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Tante Dimity und der Kreis des Teufels

Tante Dimity und der Kreis des Teufels

Titel: Tante Dimity und der Kreis des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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unterbrach Nicole mich, »nachdem wir hörten, was mit Ihrem Auto passiert ist.
    Dort finden Sie Bleistifte, Kugelschreiber, Notizhefte – alles, was mir einfiel.« Sie sah an mir vorbei auf die Wand gegenüber dem Kamin.
    »Dort hängt er, das alte Scheusal.«
    Ein leichter Schauer lief mir vom Hinterkopf den Hals hinunter, als hätte das alte Scheusal sich von hinten an mich herangeschlichen. Ich stand auf, drehte mich um und betrachtete das Bild.
    Das Porträt hing am Ende des Raumes in einer Nische über einem massiven Rolltop-Schreibtisch. Die Ölfarbe war im Laufe der Zeit stark nachgedunkelt, aber das Bild war wohl auch ursprünglich nicht sehr hell gewesen. Josiahs schwarzer Gehrock schien mit der düsteren Landschaft, die ihn umgab, zu verschmelzen, was den steifen weißen Kragen, das schüttere weiße Haar und den üppigen Backenbart umso deutlicher hervortreten ließ. Die Wirkung war unheimlich, so als schwebte der Kopf des alten Mannes körperlos in der Dunkelheit.
    Sein runzliges Gesicht war hart und unbeugsam, und der Mund unter der stolzen Adlernase und den Augen mit den schweren Lidern bildete eine unnachgiebige, strenge Linie. Hier war ein Mann, dachte ich, für den das Leben aus Schwarz-Weiß-Tönen bestanden hatte, und der davon überzeugt gewesen war, dass Gott, genau wie er, ein strenger viktorianischer Patriarch war.
    »Urgroßvater hätte Captain Mannings Legende verabscheut«, sagte Nicole. »Er hat die Schotten immer sehr bewundert. Deshalb ist die Bibliothek auch nach Norden ausgerichtet.«

    »Dann wird er sich freuen, dass sie jetzt ihr eigenes Parlament haben«, bemerkte ich.
    »Ganz bestimmt.« Nicole ging mit mir zu der langen Fensterreihe und deutete auf einen hohen, von Efeu überwucherten Hügel, der sich jenseits der Terrasse über dem verwilderten Garten erhob. »Josiahs Mausoleum ist ebenfalls nach Norden ausgerichtet«, sagte sie. »Er ist zwar in Newcastle gestorben, wollte aber hier beigesetzt werden. Jared will den Efeu zurückschneiden lassen, aber ich finde, er kann ruhig so bleiben.
    Es scheint mir nicht richtig, ihn zu …« Sie hielt mitten im Satz inne und wandte sich mit unglücklichem Gesicht ab.
    »Ihr Urgroßvater ist doch schon lange tot«, sagte ich tröstend. »Das würde ihn sicher nicht stören.«
    »Das meint Jared auch.« Nicole malte mit dem Finger in der Staubschicht auf dem Kartentisch. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich Ihnen hier ein bisschen helfe?«
    Zwar hatte ich gehofft, die Bibliothek ganz für mich zu haben, aber ich hörte die flehende Bitte heraus, die in der zaghaften Frage lag, so als fürchtete die junge Frau den einsamen, langen Tag, der vor ihr lag.
    »Das wäre sehr schön«, sagte ich. »Ich würde mich über Ihre Gesellschaft freuen.«

    »Dann bin ich gleich zurück und mache Feuer.« Nicole schnippte den Staub von ihrer Fingerspitze und sah sich noch einmal nach dem Mausoleum um, ehe sie hinausging.
    Ich schob die Ärmel hoch und machte mich an die Arbeit.
    Die Bibliothek erstreckte sich über die gesamte Rückseite des Hauses. Es war ein hoher, rechteckiger Raum, an einem Ende der Kamin, am anderen der Rolltop-Schreibtisch. Die lange Nordwand wurde von einer Reihe hoher, gotischer Spitzbogenfenster unterbrochen, und in dem Erker in der Mitte stand ein schönes Messingfernrohr.
    Der Boden war mit mindestens einem Dutzend türkischer Teppiche bedeckt, deren Farben vom Staub eines halben Jahrhunderts matt geworden waren. In der Mitte des Raumes bildete ein Sammelsurium aus Tischen, Stühlen und Kartenwagen mehrere Inseln, und vor dem Kamin befanden sich ein hartes Ledersofa sowie zwei Ohrensessel.
    Einen Augenblick verharrte ich neben dem Messingfernrohr und ließ den Blick an dem efeuumrankten Mausoleum vorbei zu der verlassenen Moorlandschaft wandern, die sich nach Norden erstreckte. Es schien merkwürdig, dass ein Mann, der sich das schönste Grabmal in Newcastle hätte leisten können, diese unwirtliche Einsamkeit als seine letzte Ruhestätte gewählt hatte.
    Ich streckte die Hand aus, um ein paar Spinnweben von der steinernen Fensterbank zu wischen, als ein Windstoß an den Fenstern rüttelte. Die wehenden Efeuranken draußen sahen plötzlich aus wie Hunderte von lockenden Fingern, die mir winkten. Ich bekam eine Gänsehaut und trat unwillkürlich einen Schritt zurück.
    Vergeblich versuchte ich, die schweren Vorhänge zu schließen, denn sie waren zerschlissen und hingen an völlig verzogenen Stangen. Stattdessen knipste

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