Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Titel: Tante Dimity und der unerhoerte Skandal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
Vom Netzwerk:
stattliche Manager, völlig unpassend zur restlichen Einrichtung, aber genau richtig für einen Mann seiner Statur. Nachdem er sich hingesetzt hatte, hörte er auf, mit seiner Uhr zu hantieren. Er zog einen Dokumentenkasten zu sich heran und fing an, den Inhalt zu durchwühlen, wobei er ununterbrochen redete.
    »Sie werden sich sicher freuen, Lady Rutherford, dass die Sache mit dem angefochtenen Vermächtnis so viel schneller beigelegt werden konnte als erwartet. Ich habe jetzt die Ermächtigung, Ihnen und Ihrer Nichte vierteljährlich die festgelegten Summen auszuzahlen, wie wir es bereits besprochen hatten.« Er hielt inne, faltete die Hände über der Brust und seine braunen Augen wurden sanft vor Mitgefühl. »Und darf ich Ihnen noch einmal, im Namen der gesamten Firma, mein tief empfundenes Beileid zu Ihrem schmerzlichen Verlust ausdrücken.«
    Ich sah Nell hilflos an.
    »Hier wäre es also«, sagte der große Mann endlich und nahm zwei Schriftstücke aus dem Kasten.
    Er stand auf und kam um den Schreibtisch herum, um vor mir auf der Platte ein paar Sachen wegzuräumen und Platz zu machen. Er lächelte unsicher, klopfte auf alle seine Taschen, ehe er noch einmal auf die andere Seite des Schreibtisches eilte und einen schwarzen Füllfederhalter aus der Schublade holte.
    »Wie Sie sehen, Lady Rutherford«, sagte er leicht schnaufend, als er wieder neben mir stand,  »ich habe die Dokumente hier unterzeichnet. Wenn Sie so gut sein würden, hier zu unterschreiben, dann …«
    Er unterbrach sich, als die Tür geöffnet wurde und eine dunkelhaarige Frau den Kopf hereinsteckte. »Arthur?«, sagte sie. »Lady Rutherford und ihre Nichte sind etwas früher eingetroffen. Sie warten auf dich … im …« Sie verstummte und ihre Augen wanderten von mir zu Nell und zu dem Füllfederhalter, den der Mann in seinen Wurstfingern hielt. »Arthur«, sagte sie plötzlich mit einem gezwungenen Lächeln, »kann ich dich einen Augenblick sprechen? In meinem Büro? Jetzt? «
    Sie verschwand und Arthur mit ihr, wobei er verlegen an seinem unordentlichen Bart zupfte. In seinen dunkelbraunen Augen lag Furcht. Sowie er das Büro verlassen hatte, ging Nell zur Tür und legte ihr Ohr dagegen, ich zog die Papiere heran und starrte auf die Unterschrift des Mannes.
    »William Arthur Willis«, las ich laut und empfand dabei dasselbe unwirkliche Gefühl wie vorhin, der Vorname William hatte sich über Generationen hinweg in den beiden Zweigen der Familie Willis zu beiden Seiten des Atlantiks gehalten.
    »Du bist immer noch Miss Shepherd und ich Nicolette«, unterbrach Nell im Flüsterton meine Gedanken, während sie wieder an ihren Platz eilte.

    »Hm?«, sagte ich verständnislos, aber Nell hatte keine Zeit, ihre Anweisungen zu wiederholen, denn die dunkelhaarige Frau war zurückgekommen und bedeutete uns von der Tür her, ihr zu folgen.
    »Ich bin Lucy Willis«, sagte sie. »Ich fürchte, hier lag ein kleines Missverständnis vor. Würden Sie bitte mit mir kommen?«

14
    ALS NELL UND ich Lucy Willis zu ihrem Büro im hinteren Teil des Gebäudes folgten, sah ich Edmund oben an der Treppe stehen und mit zwei Frauen sprechen, die man bei sehr schlechter Beleuchtung vielleicht mit Nell und mir hätte verwechseln können. Jedenfalls war die eine blond, die andere brünett, und die Brünette war von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet. Aber da die Blonde wenigstens doppelt so alt war wie ich – die Brünette musste an die achtzig sein –, hätte Arthur eigentlich seinen Irrtum bemerken müssen.
    »Es tut mir Leid wegen der Verwechslung«, sagte Lucy leise. »Meine Schwestern sind beide im Mutterschaftsurlaub, deshalb sind wir im Moment etwas unter Druck. Mein Vetter hat meist einen sehr langen Arbeitstag. Manchmal macht er …«
    Sie ließ den Satz unbeendet, zuckte bedauernd die Schultern und ging weiter den Flur entlang.
    Lucy ist sehr nett, dachte ich. Ich hätte jede Wette gemacht, dass das Chaos in Arthurs Büro eher die Regel als die Ausnahme war, und seine Bereitschaft, das Erbe einer Klientin auch zwei ähnlich aussehenden Fremden auszuhändigen, ließ darauf schließen, dass der Zustand seiner Bücherregale ein Abbild seines normalen Geschäftsgebarens war. Trotzdem bewunderte ich Lucys loyalen Versuch, ihn zu decken.
    Lucy Willis schien ein oder zwei Jahre älter zu sein als ihr Vetter, ich schätzte sie auf Anfang drei ßig. Sie war genauso groß wie Arthur und ihr hellgelbes Kostüm brachte ihre schlanke Figur vorteilhaft zur Geltung.
    Sie

Weitere Kostenlose Bücher