Tante Dimity und der unbekannte Moerder
sie eher Grund gehabt , den Pfarrer zu ermorden . Aber das ist müßiges Gerede . Morde , meine Liebe , werden aus allen möglichen banalen Gründen begangen und manchmal sogar ohne jedes ersichtliche Motiv .
Wir dürfen Mrs Taxmans Meinungen nicht unberücksichtigt lassen , nur weil sie sie so deutlich ausspricht . Hast du schon mit Mrs Pyne gesprochen?
»Noch nicht. Nicholas und ich besuchen sie morgen Vormittag im Tearoom und …« Ich verstummte abrupt, als eine kurze Frage auf der Seite erschien.
Nicholas?
»Nicholas Fox. Lilian Buntings Neffe, erinnerst du dich? Wir haben beschlossen zusammenzuarbeiten.«
Ich habe dich doch gebeten , dir für die Nachforschungen Emma Harris’ Hilfe zu sichern .
»Ich weiß, aber sie befürchtet, dass Kit noch eine Dummheit begeht, wenn sie ihn allein auf dem Gut lässt. Darum bleibt sie jetzt zu Hause und passt auf ihn auf.«
Und wer wird auf dich aufpassen?
Ich wurde rot.
Sieht Mr Fox zufälligerweise gut aus?
»Nicht im klassischen Sinn.« Es schien mir nicht der richtige Augenblick zu sein, zu erwähnen, dass ein Mann auch dann gut aussehen konnte, wenn er nicht die gängigen Kriterien erfüllte.
Ich verstehe .
»Er ist ein Geschenk des Himmels!«, sagte ich bestimmt und erzählte Dimity von den Ingwerplätzchen der Pyms. »Was sie eigentlich damit bezwecken, hätte ich nie mitgekriegt, aber Nicholas hat es auf Anhieb kapiert. Und am Grab hat ihm Peggy Taxman förmlich aus der Hand gefressen. Er durchschaut die Leute, Dimity, oder er bringt sie dazu, ihm alles zu verraten.«
Darf ich deinen Äußerungen entnehmen , dass du keine unschicklichen Gefühle für ihn empfindest?
»Noch nicht«, gab ich zu. Mir war bereits schmerzhaft bewusst, warum Dimity es für nötig befand, mich über Nicholas Fox auszuquetschen.
Sie kannte mich gut genug, um zu wissen, dass meine einschlägige Bilanz nicht gerade einwandfrei war, was die Einhaltung meines Hochzeitsgelübdes betraf. Bisher hatte ich nichts getan, was wirklich verwerflich gewesen wäre, doch ich konnte mich nicht darum herummogeln, dass ich ein, wie Tante Dimity das nannte, »wanderndes Auge« hatte.
Es freut mich , das zu hören . Ich vertraue Ruths und Louises Urteil . Darum hätte ich gern , dass du Mr Fox weiter in Anspruch nimmst –
allerdings ohne ihm schöne Augen zu machen .
Ich versank immer tiefer in meinem Ledersessel und wünschte mir, ich könnte ihre Andeutungen von mir weisen. Doch leider wusste sie besser über mich Bescheid, als mir lieb sein konnte.
»Bill kommt am Samstag zurück«, erinnerte ich sie.
Umso besser . Einen Moment lang geriet die unsichtbare Hand ins Stocken, doch dann ging es wieder weiter. Du hast etwas von einem Grab gesagt . Ich vermute , du meintest das von Mrs Hooper .
»Ja.« Ich setzte mich auf, erleichtert über den Themenwechsel. »Sie liegt auf unserem Friedhof.
Und dort haben Nicholas und ich mit Peggy Taxman gesprochen.«
Warum ist Mrs Hooper in Finch beerdigt worden? Hat sie nicht woanders nahe Verwandte?
»Es gibt einen Sohn und einen Enkel.«
Es erscheint mir merkwürdig , dass sie Mrs Hooper an einem Ort begraben haben , an dem sie keine Angehörigen hat . Wenn ich eine neue Ermittlungsrichtung vorschlagen darf …
»Ich werde mein Möglichstes tun«, versprach ich und war erleichtert, als Tante Dimitys Schriftzeichen langsam verblassten.
Ich war einfach nicht bereit, weitere Fragen über Nicholas Fox zu beantworten, denn über meine Gefühle zu ihm war ich mir selbst nicht im Klaren. Er war geistreich, witzig und wirklich nett, konnte einen mit seiner Art aber auch leicht verunsichern. Sein Geschick im Umgang mit den Leuten war fast zu groß, er war irgendwie zu charmant, und wenn er in seinem Zen-Modus zuhörte, wirkte er fast zu aufmerksam. Es machte mir natürlich nichts aus, andere zu durchschauen, aber es hätte mich doch etwas beunruhigt, wenn er mich durchschaut hätte.
Sally Pyne hatte vor einiger Zeit einmal beabsichtigt, ihren bescheidenen Tearoom in eine kitschige Themenoase zu verwandeln, in der Hoffnung, auf diese Weise, mehr Touristen anzulocken.
Diese Bestrebungen waren zur Erleichterung aller im Sande verlaufen, sodass sich der Tearoom seinen Ruf als bescheidener Treffpunkt bewahrt hatte. Die Teetrinker von Finch waren weder hip, noch hatten sie den Wunsch, irgendwelche Trends zu setzen. Was sie wollten, waren reichhaltiges Gebäck, frische Scones nach altem schottischem Rezept, schmackhafte Sandwiches und ihren Tee, der
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