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Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Titel: Tante Dimity und der unbekannte Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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Gesundheit gewesen.«
    Ich starrte betrübt ins Feuer. Tante Dimitys Ansicht nach war der Mord eine spontane Reaktion auf etwas Schlimmes gewesen, das Mrs Hooper gesagt oder getan hatte. Seine Nachbarn zu bedrohen, war in der Tat schlimm. War einer dieser Männer durchgedreht? Der übergewichtige Dick Peacock konnte gewiss gewaltige Kraft entwickeln. Ein gezielter Schlag von ihm hätte genügt, um Pruneface den Schädel zu zertrümmern.
    Und George Wetherheads Spazierstock war unbestreitbar ein stumpfer Gegenstand.
    Ich blickte Nicholas an. Die Augen auf die tanzenden Flammen gerichtet, fuhr er sich langsam mit den Fingern durch das Haar. Die vereinzelten goldenen Strähnen schimmerten im Feuer, und seine Augen glänzten wie flüssige Opale.
    »Stören sie dich denn nicht?«, frage ich.
    Er schreckte aus einer Träumerei hoch. »Bitte?«
    »Deine Haare. Sind sie dir nicht im Weg, wenn du Leute mit Karatehieben zu Kleinholz verarbeitest?«

    »Es ist nicht nötig, perfekt zu sehen, wenn man seine übrigen Sinne fokussiert.« Er beugte sich vor. »Schließ die Augen.«
    Ich gehorchte.
    »Jetzt lausche«, wies er mich an, »aber nicht nur mit den Ohren, sondern mit dem gesamten Körper. Versuche, mich zu orten.«
    Am Anfang schummelte ich und konzentrierte mich ausschließlich aufs Hören, aber ohne Schuhe verursachte Nicholas auf dem türkischen Teppich nicht den geringsten Laut, obwohl dieser wirklich schon sehr fadenscheinig war.
    So drückte ich die Augen noch fester zu und erweiterte meine Wahrnehmungsfähigkeit nach und nach auf andere Sinne, bis ich schließlich das Gefühl hatte, selbst mit der Haut zu hören.
    Plötzlich spürte ich ein Kitzeln, als hätte sich ein elektrisches Feld, das mich umgab, geringfügig verändert. Ich hob die Hand, streckte sie aus und berührte so etwas wie gesponnene Seide.
    Jetzt öffnete ich die Augen und erkannte, dass meine Finger sich in Nicholas’ Haar verfangen hatten.
    Er kniete neben mir. In tiefem Schweigen blickte er mich einen Moment lang an, dann brachte er sein im Schatten liegendes Gesicht so nah an das meine heran, dass mir die Gerüche von Holzrauch und Regen, die von seiner Haut ausgingen, in die Nase stiegen.
    »Dein sechster Sinn kann dich auf vieles aufmerksam machen«, sagte er sanft. »Nicht nur auf physische Wahrnehmungen, sondern auch auf Gefühle, Absichten … Er kann dir helfen, Gefahren zu vermeiden, wenn du ihm vertraust.«
    Wir waren allein im Büro. Keine neugierigen Nachbarn hielten Wache, und Reginald war im Wysteria Lodge. Ich ließ meine Finger durch seine Haare wandern.
    Nicholas hielt den Atem an und umfasste meine Hand. »Keine gute Idee«, murmelte er.
    »Entschuldige«, sagte ich, machte aber keine Anstalten, die Hand zurückzuziehen.
    »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Es hängt ja schon eine Weile etwas zwischen uns in der Luft.« Er fuhr mit dem Daumen über meinen Handrücken und streichelte ganz leicht meine Finger, einen nach dem anderen. »Ich leugne nicht, dass ich mich von dir angezogen fühle, Lori, aber wir müssen es dabei bewenden lassen, wie es im Moment ist. Alles andere wäre zu …
    kompliziert. Vor allem für dich. Nicht nur, weil du verheiratet bist, sondern auch, weil du hier lebst. Du bist hier zu Hause. Ich bin nur auf der Durchreise.«

    »Richtig.« Eine Welle des Bedauerns schwappte durch mich hindurch, und ich zog den Kopf ein, um meine Verwirrung zu verbergen. Was Nicholas sagte, war mehr als vernünftig. Ich war diejenige, die wie Hans Guckindieluft nur auf die Wolken achtete und die Welt zu meinen Füßen nicht sah.
    Er ließ meine Hand los und setzte sich auf die Fersen. »Zwischen uns beiden knistert es. Das ist förmlich mit Händen zu greifen, Lori. Und jedes Mal, wenn unsere Augen sich begegnen, springt ein Funke über. Wie gehen wir damit um?«
    »Wir treten ihn aus«, sagte ich mit zitternder Stimme, »und halten uns an unsere Nachforschungen.«
    »Hoffentlich gelingt uns das, denn wir haben Schwerstarbeit vor uns …« – seine Fingerspitzen glitten über meinen Hals –, »… und ich bin nicht gegen Versuchungen gefeit.«
    Die Bodendielen im Flur knarrten, und Lilian Bunting trat mit Hausschuhen und einem gesteppten Morgenrock bekleidet ins Büro. Ihr Blick wanderte von mir, die ich unter einer zerwühlten Decke gegen die Lehne geschmiegt dasaß, zu Nicholas, der neben mir kniete und nun eine Augenbraue hochzog.
    »Ich könnte euch fragen, ob ihr die ganze Nacht hier wart«, sagte Lilian,

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