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Tango Mosel

Tango Mosel

Titel: Tango Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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sich Gabi mit verschlafener Stimme.
    »Bist du betrunken oder hast du geschlafen?«
    »Von beidem ein bisschen«, sagte sie leise.
    Walde zögerte: »Bist du nicht allein?«
    »Auch das«, nun flüsterte sie.
    »Soll ich später noch mal anrufen?« Walde sah, wie Minka geduckt über die Wiese schlich.
    »Nee, dann klingelt das blöde Ding ja wieder.«
    »Was denn nun?«
    »Sag schon, weswegen du anrufst.«
    »Also, ich hab gerade mit Grabbe gesprochen, der ist auch schon im Präsidium …«
    »Aber du rufst doch von zu Hause an?«
    »Ja, ja«, sagte Walde. Er beobachtete, wie sich die Katze eine Vorderpfote leckte und damit über Ohren und Gesicht fuhr.
    »Wer ist denn noch im Präsidium außer Grabbe?«
    »Okay, du hörst dich ja ziemlich ausgeschlafen an.«
    »Jetzt sag endlich, was du willst, sonst ziehe ich den Stecker raus!« Ein Feuerzeug klickte, und sie atmete hörbar tief ein.
    »Wir sollten noch mal mit Frau Wohlenberg reden. Ein junger Mann hat sie heute besucht.« Als Gabi nichts sagte, fügte Walde an: »Und außerdem hat Grabbe rausgefunden, dass Rocky bis vor ein paar Monaten als Parkwächter in der Tiefgarage im Haus der Wohlenbergs gearbeitet hat.«
    »Okay, ich komme«, sie zog wieder an der Zigarette, »bald.«
     
    Ein kleiner Vogel flatterte von der Wiese hoch. Minka setzte hinterher und drückte mit beiden Vorderpfoten das Vögelchen ins Gras.
    Das Telefon klingelte.
    Minka lief zurück zur Terrasse. Angewidert sah Walde die Schwanzfedern aus ihrem Maul ragen. Sie setzte das Vögelchen vor Walde ab, machte ein paar Schritte zur Seite und schaute in eine andere Richtung. Das Opfer bewegte sich nicht.
    »Ich bin es nur wieder«, meldete sich Grabbe.
    Darauf wusste Walde nichts anderes zu antworten als: »Ja?«
    »Ich hab es rausgekriegt.«
    »Was hast du denn herausgefunden?« Walde versuchte sich zu beherrschen. Heute gingen ihm die Dramapausen, die Grabbe gelegentlich einlegte, ganz besonders auf die Nerven.
    »Jetzt hau endlich ab!«, schrie Walde den Vogel an, um ihn aus seiner Lethargie zu wecken. »Die Katze hat einen Vogel gebracht«, erklärte er Grabbe die Situation.
    »Ich hab den alten Hausmeister gefunden, mit Adresse und Telefonnummer.«
    »Mensch, wie hast du das denn angestellt?« Walde wurde bewusst, dass er nicht anders mit der dreijährigen Annika sprach, wenn er sie für eine besondere Leistung loben wollte.
    »Das war gar nicht so kompliziert. Man muss nur wissen, wie. Er heißt Kaspar Schreiner.«
    »Dann gib mir mal die Nummer!«
    Das Vögelchen hüpfte in Windeseile in die Hecke. Walde hoffte, dass es sich damit gerettet hatte. Minka setzte hinterher.
    »Ich hab schon angerufen«, sagte Grabbe, »und mit seiner Frau, also mit Frau Schreiner, gesprochen. Ich wollte sichergehen, dass meine Daten auch stimmen. Also, ihr Mann, der ehemalige Hausmeister, den hat es ziemlich erwischt, eine Lungenentzündung mit hohem Fieber und so. Der Hausarzt musste ihn ins Krankenhaus einweisen.«
    »Mist, die hat er sich bestimmt bei dem kühlen Regenwetter geholt.«
    Minka kam wieder aus der Hecke. Was da in ihrem schwarzen Fell hing, waren keine Federn, nur Kletten und vertrocknete Blüten.
    »Er muss schon seit ein paar Tagen wieder nachts mit seinem großen Schlüsselbund unterwegs gewesen sein, hat mir seine Frau erzählt«, sagte Grabbe. »Von Zeit zu Zeit hat er solche Anwandlungen.«
    »Verdammt!« Entsetzt sah Walde, wie Minka das nun schon recht ramponiert wirkende Vögelchen wieder vor ihm absetzte. Er wusste, dass diese Geste bei Katzen eine Freundschaftsbezeugung dem Herrchen gegenüber sein sollte, jedenfalls, wenn es sich um Mäuse handelte, aber er konnte den Anblick des leidenden Vogels nicht ertragen.
    »Wir sehen uns nachher.« Grabbe legte auf.
    »Hau ab, geh weg!«, versuchte Walde die Katze samt ihrer Beute zu vertreiben.
    Minka schnappte sich den Vogel und setzte ihn etwas weiter am Rand der Terrasse ab.
    Walde wandte den Blick zu Quintus, den das Ganze offensichtlich nicht interessierte.
    Als er wieder hinsah, war die Katze mit leerem Maul über die Terrasse unterwegs. Sie leckte sich die Lippen. Da, wo eben noch das Vögelchen gehockt hatte, lag eine kleine flaumige Feder. Die zwei dunklen Tupfer daneben deuteten die Stelle an, wo Minka den Vogel verspeist hatte.
    *
    Nachdem das Taxi den steilen Hügel hinaufgefahren war, pflügte es durch eine der Pfützen, die noch vom nächtlichen Regen auf dem ansonsten abgetrockneten Asphalt zurückgeblieben waren. Die Fenster des

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