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Tango Mosel

Tango Mosel

Titel: Tango Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Renovierungs- und Gartenarbeiten.«
    »Ihr Mann«, fragte Walde, »ist schon in Rente?«
    »Frühpensioniert«, korrigierte sie. »Erst Tinnitus, dann Burnout, die moderne Schule fordert ihre Opfer.«
    »Er macht einen recht fitten Eindruck.«
    »Ja, als Chauffeur, Gärtner und Hausmann macht er sich ausgezeichnet.«
    Walde verkniff sich dazu eine Bemerkung. »Fahren Sie Rad?«
    »Nein.«
    »Besitzen Sie ein Rad?«
    »Nein, nur mein Mann hat eins.«
    »Sie haben einen wunderschönen Blick von hier oben.« Walde blickte zur Stadt hinunter.
    »Ja, aber dafür muss man auch einiges in Kauf nehmen. Der ganze Lärm steigt hier hoch. Heute Mittag hab ich vor, zu Hause zu arbeiten. Aber es kann durchaus sein, dass ich mich von meinem Mann wieder in die Praxis fahren lasse, weil es hier unerträglich ist. Presslufthämmer, die Martinshörner, die Bahn, die Huperei und zu allem Übel fahren in letzter Zeit immer mehr Touristenbusse hier hoch, weil die Stadt da oben«, sie zeigte den Hang hoch, »eine Wendemöglichkeit hat bauen lassen.«
    »Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, in ein ruhiges Dorf auf dem Land zu ziehen?«
    »Ruhiges Dorf!«, sie lachte spitz. »Da kommen wir her. Um halb fünf hat uns die Melkmaschine des Bauern geweckt, natürlich auch sonntags. Wochentags gab es den ganzen Tag Traktoren, Rasenmäher und Kettensägen. Jeden Abend hat die Jugend mit ihren frisierten Mopeds Rennen durchs Dorf veranstaltet. Und wenn man was gesagt hat, dann war man gleich der Buhmann.« Sie winkte ab.
    »Wie ich Ihnen am Telefon bereits mitgeteilt habe, ermitteln wir im Umfeld von Frau Evelyn Wohlenberg. Sie haben ein Gutachten über Sie erstellt?«
    Sie nickte.
    »Sie sind zu dem Schluss gelangt, Frau Wohlenberg müsse betreut werden?«
    Sie nickte wieder.
    »Ich habe die Dame im Seniorenheim besucht.« Walde erwiderte den Gruß des Mannes, der nun unterhalb der Laube zum Haus ging. »Ich hatte den Eindruck, dass die Dame geistig noch voll auf der Höhe ist.«
    »Das ist der Vorführeffekt. Den kennen Sie doch auch! Sie haben schlimme Zahnschmerzen, und auf dem Behandlungsstuhl wissen Sie nicht einmal, welcher Zahn wehgetan hat. Oder ihr Auto klappert, und bei der Probefahrt mit dem Werkstattmeister …«
    »… ich habe sie zwei Mal besucht«, sagte Walde.
    »Das hat nichts zu bedeuten! Es gibt immer mal wieder helle Momente.«
    Aus dem Haus drang das Geklapper von Schubladen und Töpfen.
    »Wie oft haben Sie mit der Dame gesprochen?«, fragte Walde.
    »Wenn ich Sie recht verstanden habe, sind Sie Kriminalbeamter und kein Psychologe.« Ihr Tonfall hatte jegliche Freundlichkeit verloren. »Bei allem Respekt, ich glaube, ein Urteil über den geistigen Zustand dieser Dame sollten Sie den Fachleuten überlassen.«
    »Das werden wir sehen.«
    »Was werden wir sehen?« Sie setzte sich auf und straffte ihren Oberkörper.
    Von der Stadt erklang vielstimmiges Martinshorn. Als Walde hinunter sah, entdeckte er die Blaulichter in der Ostallee. Zwei Feuerwehrwagen und ein Krankenwagen rasten in Richtung Trier-Nord.
    »Ist Frau Wohlenberg selbst auf Sie zugekommen?«
    »Das unterliegt der Schweigepflicht.« Ihre rechte Hand wischte nervös über die Tischplatte. »Im Übrigen habe ich mir nichts vorzuwerfen.«
    »Seit wann arbeiten Sie mit Martin Kotte zusammen?« Walde beobachtete, wie die Frau sich bemühte, ihre Atmung zu beruhigen.
    »Seit drei Monaten nutzen wir die Räume der Praxis gemeinsam. Aber jeder hat seine eigenen Patienten.«
    »Wie kam es zu dieser Kooperation?«
    »Ich habe schon seit längerem mit dem Gedanken gespielt. Martin Kotte wurde mir empfohlen.«
    »Von wem?«
    »Von jemandem, den ich fachlich sehr schätze.«
    »Ausgerechnet ein Kollege aus Kiel?«
    »Ja«, beharrte sie.
    »Können Sie mir sagen, wo Sie sich in der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch aufgehalten haben?«
    »Da war ich zu Hause. Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Gibt es dafür Zeugen?« Walde ignorierte ihre Frage.
    »Ja, meinen Mann.«
    »Und gestern Abend zwischen zweiundzwanzig Uhr und Mitternacht?«
    Die Frau legte eine Hand auf ihren Bauch und beugte sich etwas nach vorn. »Da war ich auch hier«, stieß sie mit Mühe hervor.
    »Und heute zwischen sechs Uhr und sieben Uhr dreißig?«
    »War ich zu Hause. Würden Sie mich bitte entschuldigen.«
    Sie stand auf und eilte mit kleinen, schnellen Schritten zum Haus. »Ich muss Sie bitten, heute noch ins Präsidium zu kommen«, rief Walde ihr nach. »Wir benötigen Ihre Fingerabdrücke.« Er trank

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