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Tante Dimity und der Fremde im Schnee

Tante Dimity und der Fremde im Schnee

Titel: Tante Dimity und der Fremde im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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zierliche runde Ährengeflecht in die Hand. Es war zu exquisiten Spiralen und Schnörkeln geflochten, leuchtete in mattem Gold und verströmte noch etwas von dem Duft des Herbstes.
    »Ein corn dolly «, sagte ich. »So nennen wir so etwas zumindest in den Staaten. Ich glaube, es hängt mit …« Ich brach mitten im Satz ab, weil mir plötzlich etwas Interessantes eingefallen war.
    »Wir nennen es auch so«, informierte mich Julian, »sie werden als Fruchtbarkeitssymbol betrachtet. Oder als Liebeszeichen.«
    »Ja, ich weiß.« Ich hielt den Reifen ins Sonnenlicht. Wie kam ein Liebeszeichen zu den wenigen Besitztümern Smittys? Hatte Anne Preston ihrem Angestellten mehr als Sympathie entgegengebracht?
    »Ich frage mich, warum Smitty Blackthorne Farm verlassen hat«, sagte ich. »Könnte es sein, dass er und Anne Preston, äh …«
    » Verbunden waren?«, ergänzte Julian nachdrücklich. »Wir werden es herausfinden.« Er grinste und trat aufs Gaspedal.

    Die sanft geschwungenen Hügel der Cotswolds machten langsam den breiten, flachen Ebenen der Midlands Platz. Bis zum Horizont erstreckten sich schneebedeckte Felder, die von Hecken und Windbrüchen in riesige, unregelmäßige Kacheln aufgeteilt wurden. Manchmal versperrten kleinere Haine die freie Sicht, Überreste der dichten Wälder, die diese Region einst auszeichneten.
    Dann und wann sah man dünnen, bläulichen Rauch, der aus dem Kamin eines weit entfernten Farmhauses aufstieg. Ich bemerkte, dass sich im Westen eine dunkle Wolkenwand aufbaute, erinnerte mich aber an das Versprechen, das ich Julian gegeben hatte, und behielt meine Sorgen bezüglich des Wetters für mich.
    Wir befuhren mittlerweile die Nebenstraßen, aber Sankt Christophorus hielt sich großartig und grub sich ohne ein Schlittern oder Zögern durch die höchsten Schneewehen. Julian hielt in einer Parkbucht, verglich dort seine handschriftlichen Notizen mit dem Atlas und setzte die Fahrt fort.
    »Wir sind bald da«, sagte er.
    Berühmte letzte Worte, dachte ich, aber bereits zehn Minuten später fuhren wir eine mit festem Schnee bedeckte Auffahrt entlang, die von beeindruckenden Schwarzdornhecken gesäumt wurde.
    Auf der Blackthorne Farm waren das Romantische und das Praktische eine seltsame Verbindung eingegangen. Das Farmhaus war ein typisches Tudor-Sammelsurium mit Ziegeldach, Fachwerkmauern und Mittelpfostenfenstern, und die Ställe mochten vor 300 Jahren kaum anders ausgesehen haben. Dagegen glänzte die Scheune in einer Hülle aus Walzeisen, verbunden mit zwei riesigen Metallsilos. Die Maschinenhalle war nichts weiter als eine große Box aus Fiberglas.
    Man sah, dass die Farm wirtschaftlich gut dastand. Die Außengebäude waren in Schuss, alle Zäune repariert und der Stallhof makellos sauber. Es schien, als habe Anne Preston ein Händchen für die Landwirtschaft.
    Kaum hatte Julian den Motor ausgeschaltet, als sich die Haustür öffnete und zwei äußerst muntere schwarzweiße Border Collies herausschossen, gefolgt von einem jungen Mann mit blondem Haar.
    »Branwell! Charlotte!«, rief er, und sofort begaben sich die Hunde an seine Seite.
    »Branwell?«, murmelte ich. »Charlotte? Ich dachte, Brontë-Land sei weiter nördlich.«

    »Brontë-Land kann überall sein«, ermahnte mich Julian. »Und jetzt bitte keine Witze mehr.
    Es wird ernst.«
    Er nahm mir die Tasche ab, und wir stiegen aus. Erdiger Stallgeruch wehte durch die kalte Luft, ein Pferd wieherte, als wir auf das Haus zugingen.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, erkundigte sich der junge Mann. Er war Mitte zwanzig, groß und stämmig. Der Stiernacken und die breiten Schultern steckten in einem weiten Norwegerpullover.
    »Wir würden gerne mit Anne Preston sprechen«, sagte Julian und blieb ein paar Schritte vor der Tür stehen. »Es stimmt doch, dass sie hier wohnt?«
    Der junge Mann lächelte. »Sie heißt jetzt Anne Somerville«, informierte er uns stolz. »Ich bin Charles Somerville. Wir haben vor drei Wochen geheiratet.«
    »Herzlichen Glückwunsch«, sagte Julian warmherzig. »Ist Mrs Somerville zu Hause?«
    Charles konnte von der Bezeichnung Mrs Somerville offenbar gar nicht genug bekommen.
    Mit einem strahlenden Lächeln drehte er sich um. »Anne! Anne! Besuch für dich!«
    Kurz darauf kam eine zierliche junge Frau an die Tür. Dichtes, rabenschwarzes Haar umrahmte ihr Gesicht, in dem faszinierende grünen Augen und ein samtener Teint auffielen. Sie war äußerst stilvoll angezogen, trug gut geschnittene Wollhosen, klassische

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