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Tango Mosel

Tango Mosel

Titel: Tango Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Glas Bier vor ihn gestellt wurde. »Bei so einem Wetter jagt man keinen Hund raus.« Dabei fiel sein Blick auf Quintus, der ihn aus einem halb geöffneten Auge anblickte.
    »Der ist freiwillig mitgekommen«, erklärte Walde. Er sah die vorstehenden Wangenknochen über der eingefallenen Haut des Mannes. Der faltige Hals war von langen Stoppeln bedeckt.
    »Dat Wetter hat auch sein Gutes. Da treibt sich nicht soviel Pack herum.« Der Mann bemühte sich, eine Zigarette aus einem Päckchen zu ziehen. Erst dachte Walde, die Finger seien verstümmelt, bis er bemerkte, dass sie nach innen gekrümmt waren.
    »Als Kellermeister hab ich früher immer mit kaltem Wasser geschafft, die Flaschen wurden ja noch bis in die siebziger Jahre von Hand gespült.« Der Mann hatte Waldes Blick bemerkt. »Ewig mit den Fingern in der kalten Brühe. Da sind die immer steifer geworden. Einer nach dem anderen. Heut bekäm man dafür Rente. Aber mich haben sie zum Hausmeister gemacht. Zum Hocken im Pförtnerhäuschen und zum Schlüsselrumdrehen langt es noch. Die paar Jahre bis zur Rente gehen auch noch vorbei.« Er klimperte mit dem großen Schlüsselbund und sah Walde an. Die Augen des Mannes hatten einen weißlichen Film über den Pupillen. Er schien deutlich über siebzig zu sein.
    »Wo ist denn Ihr Revier?«, fragte Walde.
    »Revier!« Der Mann hustete, wobei ihm Rauch aus Nase und Mund strömte. »Ich bin doch kein Sheriff. Nur Hausmeister in der Treverer-Kellerei.«
    Walde unterdrückte den Impuls, ihm zu widersprechen, und wunderte sich, dass Uli und der Wirt es ebenso wenig taten.
    »Ihr Rundgang war bestimmt vor ein paar Tagen angenehmer, als es noch warm war«, bemerkte Walde.
    Der Mann hatte einen kleinen Schluck von seinem Bier getrunken und nickte nun heftig, während er das Glas wieder abstellte. »Dat kannste singen.«
    Dann schwieg er. Sie lauschten eine Weile dem Gesang von Sting.
    »Ist was geklaut worden?«, versuchte Walde den Mann wieder zum Reden zu bringen.
    »Die Schrottis haben Kabel mitgehen lassen.« Der Mann nippte wieder an seinem Glas. »Ich kann das Bier nicht gut vertragen, wenn es so kalt ist.«
    Die Gitarren von Deep Purple setzten ein. Waldes Fuß kam ins Wippen. »Mussten Sie die Polizei einschalten?«
    »Nee, dat geht mich nix an. Das Kabel hat den RWE oder den Stadtwerken gehört. Die Bullen sind dann nachher von allein gekommen.«
    »Wegen dem Kabel?«
    »Nee, da war was mit nem Kerl, ich weiß nitt, ob der tot war.«
    »Haben Sie den Mann gesehen?«
    »Nitt so richtig, die haben ganz schön geackert, als die den da aus der Grube geschleppt haben.«
    »Haben Sie die Leute erkannt?«
    »Es war ja dunkel, und meine Augen machen in letzter Zeit auch nicht mehr so richtig mit. Die Frau, die hatt ich vorher schon gesehen, wie die mit nem Rad angekommen is, die hatt die Beine und der Mann musst sich mit dem Körper, also der hatte den Kerl von hinten unter den Achseln.« Der alte Hausmeister stellte mit seinen Armen die Bewegung nach. »Die haben ganz schön geackert.«
    »Und Sie sind nicht eingeschritten?« Walde musste sich zusammenreißen, um nicht zu auffällig nach Details zu fragen.
    »Da hab ich mich lieber rausgehalten.« Er legte mehrere Münzen auf die Theke, nahm die Taschenlampe und den Schlüsselbund und ging zur Garderobe, wo er sich den nassen Poncho überstreifte. »Die hätten doch nen Krankenwagen gerufen, wenn da ein Unfall oder so passiert wär.« Der Alte grüßte mit einer militärischen Handbewegung und verließ das Lokal. »Die Pflicht ruft!«
    »Wer war das denn?«, fragte Uli.
    »Das ist Kaspar, er war früher Hausmeister bei den Treverern. Der hat schon seit ein paar Tagen wieder den Rappel«, sagte der Wirt. »Dann kommt er auf seiner Tour auf einen Schnaps und ein Bier hier rein, so wie früher, wenn er bei seiner Frau eine Ausrede brauchte, um abends zu Hause rauszukommen.« Der Wirt führte eine Scheibenwischerbewegung vor seinem Gesicht aus.
    Walde dachte darüber nach, dass er ebenfalls unter einem Vorwand aus dem Haus gegangen war. Aus der Musikbox dröhnte nun ›Griechischer Wein‹.
    Quintus reckte die Schnauze in die Höhe und stimmte ein klägliches Geheul an.
    »Ich dachte, Malamuts sind stumm?«, wunderte sich Uli.
    »Bei Udo Jürgens werden sie schwach.«
     
    Als Gabi die Kabine verließ, stand Corinna draußen im Waschraum vor dem Spiegel. Sie musste sehr leise hereingekommen sein. Gabi fragte sich, wie lange sie schon hier war und was sie von dem Telefonat mitgehört

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