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Tante Dimity und das verborgene Grab

Tante Dimity und das verborgene Grab

Titel: Tante Dimity und das verborgene Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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eine dunkelblaue Strickjacke, seine gro
    ßen Füße steckten in abgetragenen schwarzen Lederschuhen. Als ich ins Zimmer kam, starrte er trostlos auf die Terrassentür, aber sowie er mich bemerkte, sprang er auf, um mit großen Schritten auf mich zuzukommen und mich zu begrüßen.
    »Lori, wie nett, dass Sie gekommen sind«, sagte er mit einem Anflug von Verzweiflung in der Stimme. »Ich bin mit meinem Latein am Ende.
    Wenn Sie mir nicht helfen können, dann weiß ich auch nicht mehr …«
    Lilian bedeutete mir, auf dem grünen Plüschsofa Platz zu nehmen, das dem Sessel des Pfarrers gegenüber stand, dann wandte sie sich an ihren Mann. »Zuerst«, sagte sie, »solltest du Lori die Sache mal erklären. Sie hat doch keine Ahnung, was sie hier soll, Teddy.«
    »Natürlich«, sagte der Pfarrer.
    »Fang ruhig schon mal an«, sagte Lilian. »Ich bin gleich wieder da.« Liebevoll drückte sie ihrem Mann die Schulter und ging hinaus.
    Der Pfarrer seufzte tief und setzte sich wieder in seinen Sessel. »Lilian ist zu rücksichtsvoll, es auszusprechen, aber es ist alles meine Schuld. Ich bin so schrecklich vergesslich.« Er seufzte wieder. »Es fing alles im letzten November an, als Adrian Culver aus Oxford zu Besuch kam.« Der Pfarrer sah mich fragend an. »Kennen Sie Dr. Culver?«
    »Noch nicht«, sagte ich, »aber ich wette, er trägt eine Brille.«

    »Eine Halbbrille, genauer gesagt«, sagte der Pfarrer. »Woher wussten Sie …«
    »Das sage ich Ihnen später«, unterbrach ich ihn. »Bitte, erzählen Sie weiter.«
    »Dr. Culver ist Dozent in Oxford und ein bekannter Archäologe«, erklärte der Pfarrer. »Letzten Herbst machte seine neunzehnjährige Nichte ganz allein eine mehrtägige Wanderung durch die Cotswolds. Als sie eines Tages auf dem Feld von Scrag picknicken wollte …«
    »Auf dem Feld von Scrag End?«
    Der Pfarrer nickte. »Es liegt neben der Farm von Hodges«, erklärte er, »gleich hinter dem kleinen Wäldchen am Nordende des Dorfes.
    Scrag End ist Ackerland, das der Kirche gehört, aber es hat der Gemeinde nie einen Penny eingebracht, es ist völlig unfruchtbar. Daher der wenig schmeichelhafte Name.« *
    »Gut«, sagte ich. »Adrian Culvers Nichte rastete also in Scrag End, um Picknick zu machen, und dann …?«
    »Da entdeckte sie, dass sie auf einer römischen Speerspitze saß!«, rief der Pfarrer aufgeregt.
    »Wow!«, sagte ich. »Das muss eine ziemliche Überraschung gewesen sein.«

    * Scrag end ist die englische Bezeichnung für das billigste, minderwertigste Stück Fleisch vom Hals des Lamms.

    »In der Tat«, sagte der Pfarrer. »Natürlich berichtete sie es ihrem Onkel, der keine Zeit verlor und sofort selbst nach Scrag End kam. Während er hier war, entdeckte er eine Anzahl von Scherben sowie Münzen und den kleinen Kopf einer Minerva, alles römisch, aus der Zeit vom zweiten bis fünften Jahrhundert.«
    »Klingt nach einem tollen Fund.«
    »Adrian war außer sich«, bestätigte der Pfarrer. »Er sagte mir, dass Scrag End genau das sei, was er sich immer gewünscht habe. Er hoffte, sich diesen Sommer einen vorläufigen Überblick zu verschaffen. Adrian ist ein Mensch von großer Überzeugungskraft, und als er fragte, ob er vorü
    bergehend das Schulhaus als Lagerraum und Labor haben könne, da fürchte ich, dass ich …« Der Pfarrer lehnte sich im Sessel zurück und stöhnte.
    »Aber wie konnten Sie nur das Erntedankfest vergessen?«, fragte ich. »Peggy arbeitet seit Jahren daran und …«
    »Nein, das stimmt nicht ganz.« Lilian Bunting war wieder hereingekommen und trug ein rundes Tablett mit zwei Kannen und einer Auswahl an Kuchen und Sandwiches. »In Finch hat es seit 1913 kein Erntedankfest mehr gegeben. Diese Tradition ist mit dem Ersten Weltkrieg verloren gegangen, genau wie so vieles andere auch.«

    »Peggy Kitchen sagte aber …«, fing ich an, aber Lilian schüttelte nachdrücklich den Kopf.
    »Mrs Kitchen ist leidenschaftlich daran interessiert, alte Traditionen wieder aufleben zu lassen.« Lilian stellte das Tablett vor mir auf den Tisch und setzte sich neben mich. »Das ist sie schon, seit sie hierher gezogen ist.«
    »Hierher gezogen? Ich dachte, sie sei hier geboren.«
    Der Pfarrer schnaubte abfällig. »Sie ist genauso wenig in Finch geboren wie wir.«
    »Sie sind auch nicht aus Finch?«, fragte ich überrascht.
    Der Pfarrer und seine Frau sahen sich lächelnd an.
    »Wir wohnen noch keine zehn Jahre hier«, erklärte Lilian. »Wir sind aus London hierher gekommen. Teddys

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