Tansania Stefan Loose E-Book Reisef¿hrer
den Vereinigten Staaten, Südafrika, Indien und neuerdings auch China. Diese Geldgeber finanzieren vor allem große bis sehr große Projekte im Straßen- und Eisenbahnbau, im Bergbau und zu geringeren Teilen in der Agrarwirtschaft und dem Tourismus. Kleine und mittelgroße Investoren hingegen erachten Tansania noch immer als eines der für Unternehmungen kompliziertesten und kostenintensivsten Länder der Welt. Die Weltbank, www.doingbusiness.org , setzt Tansania auf Platz 128 (von 183 Ländern), wenn es um das für eine Geschäftseröffnung günstige Klima geht. Kritisiert werden u. a. eine ausufernde Bürokratie, Schwierigkeiten beim Erwerb von Grund und Boden oder Immobilien oder beim Erhalt von Baugenehmigungen, Probleme beim Im- und Export sowie hohe Zölle. All diese Gründe machen Investitionen nur für solche Investoren interessant, bei denen Geld keine Rolle spielt – und die über die entscheidenden Beziehungen verfügen.
Korruption stellt eines der größten Hemmnisse für die Entwicklung des Landes dar. Ob in der Wirtschaft, der Politik oder sogar im privaten Bereich, sie terrorisiert und lähmt das Land. Dass Politiker Geld von Entwicklungsprojekten abzweigen oder Wahlen manipuliert sind, mag vielleicht nicht überraschen. Aber auch Wirtschaftstreibende müssen bestechen, um Waren importieren zu können, um Aufenthaltsgenehmigungen und Geschäftslizenzen zu erhalten oder um ein Fahrzeug anzumelden. Und selbst Reisende werden mit Korruption konfrontiert, wenn sie sich in einer Polizeikontrolle wiederfinden und die Polizisten aufgrund der Hautfarbe der Reisenden versuchen, sie um 50–100 € zu erleichtern. Neben der Korruptionsbekämpfung stellt auch die Privatisierung den Staat vor unlösbare Probleme. So wenig wie Fairness oder Gerechtigkeit herrscht ein echter Wettbewerb vor: Zwar wird versucht, staatliche Unternehmen in private Hände zu übertragen, doch ohne adäquate marktwirtschaftliche und Wettbewerbsstrukturen helfen Privatisierungen kaum. Es ändern sich lediglich die Eigentumsverhältnisse, nicht aber die Qualität der Leistungen. So ist die Wasserversorgung größtenteils zusammengebrochen, nachdem die Privatisierung 2005 nicht nach Wunsch verlief und der Staat Tansania dem Unternehmen Biwater wieder die Lizenz entzog. Die Stromkrise hat das Land 2010 und 2011 mit voller Wucht getroffen, da Regenfälle ohne Vorwarnung ausblieben (um die Wasserkraftwerke mit Wasser zu versorgen) und viel vom veralteten Material nun endgültig seinen Geist aufgegeben hat. Tagelange Abschaltungen und Stromrationierungen waren die Folge. Stromausfälle unterbrechen die Industrieproduktion und schwächen die Gesamtwirtschaft. Ein Staat, der solch grundlegende infrastrukturelle Mängel aufweist, darf sich nicht wundern, wenn Investoren ausbleiben, Unternehmen abwandern und Klein- und Mittelbetriebe schließen müssen.
Schwer quantifizierbar ist der informelle Sektor, der sowohl in ländlichen Gegenden als auch in der Stadt das Wirtschaftsleben beherrscht und kulturell tief verwurzelt ist. So basiert nahezu die gesamte Grundversorgung der Bevölkerung auf informeller Wirtschaftsleistung, egal ob durch den Fischer von nebenan oder die Tomatenverkäuferin von der Straße. Dem unternehmerischenMittelstand hingegen macht die starke Abhängigkeit vom Import zu schaffen. Da nichts im eigenen Land produziert wird, muss faktisch alles, von Computern über Fahrzeuge, Brennstoffe und Kleidung bis hin zu Möbeln, Geschirr oder Büchern, eingeführt werden. Zölle, Schikanen bei der Einfuhr und andere Importbarrieren machen gerade den Mittelstand anfällig für behördliche Willkür.
Wirtschaftszweige
Den Hauptpfeiler der tansanischen Wirtschaft bildet nach wie vor eine weitgehend nicht mechanisierte Agrar- und Viehwirtschaft. Über 80 % der Erwerbstätigen sind in der Landwirtschaft tätig. Es handelt sich dabei um Kleinbauern, die mit traditionellen Werkzeugen und Bewässerungsmethoden per Hand ihre Felder bestellen und ernten. Sie tun dies hauptsächlich, um ihren Eigenbedarf zu decken und überschüssige Ware auf den lokalen Märkten zu verkaufen (Subsistenzwirtschaft). Auch die Einnahmen aus der Fischerei und Holzwirtschaft tragen erheblich zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Bis auf wenige Devisenbringer (sogenannte
cash crops)
wie Kaffee, Tee, Sisal, Baumwolle, Tabak, Pyrethrum (ein Insektenvernichtungsmittel aus Chrysanthemen) oder Schnittblumen gibt es keine nennenswerten und konkurrenzfähigen Agrarprodukte für
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