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Tango Mosel

Tango Mosel

Titel: Tango Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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der Präsident am Samstagnachmittag?
    »Ich finde es sehr löblich, Herr Bock, sich auch am Wochenende für die Arbeit zu engagieren.«
    »Ist doch selbstverständlich.«
    »Ich dachte, Sie haben Familie?«
    »Ja, hab ich, aber die Geschichte mit der Baustelle …«
    »Geschichte!«, Stiermann lachte gekünstelt. »Dieses Wort trifft den Sachverhalt. Das Opfer, dieser Domski, ist laut Gerichtsmedizin an den Unfallfolgen gestorben.«
    »Das Opfer wurde zur Römerbrücke geschafft. Warum sollte Niklas Domski nicht auf der Baustelle gefunden werden? Man wollte mit allen Mitteln verhindern, dass die Aufmerksamkeit auf das Penthouse gelenkt wurde. Und weil das so ist, gab es dort etwas zu verbergen. Einiges haben wir ja auch schon herausgefunden …«
    »Aber wenn es dabei bleibt, reicht es nicht aus, um die Staatsanwaltschaft zu irgendwelchen Schritten zu bewegen. Ich denke, Sie sollten die Ermittlungen auf das Nötigste beschränken und endlich zum Ende bringen.« Im Hintergrund war das helle Summen eines Motors zu hören. Walde erinnerte sich an ein ähnliches Geräusch, das ihm erst vor wenigen Minuten beim Gespräch mit Susanne Hörmann aufgefallen war. Das war garantiert ein elektrisches Golfcaddy.
    »Herr Bock?«
    »Ja, Herr Stiermann, ich habe Sie verstanden.«
    »Ich hoffe.«
     
    Walde kam ins Grübeln. Hinter diesem Anruf steckte doch die Hörmann. Spielte sie womöglich auf dem selben Golfplatz wie der Polizeipräsident, ansonsten musste sie die Nummer seines Mobiltelefons kennen. Ein Klingeln unterbrach seine Gedanken.
    Diesmal schaute er zuerst aufs Display, bevor er sich meldete. »Hallo, Doris!«
    Es meldete sich niemand.
    »Hallo?«
    Ihm war, als höre er Atmen und jemand, der im Hintergrund flüsterte.
    »Hallo«, sagte Annika, dann folgte ein Krachen, und er hörte schnelle, trippelnde Schritte.
    »Du weißt doch, sie telefoniert nicht gerne«, sagte Doris.
    »Das wird noch kommen«, sagte Walde, »schließlich telefoniert ihre Mutter sogar beim Radfahren.«
    »Ich wurde von dir angerufen.«
    »Ich konnte doch nicht ahnen, dass du mit dem Rad unterwegs bist.«
    »Ich wusste ja auch nicht, dass du anrufst.«
    »Wenn du gewusst hättest, dass ich es bin, wärst du dann nicht dran gegangen?«, fragte Walde. »Ja, ich dachte, es ginge um die Bewerbung.«
    »Aha!«
    »Du verstehst das nicht … du hast einen Job und bist …«
    »…ein unkündbarer Beamtenarsch.«
    »Das hast du gesagt!«
    »Du hattest Annika dabei!«
    »Entschuldige, das war natürlich dumm … und ein wenig verantwortungslos.«
    »Sollen wir heute Abend mal wieder ausgehen?«, fragte er und überlegte eine Sekunde, ob er sich nicht doch ein Foto seiner Familie auf den Schreibtisch stellen sollte, was er bisher für zu spießig gehalten hatte.
    »Und was ist mit Annika?«
    »Ich frage mal bei Marie nach, ob sie zum Babysitten kommt.«
     
    Es hatte wieder zu regnen begonnen, als Gabi und Walde den weißen Dienstwagen auf dem einzigen freien Platz der Anwohnerparkzone abstellten.
    Gabi hatte sich mit Rocky in seiner Wohnung verabredet. Er wollte sich nicht schon wieder zusammen mit der Polizei in der Öffentlichkeit sehen lassen.
    Die Haustür in dem vierstöckigen alten Gebäude stand offen. Auf den schmutzigen Fliesen unter den grauen Briefkästen lag ein Stapel Anzeigenblätter. Im Treppenhaus schien es vor längerer Zeit den Versuch einer Renovierung gegeben zu haben, bei der man aber über das Abreißen der Tapeten nicht hinausgekommen war.
    Sie mussten ganz nach oben. Unmittelbar nach Gabis Klopfen erschien ein Auge im Türspion, als habe Rocky bereits hinter der Wohnungstür gewartet. Sie wurde jetzt mit Schwung geöffnet. Für einen kurzen Moment verschwand Rockys Zahnlücke, als er Walde bemerkte, der hinter Gabi eintrat.
    Der kleine Raum, in den Rocky sie mit einer Handbewegung einlud, schien eine Kombination aus Küche, Wohn- und Schlafraum zu sein. Er führte sie zu einem Tisch mit zwei Klappstühlen, auf dem gerade mal zwei Essteller Platz fanden, und zog einen weiteren Klappstuhl aus einer schmalen Lücke zwischen Küchenschrank und Bücherregal.
    Während Walde sich auf den unbequemen Stuhl setzte, blieb Gabi stehen. Das weiß gestrichene Zimmer war spartanisch eingerichtet. Es gab keine Pflanzen. Den einzigen Wandschmuck bildete ein Poster mit einer drallen Nackten über dem schmalen Bett, das mit blau-weiß gestreifter Bettwäsche bezogen war. Der Raum strahlte das Flair einer Gefängniszelle aus.
    Gabi ging zum Regal und

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