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Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Titel: Tante Dimity und der unheimliche Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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Rolle als Verwalter ihm das Recht gab, den Voyeur zu spielen, dann war er fällig für den Schock seines Lebens.
    Mit einem Ruck zog ich die Tür auf, marschierte auf den Flur hinaus und war gerade rechtzeitig bei der Treppe, um weiter hinten im Flur ein Licht in der tintenschwarzen Finsternis flackern zu sehen, bis es kurz darauf wie ein Irrlicht verschwand.
    Voller Wut ob so viel Unverfrorenheit blieb ich einen Moment stehen und klopfte mit der Fußspitze auf den Boden, dann rannte ich in mein Zimmer zurück, um die kleine Taschenlampe zu holen, die Emma für den Notfall in meinen Rucksack gepackt hatte. Dabei murmelte ich grimmig vor mich hin: »Also gut, du alter Esel, mal sehen, wie es dir gefällt, wenn man hinter dir herspioniert.«

7
    DEN LICHTSCHEIN DER Taschenlampe mit  der Hand abschirmend, schlüpfte ich in den Flur hinaus und zog die Tür hinter mir zu. Meine bloßen Füße gaben keinen Laut von sich, als ich an der Treppe vorbeiging bis zu dem Punkt, wo das Irrlicht verschwunden war. Ein triumphierendes Gefühl machte sich in mir breit, als ich einen schmalen Lichtstreifen unter einer Tür zu meiner Linken bemerkte.
    »Aha!«, rief ich leise aus und platzte wie die Heldin in einem Melodrama in das Zimmer, bereit, einen anschuldigenden Finger auf den Bösewicht zu richten.
    Von seinem Platz beim Kaminfeuer blickte ein überraschter Jamie Macrae auf. Er trug noch immer den kobaltblauen Pullover und die ausgewaschene Jeans, und die Petroleumlampe stand auf dem Tisch neben ihm und brannte gleichmä ßig.
    »Hallo«, sagte er, »ich dachte, Sie seien schon zu Bett gegangen.«
    »Oh …« Ich ließ meinen Zeigefinger wieder sinken. »Nein.«

    »Ich konnte auch noch nicht schlafen – die ganze Aufregung, nehme ich an, außerdem ist es ja noch früh –, also habe ich mich auf die Suche nach der Bibliothek gemacht.« Er legte das Buch zur Seite, in dem er gelesen hatte, und ließ den Blick durch das Zimmer wandern. »Es ist wunderschön hier, nicht wahr? Eigentlich schade, dass die Elektrizität bald wieder instand gesetzt sein wird. Es gibt Zimmer, die man nur im Schein von Kaminfeuern und Kerzenlicht betrachten sollte.«
    Das Gleiche gilt für manche Männer, dachte ich bei mir. Die wechselnden Schatten warfen einen schimmernden Glanz auf Jamies dunkle Augen. Und das flackernde Flammenlicht ließ rötliche Funken in seinen langen Haaren tanzen, während seine helle Haut mit einem warmen Pfirsichton übertüncht wurde. Es kostete mich einige Mühe, den Blick von ihm abzuwenden, um das Zimmer in Augenschein zu nehmen, aber als es mir endlich gelang, entfuhr mir ein leiser Schrei des Entzückens.
    Die Bibliothek von Ladythorne stand der Pracht der Eingangshalle in nichts nach. Elegante Mahagonibücherschränke mit Glasscheiben zogen sich an den Wänden entlang, aber dem Vergleich mit dem atemberaubenden Mosaik, das den oberen Teil der Wände bis zur Decke säumte, hielten sie nicht stand. Das grandiose Mosaik war eine Abbildung der Pilger in Chaucers »Canterbury Tales« auf ihrer Pilgerfahrt nach Canterbury – der Ritter in seiner fleckigen Tunika, der beherzte Mönch, die zarte Nonne, die zupackende Frau aus Bath und alle anderen Figuren, die im flackernden Flammenlicht zum Leben erwacht schienen.
    Der Feuerschein spiegelte sich auf jedem einzelnen Mosaikstein, huschte über das glänzende Mahagoni und brachte die edlen Farben des Orientteppichs zur Geltung, der den Parkettboden bedeckte. Die funkelnden Mosaiksteine standen in warmem Kontrast zu den dezenteren Tönen der in Kalbsleder gebundenen Buchrücken und zu dem schlichten Kamin aus Stein. Die einzige Dekoration des Kamins bildete das Zitat in keltischen Lettern, das in den Kaminsims eingraviert war.
    »›Ein gutes Buch ist der beste Freund‹«, deklamierte Jamie, indem er meinem Blick folgte,
    »›so ist es und wird es immer sein‹. Ein wunderbarer Spruch, der einem M. F. Tupper zugesprochen ist, aber wer war M. F. Tupper?«
    »Martin Farquhar Tupper«, sagte ich gedankenlos. »Ein eher unbekannter viktorianischer Schriftsteller und Autor zahlreicher Sprichwörter.«
    Jamies Augen weiteten sich.
    »Ich habe einmal mit alten Büchern zu tun gehabt«, erklärte ich errötend. »Mein Kopf ist vollgestopft mit derlei unnützem Wissen.«
    »Warum wird Wissen, das wirklich von Wert ist, heutzutage als nutzlos angesehen? Ich wünschte, ich wüsste mehr über Martin Farquhar als über die Funktion eines Computerchips.« Jamie streckte die Hand aus und

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