Tante Dimity und der Kreis des Teufels
Frau war in dieser Beziehung allerdings eine große Hilfe«, gab Jared mit säuerlichem Lächeln zu. »Obwohl ich sagen muss, dass meine eigenen Stücke diesem etwas gewöhnlichen Sammelsurium an Möbeln erst den richtigen Glanz verleihen. Wenn ich hier erst fertig bin, werden die Menschen Eintritt bezahlen, um Wyrdhurst sehen zu dürfen.«
»Sie brauchen natürlich nicht zu bezahlen, Lori.« Nicole sah mit einem unsicheren Lächeln von ihrem Teller auf. »Aber ich fürchte, mein Mann wird Sie nicht herumführen können. Er muss in einer Stunde weg und wird die ganze Woche abwesend sein. Ist es nicht schrecklich, dass er uns hier im Stich lässt, während er sich in Newcastle amüsiert?«
»Von Amüsieren kann wohl kaum die Rede sein.« Jared runzelte die Stirn, dann wandte er sich zu mir. »Ich muss dringend nach Newcastle, Mrs Willis, um mit einer neuen Reinigungsfirma zu verhandeln und an mehreren wichtigen Auktionen teilzunehmen.«
»Wir hatten schon drei verschiedene Reinigungsfirmen«, sagte Nicole mit mühsamem Lä cheln. »Drei Firmen in drei Monaten. Das dürfte vermutlich ein Rekord sein.«
»Die Angestellten finden es hier oben zu abgelegen«, sagte Jared.
»Gehen Sie denn niemals ins Dorf hinunter?«, fragte ich.
Nicole machte den Mund auf, um etwas zu sagen, aber Jared schnitt ihr das Wort ab.
»Blackhope ist ein totes Kaff«, erklärte er.
»Selbst wenn es ein paar Attraktionen zu bieten hätte, wäre es kein Vergleich zu Newcastle.« Er zog eine schwere goldene Taschenuhr hervor.
»Wenn Sie mich entschuldigen würden, ich muss noch ein paar Sachen zusammensuchen, ehe ich fahre.« Er beugte sich vor und berührte mein Handgelenk. »Ich hoffe, Sie verzeihen mir, dass ich Sie verlasse, Mrs Willis.«
Ich verzieh ihm ohne Schwierigkeiten, aber ich war mir nicht so sicher, dass seine Frau es ebenfalls tat. Mit großen, besorgten Augen sah sie hinter ihm her, als er aus dem Zimmer ging, und rührte danach ihr Essen nicht mehr an.
Ich holte mir einen Nachschlag. »Wenn wir mit dem Frühstück fertig sind«, sagte ich, indem ich Räucherhering auf meinen Teller häufte,
»zeigen Sie mir dann die Bibliothek?«
»Die Bibliothek?« Nicole brauchte offenbar einen Moment, um sich zu erinnern, weswegen ich hier war. »Natürlich. Die Bibliothek. Deshalb hat Onkel Dickie Sie ja hergebeten.«
Ich bemerkte, dass meine Gastgeberin wieder in stumme Nachdenklichkeit versank, und plötzlich kam mir der Verdacht, dass die Bibliothek vielleicht nicht der einzige Grund war, weswegen Onkel Dickie mich hergebeten hatte.
6
DICKIE BYRD WAR ein sachlicher Typ, den man nicht so leicht beeindrucken konnte. Es war nicht schwer, sich vorzustellen, was er von dem Ehemann seiner Lieblingsnichte hielt. Nicole mochte sich mit Jareds Überheblichkeit abfinden
– Liebe kann nicht nur blind, sondern auch unglaublich dumm machen –, aber ihr Onkel, der sie anbetete, schätzte diesen Charakterzug bestimmt nicht.
Machte Dickie sich Sorgen um seine Nichte?
Hatte ich den weiten Weg nach Northumberland etwa deshalb zurückgelegt, damit die kleine Nicole eine Spielgefährtin hatte?
Oder war ich eine ahnungslose Spionin?
Während Nicole in ihr Schweigen versunken dasaß, dachte ich darüber nach. Wie ich Stan Finderman gesagt hatte, war das Serenissima-Gebetbuch ein verdammt gutes Honorar für eine grobe Bewertung der Bibliothek, aber hier ging es womöglich um mehr als nur um die Bücher von Wyrdhurst. Vielleicht beabsichtigte Onkel Dickie, dass ihm ein neutraler Beobachter über die Ehe seiner Nichte Bericht erstattete.
Ich wusste, was ich ihm erzählen würde, wenn er mich fragen sollte.
Bill warf mir oft vor, meine Schlüsse voreilig zu ziehen, aber selbst er würde zugeben müssen, dass dieser Fall ganz klar war: Nicole Byrd hatte einen aufgeblasenen, eitlen Schnösel geheiratet, und je eher jemand ihn in seine Schranken wies, desto besser.
»Ist es der Fisch«, fragte Nicole, »oder liegt es an meinem Mann?«
Ich sah von meinem Teller hoch, den ich ebenfalls nicht mehr angerührt hatte. »Wie bitte?«
»Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, haben Sie entweder eine Gräte verschluckt, oder Ihnen ist das schlechte Benehmen meines Mannes im Hals stecken geblieben.« Nicole schien sich wieder beruhigt zu haben. Sie saß da, das Kinn in die Hand gestützt, und lächelte nachdenklich.
»Jared neigt dazu, Leute zu verärgern, aber Sie dürfen es ihm nicht nachtragen. Er kann auch schrecklich lieb sein.«
Eheberatung
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