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Tansania Stefan Loose E-Book Reisef¿hrer

Tansania Stefan Loose E-Book Reisef¿hrer

Titel: Tansania Stefan Loose E-Book Reisef¿hrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Eiletz-Kaube
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ihre Landrechte entziehen wollte, um einer königlichen Familie der Vereinigten Arabischen Emirate ihren Lebensraum als Jagdgebiet zu überlassen. Diese Pläne sind aber mittlerweile vom Tisch. In den Dörfern rund um den See hat ein Umdenken stattgefunden: Man nimmt die Hadzabe plötzlich ernst, integriert sie in politische Entscheidungen und stellt ihnen Lebensraum zur Verfügung. Ende 2010 hat man sogar begonnen, den Wildwuchs an geführten Touren zu reglementieren. Die Hazdabe-Verbände suchen sich die Männer, die sie als Guides in ihre Dörfer lassen, selbst aus. Diese erhalten offizielle Ausweise und müssen für ihre Dienste eine Rechnung ausstellen. Am besten ist es aber ohnehin, dem Oberhaupt der jeweiligen Hadza-Familie den Tourpreis in die Hand zu drücken.
    Bis auf die semi-nomadischen Maasai sind alle Volksgruppen sesshaft. Im Norden existieren noch einige Maasai-Verbände, die mit ihrem Vieh ständig auf der Suche nach neuem Weideland umherziehen, doch größtenteils wurden auch sie, wenigstens periodisch, sesshaft. Obwohl das Nomadentum das Land vor Überweidung schützt, wollen die Behörden dieser „altmodischen” Lebensweise den Riegel vorschieben. Die Stämme hingegen bestehen auf ihren Traditionen und halten sich nicht gerne an die imaginären Nationalpark- oder gar Landesgrenzen.
    Ethnologen vermuten, dass über 20 % aller Ethnien, vor allem in Küstennähe, ursprünglich frauenzentrisch organisiert waren. Bedingt durch den Einfall kriegerischer, patriarchalisch organisierter Verbände und vor allem durch die Ankunft der Weißen, die viktorianische Gesellschaftsstrukturen einführten (die Frau an den Herd, der Mann an die Macht), sind heute nur noch wenige Ethnien so organisiert, darunter die Makonde im Süden (S. 132 ), die Luguru und Kaguru rund um Morogoro sowie die Zaramo an der nördlichen Swahili-Küste.
    Wie in anderen Gesellschaften auch, beklagt man, dass die Jugend die Traditionen nicht weiter leben will. In Zeiten von Internet, Globalisierung und den Versuchungen der westlichen Welt ist diese Sorge nur allzu berechtigt. Gerade die jungen Leute in den urbanen Zentren Tansanias versuchen sich von den Ketten der Stammesherkunft zu befreien und streben nach einem Leben in relativer Freiheit. Nicht viele Ethnien sind so selbstbewusst und stolz wie die Maasai, und so steht zu befürchten, dass einige Stämme und Sprachen in den nächsten Jahrzehnten von der Landkarte verschwinden werden.
Beispiel: Die Sukuma
    Sukuma
bedeutet so viel wie „im Norden” und beschreibt treffend die größte Ethnie in Tansania, denn ihr Siedlungsgebiet befindet sich im äußersten Norden rund um den Lake Victoria, mit den Hauptorten Mwanza und Shinyanga. Man vermutet, dass die zahlreichen kleinen, voneinander unabhängigen Königreiche der Sukuma sich im 16. Jh. formierten, nachdem das Volk im 14. Jh. aus dem heutigen Uganda übergesiedelt war. Ethnisch eng mit den Nyamwezi verwandt, sprechen sie wie diese eine Bantu-Sprache und betreiben überwiegend Feldwirtschaft. Die Sukuma halten daneben auch Rinderherden, und sofern sie am Ufer des Viktoria-Sees wohnen, leben sie außerdem vom Fischfang. In jüngerer Zeit wandten sie sich den Devisenbringern Baumwolle und Tabak zu. Im Sukuma-Land befinden sich heute die größten Baumwollfelder Ostafrikas.
    Bereits zu Zeiten ihres Königreiches betrieben die Sukuma regen Handel mit den Nachbarkönigreichen im heutigen Uganda und Tansania. Sie handelten auch mit den arabischen Händlern, die auf der Suche nach Sklaven als erste Fremde das Königreich betraten, und agierten zudem als Mittelsmänner im Sklavenhandel. In dieser Zeit, den 1860er- bis 1880er-Jahren, gelang es dem Sukuma-König Mirambo, einem gewieften Strategen, sein Königreich durch geschickte Diplomatie und auch Eroberungsfeldzüge enorm zu vergrößern. Dies erklärt auch, warum die Sukuma/Nyamwezi heute die mit Abstand größteEthnie Tansanias bilden. Um Mirambo ranken sich noch heute Geschichten und Mythen, da er mit seiner Macht sogar den Kolonialisten die Stirn bieten konnte.
    Der Alltag war von der traditionellen Arbeitsteilung geprägt, wonach Viehhaltung und Jagd den Männern, Familie, Feldarbeit und Tauschhandel dagegen den Frauen vorbehalten war. Bevor die Missionare das Christentum und die arabischen Händler den Islam brachten, wurde der jeweilige König als Quasi-Gottheit verehrt. Ihm zu Ehren wurden Opfer gebracht und Rituale abgehalten. Objekte dieses Königskultes können im Sukuma-Museum

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