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Tansania Stefan Loose E-Book Reisef¿hrer

Tansania Stefan Loose E-Book Reisef¿hrer

Titel: Tansania Stefan Loose E-Book Reisef¿hrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Eiletz-Kaube
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soziokulturelle Konzept des
kabila
(Swahili für Stamm, ethnische Gruppe) die politische Agenda, denn die allermeisten politischen Handlungen sind stammespolitisch motiviert. Nicht so in Tansania, da keine ethnische Gruppe zahlenmäßig überdurchschnittlich präsent ist. Schließlich sorgte der visionäre Präsident Julius Nyerere für sozialen Frieden im Land und bewahrte Tansania vor Katastrophen à la Ruanda oder Sudan.
    Ethnie oder Stamm?
    Obwohl im Klima der politischen Korrektheit der Terminus „Stamm” verpönt ist, werden im vorliegenden Buch beide Bezeichnungen ebenbürtig verwendet. Keiner der beiden Begriffe ist geringschätzig oder abwertend. Ethnien oder Stämme spielen für Afrikaner eine identitätsstiftende Rolle, viel mehr, als es ein Staat jemals könnte. Sie folgen strengen gesellschaftlichen Hierarchien und zeichnen sich durch individuelle Riten, Traditionen, Geschichten, Mythen und Sprachen aus.
Ethnien
    Westlichen Besuchern ist das Konzept der Stammeszugehörigkeit fremd, aber für Afrikaner stellt der Stamm die übergeordnete und identitätsstiftende Instanz dar. Man definiert sich zuerst als Mitglied einer bestimmten Ethnie und erst in zweiter Linie als Staatsbürger. Für die meisten Afrikaner, die in Dörfern ohne Infrastruktur, Medien oder gar Strom leben, ist das Konstrukt „Staat” nicht mehr als eine inhaltlose Worthülse. Der Staat ist unsichtbar, er sorgt nicht für das Wohlergehen der einfachen Menschen und spielt in ihrem täglichen Leben keine Rolle.
    Nur dem vorausschauenden Politiker Julius Nyerere ist es zu verdanken, dass es zu keiner Zerrüttung zwischen den Stämmen gekommen ist. Während andere seiner (sozialistischen) Ideen an der afrikanischen Realität scheiterten, waren seine Bemühungen um die Einheit des Landes von Erfolg gekrönt. Er war derjenige, der den Tansaniern immer und immer wieder eindringlich nahelegte, dass zuerst der Staat komme – und dann erst die Stammeszugehörigkeit. Die Früchte seiner Arbeit liegen heute auf der Hand: Ehen zwischen Angehörigen verschiedener Stämme sind an der Tagesordnung und absolut problemlos, in den Städten hat eine Vermischung von Stämmen stattgefunden, und oft kann man heute ein Gebiet gar nicht mehr einem einzigen Stamm zuordnen.
    Keiner der knapp 130 Stämme in Tansania ist so bevölkerungsstark, dass es zu einer ungebührlichen Machtkonzentration kommt. Zwar gibt es einige besonders mitgliederstarke Stämme, doch gefährdet dies offenbar nicht die innere Stabilität des Landes. Obwohl die Stämme der Sukuma und Haya (im Nordwesten, rund um den Lake Victoria), der Chagga (im Kilimanjaro-Gebiet), Gogo (rund um Dodoma), Makonde (im Süden), Nyamwezi (im Westen zwischen Lake Victoria und Lake Rukwa) oder Nyakyusa (im Südwesten) jeweils über 1 Mio. Angehörige zählen, sind kleinere Stämme weit bekannter, insbesondere die Maasai (S. 418 /419) und die Swahili. Mehr Informationen zu den einzelnen Stämmen finden sich in den Regionalkapiteln.
    Asiaten und Expats
    Weniger als 1 % der Bevölkerung Tansanias sind nichtafrikanischer Abstammung; dazu zählen Inder und Pakistanis sowie Europäer und Amerikaner.
    Zuerst kamen die Inder als Händler nach Ostafrika, unterwegs auf dem Indischen Ozean mit Hilfe der Monsunwinde, um mit Elfenbein, Textilien, Keramik und Töpferwaren sowie Sklaven zu handeln. Die omanischen Sultane schätzten die Rechenkünste und den Geschäftssinn der Inder und setzten sie als Beamte und Schatzmeister in wichtigen Positionen ein. Als der Hauptsitz des Sultanats nach Sansibar umsiedelte, zogen die Inder mit. Zeitgleich verbrachten die britischen Kolonialisten für den Bau der Uganda-Kenia-Eisenbahn weitere Inder nach Ostafrika. Wegen ihrer Schreib- und Rechenkenntnisse wurden jene, die nach Fertigstellung der Bahnlinie in Ostafrika blieben, oft als Kolonialbeamte verpflichtet. Zusätzlich begannen sie, ihre eigenen florierenden Geschäfte zu eröffnen. Ein kontinuierlicher Zustrom an indischen Handelsund Geschäftsleuten war die Folge.
    Wirtschaftlich war ihr Ansehen groß, doch blieben sie in der gesellschaftlichen Hierarchie hinter den Europäern zurück. Nach Abzug der Kolonialisten änderte sich dies aber, als sie plötzlich zur indo-afrikanischen Elite aufstiegen. Heute werden große Teile von Handel, Industrie und Tourismus von indischstämmigen Tansaniern kontrolliert; mit weit über US$1,3 Mrd. Investitionsvolumen ist Indien der zweitgrößte Investor im Land. Ihr endogames Heiratssystem, das

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