Tansania Stefan Loose E-Book Reisef¿hrer
Täler voneinander getrennt waren. Die durchziehenden Sklaven- und Elfenbeinkarawanen samt Händlern und Abenteurern mussten mit ihnen verhandeln und hohe Wegezölle abliefern. Dabei tat sich besonders der diplomatisch gewandte Häuptling Chief Rindi hervor, der 1891 auch den Vertrag mit den Deutschen über die Errichtung ihres Hauptquartiers unterzeichnete.
Wenig später, im Jahr 1893, wurden deutsche Missionare der Leipziger Mission in Moshi sesshaft und begannen die erste Mission namens Kidia zu erbauen. Die erste Kirche am Kilimanjaro wurde 1901 ebenda errichtet. Der Philanthrop und Missionar Bruno Gutmann lebte und arbeitete von 1909 bis weit in die 1930er-Jahre hinein in dieser Mission am Fuße des Kilimanjaro. Aus jener Zeit stammen über 20 Bücher und 400 Fachartikel über den Alltag und die Traditionen der Chagga (s. Kasten), die vermutlich eines der am besten dokumentierten Völker in Tansania sind. Noch heute gehören Gutmanns Schriften zum Standardrepertoire aller Afrikanistikstudenten und Ostafrika-Ethnologen.
Erst mit der Ankunft der Usambara-Eisenbahn im Jahr 1912, die den Hafen Tanga mit dem Hinterland verbinden sollte, wurde der Grundstein für das heutige Moshi gelegt, das näher am Bahnhof liegen musste. Im Laufe der Jahre wuchs Moshi zum wichtigen Geschäftszentrum heran. Dank des günstigen Hochlandklimas gediehen Kaffeepflanzungen hier ausgezeichnet, und als Kaffee noch Tansanias Devisenbringer Nummer eins war, zählte Moshi zu den reichsten Städten Ostafrikas. Nach dem Ausbau der Straße von der Küste nach Moshi und Arusha verlor die Eisenbahn an Bedeutung, dafür hat die Fernstraße der Stadt u. a. den Weg für den Tourismus geebnet.
Die Chagga – die Herren des Kilimanjaro
Mit geschätzten 1,5 Mio. Angehörigen stellen die Chagga eine der zahlenmäßig größten Ethnien des Landes dar. Sie leben überwiegend am Kilimanjaro und in dessen Umgebung, doch man trifft sie auch in allen anderen Landesteilen an, denn oft sind es Chagga, die gut gehende Geschäfte, Mittelklassehotels oder Safari-Unternehmen leiten. Ihr geschäftlicher Erfolg und sprichwörtlicher Fleiß wird von anderen Ethnien des Landes oft neidvoll und misstrauisch beäugt.
Da die ersten Missionare sich gezielt im gemäßigteren Teil Tansanias niederließen, waren die Chagga eines der ersten Völker, die christlich missioniert wurden und so Zugang zu Bildung erhielten. Dieser Umstand allein zeichnet aber nicht für ihren Erfolg verantwortlich, vielmehr bestellen sie schon seit vielen hundert Jahren mit althergebrachten, ausgeklügelten Methoden erfolgreich ihr Land. Die neuzeitliche Bildung wiederum verhalf ihnen zu den nötigen Fertigkeiten, um auch in der Geldwirtschaft zu brillieren. Manche sagen, es sei leicht, eine blühende Landwirtschaft hervorzubringen, wenn man die Gewässer des Kilimanjaro zur Verfügung habe. Doch dies stimmt nur bedingt, denn ohne die effektiven Bewässerungssysteme und unterirdischen Kanäle wäre der Lebensstandard der Chagga nur halb so hoch. Das Gefälle der oft nur 30–40 cm schmalen, in die Erde gegrabenen oder in den Fels gehauenen Kanäle ist so gering, dass das menschliche Auge es nicht wahrnehmen kann. So entstand zu Zeiten Vasco da Gamas im 15. Jh. die Legende vom Wasser am Kilimanjaro, das bergauf fließe. Man sieht sie kaum, doch allerorten hört man es leise plätschern und gurgeln – die Kanäle führen zu fast jedem Haushalt der Chagga. Ein faires Entnahmesystem regelt die Zufuhr zu den Häusern, sodass alle regelmäßig Wasser anzapfen können und das fragile System nicht zusammenbricht. Grellbunte Wasserkübel auf den Köpfen und in den Händen von Frauen sind ein seltener Anblick am Kili, und die Hände bleiben frei für das Sammeln von Grünfutter für die Rinder, die zu Hause im Stall warten. Den Mist der Kühe verwendet man fürs Düngen, was erklärt, warum trotz saftiger Weiden keine einzige Kuh auf den Almen zu sehen ist. So entwickelte sich ein ausgeklügeltes Plantagensystem, das auf Bewässerungsanlagen, ausreichend Dünger und dem gemäßigten Klima beruht.
Kaffee zählt zu den
cash crops
(Agrarprodukte für den Export), doch anders als in Arusha oder Mbeya, wo riesige Plantagen in westlicher Hand Kaffeebohnen produzieren, wird der Kaffeeanbau am Kilimanjaro von Familienverbänden und Dörfern betrieben. Vor jedem Haus stehen Kaffeesträucher und die ganze Familie ist in die Produktion eingebunden. Solche Kleinplantagen mögen vielleicht nicht so effizient wie
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