Tante Dimity und der Fremde im Schnee
Scheck ausstellte, hätten wir ihn natürlich keinesfalls annehmen können.
Daher entschlossen wir uns, Kontakt mit ihm aufzunehmen.«
Vater Danos griff in die Tasche seiner Soutane und zog einen schmalen Papierstreifen hervor.
»Die Bank, die den Scheck ausgestellt hatte, verwies uns an Havorford House in Belgravia, wo Christopher Smith zusammen mit seiner verheirateten Schwester, Lady Felicity Havorford, gelebt hatte.«
Der Blick des jungen Priesters wurde kühl, als habe die bloße Erwähnung des Namens ungute Erinnerungen ausgelöst.
»Wir besuchten Lady Havorford«, setzte Vater Raywood den Bericht fort, »und sie unterrichtete uns, dass ihr Bruder ihr gemeinsames Heim im März verlassen hatte, kurz nach seinem Besuch in Sankt Joseph. Sie sagte, er sei so normal wie jeder andere und könne mit seinem Erbe machen, was er wolle.«
Vater Danos schürzte leicht die Lippen, als er hinzufügte: »Sie schien sich über das Verschwinden ihres Bruders keine sonderlichen Sorgen zu machen.«
Vater Raywood räusperte sich: »Die Angaben Lady Havorfords hatten uns natürlich nicht überzeugt, aber da die Mittel nicht an Mr Smith zurückgegeben werden konnten, beschlossen wir, seinen Wünschen zu entsprechen.« Er deutete auf den riesigen Herd und die Gefrierkammer. »Ohne Christopher Smiths großzügige Unterstützung unseres Projekts hätten Tausende hungern müssen.«
Julian streckte die Hand aus. »Würden Sie mir die Adresse von Lady Havorford überlassen? Ich möchte sie gerne davon unterrichten, dass ihr Bruder im Krankenhaus liegt.« Vater Danos gab ihm den Papierstreifen, während ich die Umstände erläuterte, unter denen ich Christopher Smith begegnet war. Die beiden Priester schienen erstaunlicherweise kaum verwundert über Kits schlechten Gesundheitszustand.
»Ich spürte, dass seine Seele einen schweren Schaden genommen hatte«, sagte Vater Danos.
»Es muss ein Schlag gewesen sein, von dem sich niemand leicht erholt.«
»Vielleicht hatte er das Gefühl, dass ein Gelübde der Armut ihm auf irgendeine Weise helfen könnte«, meinte Vater Raywood. »Er wäre nicht der erste Mensch, der Trost darin sucht, sich selbst zu opfern.«
Julian sah auf seine Armbanduhr. »Es ist neun, noch nicht zu spät, Havorford House einen Besuch abzustatten. Ich bin sicher, dass Lady Havorford so schnell wie möglich über den Zustand ihres Bruders unterrichtet werden möchte.«
Vater Danos wollte noch etwas sagen, aber Vater Raywood schnitt ihm das Wort ab.
»Lassen Sie es uns wissen, wenn Mr Smith in der Lage ist, Besucher zu empfangen«, sagte er und erhob sich. »Andrew und ich wären gerne bei den Ersten, die ihm gute Genesung wünschen.«
Julian zog seine Lederjacke an, ich holte meinen Mantel und meine Schultertasche sowie Kits Reisetasche. Bevor wir die Küche verließen, zeigte ich Vater Danos das Gebetbuch. Er bestätigte, dass es sich um das Exemplar handelte, das er Kit vor vier Jahren übergeben hatte, und schien dankbar dafür, dass er es tatsächlich benutzt hatte.
»Vater Danos«, sagte ich, als wir durch den Speisesaal gingen. »Wer ist der Heilige Joseph von Copertino?«
Der junge Priester lächelte. »Ich musste selber nachschauen. Sankt Joseph von Copertino ist der Schutzheilige der Piloten. Das hat eine gewisse Ironie.«
»Wieso?«, fragte ich.
»Weil Stepney im Zweiten Weltkrieg von der Luftwaffe schwer verwüstet wurde«, antwortete er. »Sankt Joseph ist das einzige Gebäude in der näheren Umgebung, das die Angriffe überstanden hat. Es wäre doch paradox, wenn die Kirche dem Schutzheiligen derjenigen geweiht wäre, die sie fast zerstört hätten, nicht wahr?«
Ich nickte abwesend, ich musste an Julians Scherz von dem als Obdachloser verkleideten Millionär denken, der nach Sankt Benedikt kommt. So absurd schien das jetzt nicht mehr.
Als Kit in Sankt Joseph aufgetaucht war, erfreute er sich bester Gesundheit und trug maßgeschneiderte Kleidung. Als er vier Jahre später in Sankt Benedikt Rast machte, hatte die selbstauferlegte Armut ihre Spuren hinterlassen.
Was war an jenem kalten Februarabend geschehen? Was hatte Kit zu einer Suppenküche in Stepney getrieben, auf der Suche nach dem Schutzheiligen der Piloten? Was hatte ihn dazu gebracht, sein Erbe zu verschenken und sich für ein Leben auf der Straße zu entscheiden? Und warum hatte er sich auf die entbehrungsreiche Reise gemacht, die in meiner Auffahrt geendet hatte?
»Mrs Shepherd?«, sagte Vater Danos. »Vater Bright wartet auf
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