Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tango Mosel

Tango Mosel

Titel: Tango Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
Vom Netzwerk:
schaute sich die Reihen der Bücher auf den oberen Brettern an. Hier fanden sich die Klassiker, von denen Rocky ihr erzählt hatte.
    Unter den Büchern stand ein kleiner Fernseher, umrahmt von DVDs. Ganz unten lagen gestapelte Hefte.
    »Kaffee oder Tee?«, fragte Rocky, der an der winzigen Arbeitsplatte neben der Spüle stehen geblieben war. Er trug einen roten Pulli, Jeans und Sportschuhe.
    »Kaffee, bitte.« Gabi zog einen dicken Wälzer von Dostojewski aus dem Regal.
    Während Rocky den Kaffee aufbrühte, überlegte sie, wie oft er sich in all den Jahren im Gefängnis auf ähnliche Weise Kaffee bereitet hatte.
    »Du warst Parkwächter bei den Wohlenbergs?«, fragte Gabi und schob das Buch zurück.
    »Nicht direkt bei den Wohlenbergs, aber die hatten ihren Wagen auch da unten stehen. Also der Herr Wohlenberg, sie hatte ja keinen Führerschein.«
    »Warum hast du mir davon nichts erzählt?«
    »Klar hab ich dir gesagt, dass ich da gearbeitet hab«, Rocky stellte Tassen und Zucker auf den Tisch, »zumindest das von der Tiefgarage. Milch hab ich keine.«
    »Wie lange warst du da, in dem Parkhaus?«
    »Seitdem die Treverer-Kellerei abgerissen wurde.« Er nahm den Filter von der Glaskanne und schenkte den dampfenden Kaffee ein. »Da muss es Risse in den beiden Kelleretagen gegeben haben, und aus statischen Gründen wurden zusätzliche Holzbalken als Stützen eingezogen. Das schien die billigste Lösung zu sein für die kurze Zeit, bis das Haus abgerissen werden sollte. Es ahnte ja keiner, dass da noch ein paar Jahre vergehen würden.«
    »Und dann hast du da unten als Parkwächter angefangen?«
    »Parkwächter ist zuviel gesagt. Da waren nur Dauermieter, insgesamt knapp über fünfzig. Ich war so eine Art lebender Feuermelder. Wenn ein Motorbrand oder so entstanden wäre, hätten die Holzbalken der Hitze nicht lange stand gehalten, und dann wäre das ganze Gebäude wie ein Kartenhaus zusammengefallen. Dafür war ich da, um im Notfall Alarm zu schlagen, damit die Leute aus dem Haus hätten evakuiert werden können.«
    »Aber die Büros standen doch schon lange leer, nur die Wohlenbergs waren noch da.«
    »Denen hatte ich die letzten beiden Jahre den Job zu verdanken. Die haben das mit der Statik und der Brandsicherheit ja erst ins Rollen gebracht.« Rocky schlürfte seinen Kaffee. »Die Garage war bis zuletzt immer komplett vermietet, auch als es oben die Büros nicht mehr gab. Parkplätze in der Innenstadt sind begehrt.«
    »Hätten es nicht auch Rauchmelder getan?«, fragte Gabi.
    »Ja, sicher, aber Rauchmelder allein reichten nicht, da hätte eine Sprinkleranlage eingebaut werden müssen.
    Das schien sich für ein paar Monate nicht zu lohnen. Niemand ahnte, dass es noch über Jahre weitergehen würde. Erst als vor ein paar Monaten die Fassade eingekracht ist, war es auch mit der Tiefgarage vorbei.«
    »Und mit deinem Job.«
    Rocky schaute in die Tassen seiner Gäste. »Ich hatte mich schon dran gewöhnt. Der Job war nicht verkehrt, ich hab viel gelesen. Ich hatte einen Raum mit einem Heizöfchen, und«, er hob seine Stimme, »deshalb helf ich euch, auch den Wohlenbergs zuliebe, damit die Schweine nicht so billig wegkommen.«
    »Welche Schweine?«
    »Die, weswegen die Wohlenbergs dann doch aufgegeben haben.«
    »Und wer war das?«
    »Ihr wisst das doch selbst!«
    »Im Laufe der Jahre hast du da bestimmt einiges mitgekriegt?«, nahm Gabi einen neuen Anlauf. Sie trank einen Schluck Kaffee. Ohne Milch schmeckte er bitter.
    »Klar.« Rockys Zahnlücke war zu sehen. »Ich hab nicht nur einmal erlebt, dass jemand versucht hat, da unten seinen Müll loszuwerden.« Wieder grinste er. »Und am nächsten Tag hat dann die Mülltüte am Außenspiegel gehangen, oder der kaputte Staubsauger, der am Tag vorher abgestellt worden war, hat bei dem Betreffenden auf der Motorhaube gelegen. Der hat Augen gemacht!«
    »Und die Wohlenbergs?«, fragte Gabi.
    »Die hatten zwei Stellplätze, obwohl sie nur ein Auto besaßen. Das waren sehr nette Leute.«
    »Und bekamen sie oft Besuch?«
    »Das hab ich unten nur mitgekriegt, wenn jemand auf ihrem freien Platz geparkt hat. Das kam ganz selten vor. Nur wenn der Thomas kam. Zuerst dachte ich, es wäre der Sohn, aber er ist, glaub ich, ein Neffe.«
    »Wie sah er aus?«
    »So ein Schickimickityp, Krawatte, blondes Haar, noch nicht so alt.«
    Gabis und Waldes Blicke trafen sich für einen Moment.
    »Wie oft kam er?«
    »In den ersten Jahren alle paar Monate. Am Schluss war er öfter da, mehrmals in

Weitere Kostenlose Bücher