Tante Dimity und der Kreis des Teufels
überzeugt, dass ein herzhaftes Frühstück, weit weg von diesem schrecklichen roten Zimmer, ein Übriges tun würde. Ich zog die hellbraune Hose und den dunkelbraunen Lambswool-Pullover an, dazu die weichen Lederslipper, die meine Gastgeberin bereitgestellt hatte, und entschied, dass ich Mrs Hatch nicht bemühen würde.
Um den Weg zum Speisezimmer zu finden, brauchte ich nur meiner Nase zu folgen, ich würde es auch ohne fremde Hilfe schaffen.
Der betörende Duft von gebratenem Schinken lotste mich die Treppe hinunter und zu der Tür in der Eingangshalle, wo daneben der riesige Gong hing. Ich wollte gerade nach der Klinke greifen, als ich Nicoles Stimme hörte. Sie klang unglücklich.
»Ach, Jared, musst du denn wirklich wieder weg?
Du weißt doch, wie ungern ich hier allein bin.«
»Du wirst doch gar nicht allein sein.« Jareds Bassstimme war hier draußen ebenfalls deutlich zu hören. »Mrs Willis ist schließlich hier und wird dir Gesellschaft leisten.«
»Aber wird sie die ganze Woche bleiben?«, jammerte Nicole. »Sie schien sich in dem roten Zimmer gar nicht wohl zu fühlen. Wenn sie beschließen sollte, ihren Besuch abzukürzen, dann gehe ich auch weg. Nach dem, was letztes Mal passiert ist, weigere ich mich …«
»Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du dir das alles eingebildet hast, meine Liebe? Alte Häuser geben nun mal Geräusche von sich. Du musst dich einfach daran gewöhnen.«
»Aber es waren nicht nur die Geräusche, Jared. Es war das …« Nicole verstummte, und als sie wieder sprach, war es in einem anderen Ton.
»Ja, Hatch, die Nieren sind wunderbar. Würden Sie bitte auch frischen Toast bringen, wenn unser Gast da ist?«
Als ich ins Speisezimmer trat, schritt gerade ein korpulenter Mann mittleren Alters durch die andere Tür hinaus, in der Hand einen silbernen Toastständer.
»Der Mann von Mrs Hatch«, erklärte Nicole, nachdem er gegangen war. »Sie kommen beide aus Newcastle. Wir hatten es mit einem Ehepaar aus dem Dorf versucht, aber …«
»Du solltest unseren Gast nicht mit unseren Personalgeschichten langweilen, meine Liebe.«
Jared stand auf und deutete auf einen samtbezogenen Stuhl. »Möchten Sie sich nicht setzen, Mrs Willis?«
Ich setzte mich Nicole gegenüber, während Jared den Vorsitz am Ende des langen Tisches aus Walnussholz innehatte, an dem zwölf Personen Platz gefunden hätten. Hinter mir standen auf einer verspiegelten Anrichte mehrere Speisenwärmer mit Schüsseln und Platten. Während Nicole mir Tee einschenkte, ging Jared zur Anrichte und nahm einen Teller.
»Was darf ich Ihnen geben?«, fragte er.
»Rührei, geschmorte Nieren, Schinken, Tomaten, Räucherhering?«
»Von allem«, sagte ich. Adams Suppe war nur noch eine blasse Erinnerung, und mir knurrte ganz schrecklich der Magen. »Es tut mir leid, dass ich Sie habe warten lassen.«
»Das macht nichts«, sagte Jared. »Wir frühstücken niemals vor neun Uhr.« Er stellte den voll beladenen Teller vor mich hin und setzte sich wieder. Hatch erschien kurz, um mir einen Ständer mit frischem Toast zu bringen, und ich bediente mich mit Orangenmarmelade.
Das Speisezimmer war eine weitere viktorianische Zeitkapsel, mit üppigen Tapeten, prachtvollen Teppichen und völlig mit Nippes überladen.
Immerhin hatten meine Gastgeber ein Zugeständnis an die Gegenwart gemacht, indem sie jetzt zeitgemäße Kleidung trugen.
Jared war ganz Geschäftsmann in seinem adretten dreiteiligen Anzug mit blütenweißem Hemd und Seidenkrawatte. Nicole war legerer gekleidet: Zu ihrem weich fließenden schwarzen Wollrock trug sie einen übergroßen schwarzen Pullover und wollene Strümpfe.
Stumm machte ich mich über meinen Teller her. Ich bemerkte, dass die Atmosphäre gespannt war, war jedoch zu hungrig, um mich darum zu kümmern. Erst als mein erster Hunger gestillt war, wagte ich es, ein Gespräch zu eröffnen.
»Nicole erzählte mir, dass Sie viktorianische Antiquitäten sammeln, Mr Hollander«, begann ich mutig. »Es muss viele Jahre gedauert haben, um diese vielen schönen Stücke zusammenzutragen.«
»Bei einer echten Sammlerleidenschaft spielt die Zeit keine Rolle.« Jared zwirbelte seinen Schnurrbart und sah sich selbstzufrieden im Zimmer um.
»Die meisten der Möbel waren bereits hier, als wir einzogen«, bemerkte Nicole. »Mein Urgroß vater ließ praktisch alles stehen, als er das Haus verließ. Onkel Dickie hat einfach nur die Tücher abgenommen, mit denen die Sachen abgedeckt waren.«
»Der Onkel meiner
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