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Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Titel: Tante Dimity und der unheimliche Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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Jungs liegen.«
    Jamie lachte. »Wie viele Kinder haben Sie?«
    »Zwei. Vier Jahre alte Zwillinge namens Will und Rob, und stellen Sie mir bloß keine weiteren Fragen zu ihnen, denn wenn ich erst einmal loslege, werde ich Sie den ganzen Abend mit Geschichten über sie langweilen.«
    Aber es war klar, dass wir anschließend eine Weile über die Jungen redeten. Jamie, der offensichtlich masochistische Züge hatte, konnte einfach nicht genug kriegen, und bereitwillig gab ich nach. Mit untergezogenen Beinen in meinem Sessel kauernd, fuhr ich meine besten Anekdoten auf. Während ich erzählte, kam ich nicht umhin, die Ironie an der Situation zu bemerken: Mein Verfolgungswahn in Bezug auf Catchpole hatte zu einer äußerst vergnüglichen Begegnung geführt. Jamies kameradschaftliche Anwesenheit rief mir meine erste Reise nach England ins Gedächtnis, als ich mir ganze Nächte in Jugendherbergen um die Ohren geschlagen hatte, indem ich intime Gespräche mit Menschen führte, die ich überhaupt nicht kannte und deren Wege meine nie wieder kreuzen würden. Miserables Wetter und nasse Socken konnten aus dem zufälligsten Treffen eine Begegnung unter Freunden werden lassen.
    »Schade, dass du heute Nacht nicht zu Hause sein kannst«, sagte Jamie, als ich schließlich meinen Erzählfluss unterbrach. Wir waren inzwischen zum freundschaftlichen Du übergegangen.
    »Dein Mann und deine Söhne werden dich vermissen.«
    »Und das beruht auf Gegenseitigkeit. Mein Mann ist häufig geschäftlich auf Reisen, und ihn zu Hause zu haben ist etwas Besonderes. Ich hasse es, ausgerechnet dann unterwegs zu sein. Bist du verheiratet?«
    »Nein.« Er zuckte die Schultern. »Vor ein paar Jahren wäre es beinahe so weit gekommen, aber dann ist mein Vater krank geworden, und ich habe so viel Zeit damit verbracht, mich um ihn zu kümmern, dass ich keine Zeit mehr für meine Verlobte hatte. Verständlicherweise verdross sie das, und unser Vorhaben fiel ins Wasser.«

    Angesichts Jamies wehmütigen Ausdrucks lag mir ein Kommentar über herzlose Verlobte auf der Zunge, aber dann sagte ich nur: »Geht es deinem Vater wieder gut?«
    »Er ist vor zwei Monaten gestorben. Kurz vor Weihnachten.«
    Jamie wandte das Gesicht zum Kaminfeuer und starrte in die Flammen. »Es war eine Gnade für ihn. Er hatte Alzheimer.«
    Im letzten Wort schwang so viel Müdigkeit mit, dass ich den Eindruck hatte, als würde sich ein Schatten über das Mosaik legen. Jamies Augen wurden ebenfalls dunkler, obwohl sein Blick zum Feuer gerichtet war, als wäre er gerade an einem Ort, den kein Licht erreichen konnte, und als fände er nicht den Weg zurück.
    »Das tut mir leid«, sagte ich leise. »Es muss sehr schwer für dich gewesen sein, ihn auf diese Weise zu verlieren.«
    »Es ist eine Erfahrung, die ich meinem schlimmsten Feind nicht wünsche.« Jamie strich sich die Locken aus dem Gesicht und fuhr betont munter fort: »Ich bin nach England gekommen, um bei ausgedehnten Wanderungen den Kopf wieder frei zu bekommen. Eigentlich hatte ich nicht erwartet, hier in der Abtei festzusitzen, aber eine vergnügliche Abwechslung zum Pflegeheim ist es allemal.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Hat dein Vater dir vor seiner Erkrankung viel über den Krieg erzählt? Er muss eine Menge erlebt haben.« Ich beeilte mich zu sagen: »Wenn du lieber nicht über ihn reden willst, Jamie, dann lassen wir es.
    Ich kann dir ebenso gut über den stressigen Alltag einer Mutter berichten, die sich bemüht, Zwillingsbuben stubenrein zu kriegen.«
    Jamie lächelte. »Es macht mir nichts aus, über meinen Vater zu reden. Manchmal hilft es, dar über hinwegzukommen. Nein, er hat nie über den Krieg gesprochen. Ich glaube, er wollte mir die Schrecknisse ersparen, die er erlebt hatte.
    Meine Mutter erzählte mir jedoch davon, und sie wusste über so manches Bescheid. Wie Catchpole heute Nachmittag zu Recht herausgestellt hat, kämpfte England bereits drei Jahre lang erbittert, ehe die Yanks auf der Bildfläche erschienen.«
    Ich nickte zustimmend. »Daher weißt du also so viel über Dünkirchen und den Blitz.«
    »Ich habe ziemlich viel darüber gelesen. Geschichte interessiert mich.«
    »Mich auch.« Erfreut stellte ich fest, dass wir noch eine Gemeinsamkeit hatten. »Lebt deine Mutter noch?«

    »O ja, mit ihren achtundsiebzig Jahren ist sie noch quietschfidel, nicht nur was ihre Gesundheit anbelangt; auch ihr Geist ist noch scharf wie ein Messer. Sie hat mich zu dieser Reise ermuntert. Ich müsse endlich den

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