dalash. »Er hat es auf Lebenszeit inne!«
»Selbst wenn dem so wäre, ließe sich dieses Problem auf sehr einfache Weise lösen, meint Ihr nicht?«
»Ihr würdet es nicht wagen!«
»Nicht ich, alter Junge. Es fällt unter die Zuständigkeit des Kaisers. Legt euch nicht mit ihm an, sofern ihr nicht erpicht darauf seid, daß er die Stadttore mit euren Köpfen verziert. Aber halten wir uns damit nicht auf; ich möchte vor unserer üblichen Pause noch etwas weiterkommen. – Der fehlgeschlagene Staatsstreich brachte die Sache schließlich ans Licht. Pondia Subat wußte sehr wohl von der Verschwörung und beabsichtigte, untätig zuzuschauen und die Hände zu ringen, während der besoffene Mob alle seine politischen Gegner tötete, offenbar einschließlich des Kaisers. Wenn Professor Dalash von ›Hochverrat‹ reden will, sollte er sich das erst einmal durch den Kopf gehen lassen. Der fehlgeschlagene Coup hatte zur Folge, daß wir auf vieles aufmerksam wurden, nicht nur auf den Hochverrat des Premierministers, sondern auch auf den des Innenministers. Am bedeutungsvollsten jedoch war die Entdeckung, daß Zalasta der Urheber dieses Komplotts war, und daß er heimlich mit Ekatas verbündet ist, dem Hohepriester Cyrgons, dem Gott der vermeintlich ausgestorbenen Cyrgai.
Prinz Sperber hatte keine Wahl, als Bhelliom aus seinem Versteck zurückzuholen und Verstärkung nach Chyrellos zu schicken. Zudem schloß er Bündnisse, unter anderem mit den Delphae – die es wahrhaftig gibt, in all ihrem leuchtenden Grauen.« »Lächerlich!« rief der selbstherrliche Wortführer der zeitgeschichtlichen
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